Der Anfang der 1970er-Jahre. Die Sowjetunion und die USA bedrohten einander mit weit mehr als 50.000 Nuklearsprengköpfen. Und immer wieder gab es Atomtests – 1970 soll beim Amchitka-Konzert in Vancouver Geld gesammelt werden, um einen Atomtest zu verhindern.
Ein Jahr zuvor hatte die US-Regierung verkündet, auf der Aleuten-Insel Amchitka unterirdisch eine Wasserstoffbombe zu zünden. Widerstand formierte sich. Das Zentrum: Vancouver. Viele fürchteten Schäden für die Umwelt und Tiere und glaubten, dass schwere Erdbeben und ein Tsunami ausgelöst werden könnten.
Eine der Gruppen: das "Don't Make a Wave-Committee", zu Deutsch: "Mach' keine Welle". Ein Mitglied war der Journalist und Greenpeace-Gründer Bob Hunter. In dem Komitee hatten sich Friedensbewegte und Naturschützer zusammengeschlossen. Eines Abends verabschiedete sich einer von ihnen wie immer mit "Peace". Und ein anderer antwortete: "Make it a green peace!"
Eine bunte Truppe stach in See - auf der "Greenpeace"
Der Name war in der Welt. Um die Menschen hinter sich zu bringen, plante die Gruppe eine aufsehenerregende Protestaktion: Sie wollte den Test durch ein Schiff verhindern. Am 15. September 1971 stach der heruntergekommene Fischkutter Phyllis Cormack in See – vorübergehend umgetauft auf "Greenpeace" - "John Cormack war der einzige Skipper an der Westküste, den das Komitee finden konnte, der bereit war, sein Schiff und sein Leben zu riskieren", schrieb Bob Hunter 33 Jahre nach der Fahrt.
Sie waren zu zwölft an Bord. Eine bunte Truppe: vom Vietnamkriegsveteran bis zum Ökologen. Die Seekrankheit setzte ihnen zu. Trotzdem mussten sie durch Berichte von ihrer Fahrt für globale Aufmerksamkeit sorgen: "Dieser kleine 99-Tonnen-Heilbutt-Kutter ist noch nicht untergegangen, aber die Herbst- und Winterstürme hier oben sind phänomenal. Winde von 120 Meilen pro Stunde sind nicht ungewöhnlich."
Die Aktion erregte weltweit Aufsehen
Mit den technischen Mitteln von damals war die Aufgabe, bei Sturm die Welt auf dem Laufenden zu halten, ein Albtraum, schrieb Bob Hunter: "Manchmal musste ich die Worte Buchstabe für Buchstabe über das Funkgerät zum Redakteur in der Nachrichtenredaktion schreien."
Die Aktion machte weltweit Schlagzeilen. Dann erklärte die US-Regierung, der Test sei für Ende Oktober vorgesehen. Man wäre viel zu früh angekommen. Vor Amchitka zu warten, ging wegen der Stürme nicht. Die Vorräte wurden knapp. Man beschloss, auf der Aleuten-Insel Akutan an Land zu gehen – nach elf Tagen auf See:
"Wir fühlen uns wild und frei wie Kinder, die einem Kerker entkommen sind. Wir sind mit einem einzigen Schritt in ein Reich eingetreten, das so unerträglich intensiv und schillernd ist wie die Welt der Schizophrenie und des LSD. Wir sahen Explosionen, die aus rasenden Grashalmen aufblitzen."
Zuspruch von der Mannschaft der Küstenwache
Am nächsten Tag ging es weiter. Da fing die US-Küstenwache die Phyllis Cormack ab. Man sei ohne Zollabfertigung und damit illegal nach Akutan eingereist. Während John Cormack den Belehrungen zuhörte, die der Kommandant der Confidence ihm erteilte, übergab die Mannschaft den Aktivisten einen Zettel: "Aufgrund der Situation, in der wir uns befinden, haben wir, die Besatzung der Confidence, das Gefühl, dass das, was Sie tun, zum Wohle der gesamten Menschheit ist." Wir stehen zu 100 Prozent hinter Ihnen."
Die Aktivisten waren begeistert. Doch zur nächsten Zollstelle nach Sand Point mussten sie trotzdem. Amchitka war damit sehr weit weg. Was tun? Weitermachen mit dem abgetakelten Kutter? Sie stritten tagelang. Dann die Entscheidung: Es geht zurück nach Vancouver. Bob Hunter war wütend und traurig: "Es schmerzt mich zu erkennen, dass eine Revolution nicht schneller und weiter gehen kann als die Menschen selbst."
Sie fühlten sich geschlagen. Doch in Vancouver wurden sie gefeiert. Zwar wurde die Bombe am 6. November gezündet. Tsunami und Erdbeben blieben aus, rund 1.000 Seeotter starben. Doch Greenpeace gewann. Im Februar 1972 beendete die US-Regierung die Tests auf Amchitka.