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Vor 50 Jahren verhaftet
Mikis Theodorakis kämpfte für Gerechtigkeit

Komponist, Schriftsteller und Streiter für soziale Gerechtigkeit: Am 21. August 1967 wurde Mikis Theodorakis von der griechischen Militärjunta verhaftet. Nach seiner Freilassung reiste er um die Welt und nutzte seine Auftritte als Demonstration gegen das Regime.

Von Matthias Bertsch |
    Der griechische Komponist Mikis Theodorakis
    Der griechische Komponist Mikis Theodorakis (dpa / picture alliance)
    Griechenland 1960: Der Komponist Mikis Theodorakis ist vom Musikstudium in Paris in seine Heimat zurückgekehrt und vertont das Gedicht Epitaphios von Giannis Ritsos. Es erinnert an die blutige Niederschlagung eines Tabakarbeiterstreiks in Thessaloniki durch die Staatspolizei 1936. Um seine Solidarität mit dem städtischen Proletariat zu unterstreichen, wählt Theodorakis ein Saiteninstrument, eine Bouzouki, so der Griechenland-Experte der Universität München Ioannis Zelepos:
    "Das ist ein volkstümliches Instrument und das Hauptinstrument eigentlich des städtischen Popularliedes damals. Das war aber noch nicht so sonderlich anerkannt, das heißt, es wurde von vielen Menschen, der städtischen Eliten, eben noch so als Unterschichteninstrument wahrgenommen. Und auch da, in der Wahl der Instrumente und der Art der Vertonung, war schon sehr viel Provokation drin. Das war der Auftakt für seine Bekanntheit in Griechenland."
    Lieder durch Militärbeschluss verboten
    Seine Parteinahme für die Unterdrückten und Armen machte Theodorakis bei Arbeitern und Intellektuellen beliebt. Dem rechtsgerichteten Militär dagegen, das seit Ende des griechischen Bürgerkrieges 1949 wesentlichen Einfluss auf die Politik hatte, galt er als verdächtig. Als sich dann im April 1967 das Militär nach einer Regierungskrise an die Macht putschte, setzte eine Repressionswelle ein gegen alles, was als links galt. Tausende Arbeiter und Intellektuelle verschwanden in Gefängnissen und Folterlagern. Auch Theodorakis, der bereits im Zweiten Weltkrieg gegen die Besetzung seines Landes durch die Wehrmacht und im anschließenden Bürgerkrieg gegen das Bündnis von Militär und Monarchisten gekämpft hatte, galt als Staatsfeind, erinnert sich sein Übersetzer Asteris Kutulas:
    "Seine Lieder waren in Griechenland durch ein Militärbeschluss verboten, das heißt nicht nur das Singen, selbst das Hören. Also wenn du Theodorakis' Lieder gehört hast, wurdest du nach Militärgesetz verhaftet."
    Der Komponist und Sänger Mikis Theodorakis hält eine Rede vor der Universität im Zentrum Athens (Archivaufnahme von 2011)
    Der Komponist und Sänger Mikis Theodorakis (Archivaufnahme von 2011) (dpa / Simela Pantzartzi)
    Auftritte als Demonstration gegen das Regime
    Vier Monate nach dem Militärputsch, am 21. August 1967, wurde Mikis Theodorakis festgenommen. Das Regime steckte ihn in verschiedene Gefängnisse, in ein Konzentrationslager und verbannte ihn in ein attisches Bergdorf. Er wurde gefoltert und erkrankte an Tuberkulose, doch sein Wille zum Widerstand und zum Komponieren blieb ungebrochen. In ganz Europa gab es Solidaritätskundgebungen, vor allem Künstler und Intellektuelle traten für ihn ein. Ein Solidaritäts-Komitee um Dmitri Schostakowitsch, Arthur Miller und Leonard Bernstein erreichte schließlich seine Freilassung. Im April 1970 traf er in Paris ein. Bereits wenige Wochen später nahm er - trotz angeschlagener Gesundheit - den Kampf gegen die Junta wieder auf. Er reiste durch die Welt, traf Politiker und gab rund 500 Konzerte in vier Jahren. Ioannis Zelepos hält fest:
    "Das ist eigentlich die intensivste Widerstandsperiode. Wirklich international weltweit eigentlich jeden dieser Auftritte zu einer Demonstration gegen das Militärregime zu machen. Das hat sich auch als sehr wirksam gezeigt. Und das hat seine internationale Wahrnehmung, diese Jahre vor allem, ganz eindeutig am meisten vielleicht geprägt auch."
    Kampf gegen die Ausbeutung der Armen
    Am 23. Juli 1974, nach sieben Jahren Diktatur, erklärte die Junta ihren Rücktritt. Einen Tag später kehrte Theodorakis nach Griechenland zurück - die größte Erfüllung seines Lebens, wie er es einmal nannte. Die größte Enttäuschung bestehe darin, dass er Griechenland nie so erleben werde, wie er es sich erträumt hatte. An seinem politischen Ideal, einer gerechten Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung, hat er Zeit seines Lebens festgehalten. Inzwischen richtet sich sein Widerstand vor allem gegen die Globalisierung. Ob er damit noch ein Linker sei, sei für ihn nicht die zentrale Frage, machte er in einem Interview 2005 deutlich:
    "Es geht in dieser Frage gar nicht um rechts und links, es geht vielmehr um oben und unten. Solange die fürchterliche Ausbeutung der Armen durch die Reichen anhält, wird es Reaktionen geben, die sie Terrorismus nennen. Wenn aber die westlichen Verbündeten der NATO Frauen und Kinder in Afghanistan bombardieren, was ist denn das? Ist das etwa kein Terrorismus? Der große Terrorist für mich ist die Ungerechtigkeit, die von den reichen Völkern ausgeht."
    Vor drei Wochen ist Mikis Theodorakis 92 Jahre alt geworden. Aus dem öffentlichen Leben hat er sich weitgehend zurückgezogen.