"An diesem historischen Tag versammelt sich das palästinensische Volk in der Ewigen Stadt Jerusalem – zum ersten Mal nach der Katastrophe Palästinas."
Mit diesen Worten gab Ahmed Shukeiri am 1. Juni 1964 die Gründung der palästinensischen Befreiungsorganisation bekannt. Die Katastrophe, von der der PLO-Vorsitzende sprach, war die Ausrufung des jüdischen Staates im Mai 1948, in deren Folge es zum Krieg zwischen Israel und seinen Nachbarstaaten und zur Vertreibung von rund 700.000 Palästinensern gekommen war. Der Kampf gegen Israel war seitdem das einigende Band zwischen den arabischen Staaten, und so hatte die Arabische Liga die Gründung der PLO forciert.
Palästinenser verließen sich nicht auf arabische Staaten
Doch während die arabischen Führer – allen voran der ägyptische Präsident Gamal Abdel Nasser – wortreich ihre Stärke und Solidarität mit den Palästinensern beschworen, machten diese ganz andere Erfahrungen. Vor allem die verheerende Niederlage gegen Israel im 6-Tage-Krieg 1967 ließ in den Palästinensern eine neue Einsicht entstehen, so Muriel Asseburg von der Stiftung Wissenschaft und Politik.
"Wir können uns nicht auf die arabischen Staaten verlassen, und wenn wir uns deren Doktrin und deren Führung, auf die vertrauen, dann werden wir überhaupt keine Fortschritte erzielen. Und natürlich die Veränderung, die mit dem Krieg 1967 einherging, nämlich die Besetzung der palästinensischen Gebiete und damit dann der Anreiz, den Widerstand gegen diese Besetzung in den palästinensischen Gebieten, die damals besetzt worden sind, aufzubauen."
Und so kam es 1968 zu einer Überarbeitung der Gründungscharta der PLO. Das Ziel, Palästina zu befreien, blieb, doch die zentralen Akteure wurden andere.
"Was dann 1968 passiert ist, mit der Revision der Charta, ist der Übergang von diesem, von den arabischen Staaten dominierten Ansatz hin zu einem, der im Wesentlichen ein Guerillaansatz ist, nämlich hin zum bewaffneten Aufstand gegen Israel, der aber nicht mehr so zentral organisiert ist von den arabischen Staaten, sondern der sozusagen von unten organisiert ist."
Arafat stand für Kampf gegen Israel
Als Vorbild dafür galt die Schlacht im jordanischen Karame. Dort war es Kämpfern der Fatah, einer Guerillagruppe unter der Führung von Jassir Arafat, im März 1968 gelungen, der israelischen Armee empfindliche Verluste zuzufügen.
"Man hat zum ersten Mal gesagt, wir stellen uns diesem Angriff, und wir wehren den ab, und das ist gelungen, und das war letztlich auch der Durchbruch für den bewaffneten Kampf der Palästinenser, der eben nicht von den arabischen Staaten angeordnet worden ist, sondern der eigenständig entschieden worden ist."
Und so wurde Jassir Arafat am 4. Februar 1969 zum neuen Vorsitzenden der PLO gewählt. Seine Position war klar: Der Kampf gegen Israel, den er sowohl mit Worten, als auch mit Anschlägen aus Jordanien und später aus dem Libanon führte. Im November 1974 hielt er eine anderthalbstündige Rede vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen, in der er die Beseitigung Israels als eines kolonialistischen und imperialistischen Siedlerprojektes forderte. Seine Ansprache endete mit den Worten:
"Ich bin hierher gekommen mit einem Ölzweig in der einen und der Waffe des Freiheitskämpfers in der anderen Hand. Man lasse nicht den Ölzweig aus meiner Hand fallen. In Palästina hat der Krieg begonnen, und deshalb wird der Frieden auch in Palästina gewonnen werden. Danke."
Freiheitskämpfer, Terrorist, Realist
Arafat selbst sah sich als Freiheitskämpfer, für andere war er Terrorist. Doch er war noch etwas: ein Realist.
"Ich würde sagen, dass Arafat zu dem Zeitpunkt schon gesehen hat, dass Israel nicht verschwinden wird und dass es keinen anderen Weg gibt, als einen palästinensischen Staat neben Israel aufzubauen. Also nicht zu sagen, wir müssen erst Israel vernichten und dann kann Palästina errichtet werden, sondern wir können den Staat Palästina stückweise errichten, und damit war die Idee aufgemacht zu einem Kleinstaat Palästina, und das ist letztlich der Vorläufer für eine 2-Staaten-Regelung."
Und so hielt Arafat 1988 eine weitere Rede vor den Vereinten Nationen, in der er – schweren Herzens - von einem palästinensischen Staat neben und nicht mehr anstelle Israels sprach. Das machte den Weg frei für die Friedensverhandlungen, für die er 1994 den Friedensnobelpreis erhielt. Zehn Jahre später starb Arafat in Paris, als Vorsitzender der PLO und Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde. Doch von seinem Traum eines befreiten Palästinas ist nicht mehr viel übrig geblieben.