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Vor 50 Jahren
Duell zwischen Deep Purple und dem Royal Philharmonic Orchestra

Deep Purple traten vor 50 Jahren in der ehrwürdigen Royal Albert Hall gemeinsam mit dem Royal Philharmonic Orchestra auf. Dafür hatte Jon Lord, Organist der britischen Rockband, sein erstes Concerto in nur wenigen Wochen geschrieben: eine Art Duell zwischen beiden Klangkörpern.

Von Karl Lippegaus |
    Die britische Band Deep Purple im Jahr 1969
    Deep Purple kämpfen sich vor 50 Jahren tapfer durch ein über 50-minütiges Werk ihres Organisten Jon Lord (picture alliance/dpa - S&G and Barratts)
    Die altehrwürdige Royal Albert Hall in London meldet ausverkauft. 5.000 Besucher erleben an diesem 24. September 1969 ein seltenes Schauspiel. Das Royal Philharmonic Orchestra liefert sich eine Art Duell mit einer fünfköpfigen Rockband. Deep Purple kämpfen sich tapfer durch ein über 50-minütiges Werk ihres Organisten Jon Lord: das "Concerto for Group and Orchestra".
    Wie zwei Gladiatoren: Deep Purple und das Royal Philharmonic Orchestra
    Im ersten Satz fallen sich das Orchester und die Band gegenseitig öfters mal ins Wort. Abrupte Wechsel erfolgen alle paar Sekunden. Dieser erste Satz steckt voller Überraschungen. Wie zwei Gladiatoren bewegen sich die beiden großen Klangkörper aufeinander zu.
    "Das 'Concerto' hat in mehrfacher Hinsicht mein Leben verändert. 1969 bewies ich mir damit, dass ich für Orchester schreiben konnte. Ich habe dann mehr und mehr in dieser Richtung komponiert."
    Im ersten Satz lässt der Komponist Jon Lord die Gegenspieler erst einmal aufeinanderprallen. Mittenhinein bricht sich Deep Purples Gitarrist Ritchie Blackmore Bahn mit einem spektakulären vierminütigen Solo. Doch die Bühnentechnik in der Royal Albert Hall, wo später viele Rock-Events stattfinden werden, ist dem Neuen akustisch noch nicht gewachsen, der Sound ist mittelprächtig. In Blackmores Solo entlädt sich gleichwohl Wut. Über die herablassende Art, mit der Deep Purple von einigen älteren Orchestermusikern Ihrer Majestät bei den zu kurzen Proben behandelten wurden. Bis der Dirigent Malcolm Arnold die Meuterer zur Ordnung rief.
    Jon Lord: "Deep Purple waren in England noch kaum bekannt. Die PR für diesen Abend lief gut und die Albert Hall war voll. 15 Minuten lange Ovation. Alle liebten das Konzert, aber die Klassik-Fraktion hat das Werk natürlich niedergemetzelt. Sie meinten, es sei naiv - was es war. Bedeutungslos - was es nicht war. Prätentiös – war's auch nicht. Sie trafen nicht den Punkt: Es ging um Spaß. Und darum etwas zu kreieren, das ein wenig anders war."
    Concerto unter Termindruck entstanden
    Mit 28 Jahren schrieb der Organist Jon Lord unter Termindruck sein erstes Concerto in nur wenigen Wochen, zwischen Tür und Angel, zwischen den Auftritten und den Plattensessions mit Deep Purple. Sein Manager hatte die Royal Albert Hall da bereits gebucht - und das Hausorchester gleich mit dazu. Eine "von Millionären gesponserte Rockband", wie Ritchie Blackmore erklärte, konnte sich das leisten.
    Im zweiten Satz prägen Englisch-Horn und Flöten das ätherische, idyllische Ambiente, das in einen "Pop/Blues" mit Gesang mündet. Eine Hollywood-Szenerie für Jon Lords Orgelspiel, das den 2. Satz dominiert. Lord war es, der Jazz und Klassik bei Deep Purple einbrachte, während Blackmore mehr auf Hard Rock, Blues und Jimi Hendrix stand, aber nicht nur:
    "Ritchie und ich tauschten auch Klassik-Platten aus. Aber es war nicht so, dass wir im Studio sagten: Nehmen wir doch mal ein Blatt aus dem Bach-Notenbuch hier. Unsere Musik war nie kopflastig, nie abgekupfert."
    Im dritten Satz des Concertos hat Ian Paice ein langes Schlagzeugsolo. Der Motor bei Deep Purple kommt jedoch nicht recht in Gang, es fließt nicht. Doch Jon Lord hat als Komponist immer noch genug Pfeile im Köcher, um dieses seltsame "Duell" zugunsten von Deep Purple zu entscheiden. Immer wieder gab es nach dem Event Anfragen von Orchestern, doch Deep Purple lehnten ab. Jon Lord ließ sich vom Klassik-Establishment und der harschen Kritik an seinem Concerto nicht beirren. Er schrieb weiter Werke im klassischen Format, am gelungensten mit seinem Album "Sarabande".