"Mein Name ist Aisin Gioro Pu Yi. 1909 war ich Kaiser von China."
Pu Yi entstammte dem mandschurischen Fürstengeschlecht der Aisin Gioro, die seit Mitte des 17. Jahrhunderts auf dem Drachenthron regierten. Dreimal wurde er zum Kaiser gekrönt. Beim ersten Mal war Pu Yi noch ein Kleinkind. Als Zweijähriger war er 1908 als Thronerbe nach Peking in die Verbotene Stadt gebracht worden, auf Befehl der Kaiserwitwe Cixi, wie Bernardo Bertolucci in seinem Film "Der letzte Kaiser" dokumentiert:
"Mein kleiner Pu Yi, ich habe es beschlossen, du wirst von nun an der Herr der 10.000 Jahre sein."
Kind-Kaiser zu ernennen, war in China üblich, so die Sinologin Mechthild Leutner von der FU Berlin, wenn starke Regenten schwache Kaiser haben wollten:
"Weil dann klar war, dass eine Regentschaft notwendig würde. In diesem Fall war es so, dass die Kaiserin-Witwe Cixi, die faktisch als Kaiserin regiert hat, kurz vor dem Tod des noch lebenden Guanxu Kaisers den ältesten Sohn des Prinzen Chun ausgewählt hat, weil sie glaubte, dass sie selbst möglicherweise auch noch länger als Regentin agieren könnte."
Großteil der Bevölkerung verelendet und opiumsüchtig
Doch einen Tag nach Pu Yis Ernennung starb die Kaiserin-Witwe und Prinz Chun übernahm die Regentschaft für seinen Sohn. Zu dieser Zeit war China so gut wie unregierbar. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts wurde es von den Kolonialmächten wirtschaftlich ausgebeutet. Große Teile der Bevölkerung waren verelendet und opiumsüchtig. Für notwendige Reformen fehlte das Geld, und die Wut der Bevölkerung wuchs. 1912 wurde die Republik China ausgerufen und der sechsjährige Pu Yi zur Abdankung gezwungen.
"Man hat ihm den Titel weiter gelassen. Er hat in der Verbotenen Stadt weitergelebt, er hat so einen kleinen Hofstaat behalten."
Hinter den Palastmauern schmiedeten seine Berater und Hofbeamte Intrigen zur Wiederherstellung des Kaiserreiches. Draußen wütete der Erste Weltkrieg und 1917 zerbrach die Republik an der Streitfrage, ob China in den Krieg eintreten solle. Ein Militärputsch brachte den elfjährigen Pu Yi ein zweites Mal auf den Kaiserthron. Doch nur für zwölf Tage, dann eroberte die Republikanische Armee Peking zurück. Pu Yi saß weitere sieben Jahre in der Verbotenen Stadt fest. Durch seinen schottischen Hauslehrer wuchs seine Neugierde auf den Westen.
"Aber seine Ausbildung war doch sehr stark traditionell geprägt, dass er nicht sehr umfassend gebildet war, um zu sagen, das ist jemand, der die politische Lage analysiert."
"Marionettenkaiser" in Japans Krieg gegen China
Ein weiterer Militärputsch brachte Pu Yi Ende 1924 die lange ersehnte Freiheit. Er musste den Kaisertitel abgeben und floh in die Hafenstadt Tianjin in japanisches Hoheitsgebiet. Da er keine Chance sah, jemals wieder Kaiser von China zu werden, kollaborierte Pu Yi mit den Japanern und bestieg 1934 zum dritten Mal den Thron, diesmal als Kaiser von Mandschukuo, einem künstlichen Staat in der japanisch besetzten Mandschurei. Als "Marionettenkaiser" unterstützte er Japans Krieg gegen China. 1945 wurde Pu Yi von sowjetischen Truppen bei einem Fluchtversuch nach Japan festgenommen, in ein Lager gesperrt und fünf Jahre später an Mao ausgeliefert. In chinesischer Haft verfasste er eine umfangreiche Selbstkritik.
"Ich habe freiwillig mit den Japanern zusammengearbeitet. Mein Verbrechen hat dazu beigetragen, dass Millionen von Menschen den Tod gefunden haben."
Mechthild Leutner: "Er hat sich konstruiert als neuer Mensch, der sein bisheriges Leben sehr kritisch in Frage stellt und jetzt ein Mitglied der neuen Gesellschaft werden will."
Zitat: "Jedes andere Land hätte mich zum Tode verurteilt. Stattdessen hat man mir die Chance gegeben, für den Aufbau des Sozialismus zu arbeiten. Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben wirklich glücklich, weil ich etwas Nützliches tue."
1959 wurde Pu Yi nach erfolgreicher Umerziehung entlassen und veröffentlichte seine Autobiografie. Am 17. Oktober 1967 starb der letzte Kaiser Chinas als einfacher Gärtner in Peking.