Eine Hotelsuite in Montreal, Kanada, voller singender, gut gelaunter Menschen. Die meisten von ihnen Radio- und Presseleute, Fotografen, Musiker. Ein paar buddhistische Mönche schieben sich, Handtrommeln schlagend, durch das Gedränge. Mitten im Raum sitzt, auf einem Lager aus Matratzen, John Lennon und spielt Gitarre. Neben ihm seine Frau Yoko Ono. Beide tragen Schlafanzüge. An Fenstern und Wänden hängen Plakate mit Friedensbotschaften. In dieser skurrilen Szenerie entsteht ein Song, der zur Friedenshymne wird. "Give peace a chance"
Es ist der Höhepunkt zweier ungewöhnlicher Kunst-Aktionen, für die sich der Beatles-Musiker John Lennon und die japanische Avantgarde-Künstlerin Yoko Ono für jeweils eine Woche in einem Hotel einmieten, um vom Bett aus für den Frieden in der Welt zu werben.
"It’s a Bed-In, folks"
Gewaltfreier Protest gegen Krieg
"Bed-In For Peace" nennen John Lennon und Yoko Ono ihre Performance. Eine Anlehnung an die gewaltfreien "Teach-In"- oder "Sit-In"-Proteste der studentischen Friedensbewegung, die sich Ende der 60er Jahre in den USA und anderen Ländern der westlichen Welt gegen den Vietnamkrieg formiert.
"Man sieht das auch, so wie Yoko Ono und John Lennon sich da inszenieren mit den großen selbst gebastelten Schildern, ‚Hair Peace‘, ‚Bed Peace‘, die ja wirklich sehr viel haben von so einem Protestschild, was man gerade mal noch fertig macht, bevor man auf die nächste Demonstration geht."
Sagt die Kunsthistorikerin Anne Röhl, die das "Bed-In" wissenschaftlich analysiert hat. Das Konzept, von Yoko Ono ausgearbeitet, ist denkbar einfach:
"Wir bleiben im Bett, sieben Tage, von zehn Uhr bis zehn Uhr, und wir sprechen über den Frieden."
Das Künstlerehepaar hat gerade geheiratet und will seine enorme Popularität nutzen, um während der Flitterwochen auf Friedensmission zu gehen. In der Nacht zum 25. März 1969 beziehen die beiden die Präsidentensuite in einem Hotel in Amsterdam. Auch Yokos fünfjährige Tochter aus ihrer zweiten Ehe ist mit dabei. Der Presserummel ist riesig. Immerhin hatten sich Lennon und Ono nur einige Monate zuvor auf der Schallplattenhülle ihres ersten gemeinsamen Albums "Two Virgins" vollkommen nackt präsentiert. Nun wittern die Medienleute beim "Bed-In" eine weitere, noch größere Sensation.
"Die Erwartungshaltung ist wahnsinnig hoch. Also die Frage ist: Was ist die nächste Grenzüberschreitung? Was ist der nächste Skandal?"
Journalisten wittern Skandal
Doch es gibt keine Anzüglichkeiten. Händchen haltend liegen die beiden Aktionskünstler züchtig im Bett und empfangen, wie bei einer Audienz, ihre Besucher. Und die geben sich die Klinke in die Hand. Einzeln und nacheinander, aber auch in Form von Pressekonferenzen, sind es vor allem Journalisten, die kommen, um mit ihnen über ihre Aktion zu sprechen.
"This is to inspire peace."
Auf die Frage eines aus Boston angereisten Reporters, ob man die Öffentlichkeit im Bett liegend besser für das Thema Frieden begeistern könne, als wenn man auf einem Stuhl säße, antwortet Lennon: Ihr Ziel sei es, die Friedensbotschaft so plakativ wie in einer Seifenreklame rüberzubringen. Außerdem sei es im Bett bequemer.
"It makes it easier for us ."
Nach Amsterdam haben Yoko Ono und John Lennon eigentlich geplant, ihr zweites Friedens-Event in New York oder in Washington abzuhalten. Doch wegen eines Drogendeliktes verweigert man Lennon die Einreise in die USA. So wird eine Hotelsuite in Montreal zum Schauplatz des zweiten "Bed-Ins", das von einem Kamerateam für eine Filmdokumentation festgehalten wird.
Als die beiden Friedensaktivisten das Hotel nach sieben Tagen verlassen, werden sie von begeisterten Menschen empfangen, denen Lennon zuruft:
"We can get Peace, if we want it. Okay! Peace!"