Auch das – Milch, Käse und das liebe Vieh, und Musik gegen Gicht – fand der Schweizer Universalgelehrte Conrad Gessner, geboren am 26. März 1516 in Zürich, einer liebevollen Betrachtung wert. Sein "Büchlein von der Milch und den Milchprodukten" von 1541 ist heute noch als Werbegeschenk der Milchindustrie aktuell, obschon es die Fledermaus als einzigen Vogel anführt, der seine Jungen mit Milch ernährt.
Conrad Gessner ließ schon früh große Talente erkennen. Sein Vater, ein armer Kürschner, vertraute die Schulung des Jungen einem gebildeten Großonkel an, von dem Conrad die Liebe zur Natur übernahm.
Gessners intellektuelle Fähigkeiten waren so augenfällig, dass ihn drei seiner Lehrer mit Geld unterstützten. Auch dann, als der 18-Jährige entgegen den Usancen der Zeit eine junge Frau heiratete, die kein Geld in die Ehe einbringen konnte. Unter großen Mühen schlug Gessner dennoch eine wissenschaftliche Laufbahn ein, die am Ende auch seine Verwandtschaft ernährte.
"Er war ein Universalwissenschaftler", sagt Dr. Michael Herkenhoff, Dezernent für Handschriften und alte Drucke an der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn. "Das heißt, er hat ja Theologie studiert, er hat Sprachen studiert, er war zwischendurch auch Professor für griechische Sprache. Dann hat er auch Medizin studiert, war zwischendurch auch Stadtarzt in Zürich. Und das Spektrum seiner Veröffentlichungen ist sehr, sehr breit, Naturwissenschaften, Zoologie, hat sogar Mineralogie publiziert. Sein umfassendes Werk über die Pflanzen, ist dann nicht mehr zur Veröffentlichung gelangt."
Weil in Zürich 1565 die Pest ausbrach, an der auch Conrad Gessner starb. Aber sein schriftlicher Nachlass war bis dahin so umfangreich geworden, dass er Gessner bleibenden Ruhm eintrug, Weltruhm.
Großer schriftlicher Nachlass
"Er hat genauso gut auch sprachwissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht und ist damit auch ein typisches Beispiel für einen Gelehrten der Renaissance, der sich über das Studium der Texte dann der Natur zuwendet und dann über die Beschäftigung mit den Texten hinaus zu eigenen Erkenntnissen kommt. Und eigene Beobachtungen dann in seine Arbeiten einbindet."
Sein wohl bekanntestes Werk: Die "Historia animalium", in der späteren deutschen Übersetzung "Allgemeines Thierbuch" genannt, in dem er die Lebensweise der damals bekannten Arten beschrieb.
"Es ist das erste große Tierbuch des 16. Jahrhunderts, das auch einen ganz anderen Anspruch hatte. Im Mittelalter hatte man vornehmlich die Autoren abgeschrieben, ohne deren Aussagen zu hinterfragen. Und Gessner hat einmal in viel größerem Ausmaß Literatur gesammelt, vor allem von den antiken Autoren, die er aber nicht einfach abgeschrieben hat, sondern deren Aussagen er auch kritisch hinterfragt hat. Und dann hat Gessner auch selber Beobachtungen getroffen, die er in das Buch eingebracht hat. Und er hat auch auf Beobachtungen, Aussagen von Zeitgenossen zurückgegriffen, mit denen er korrespondiert hat."
Das Werk besticht auch durch eine große Zahl vorzüglicher Abbildungen in Holzschnitttechnik, die der selbst in grafischen Dingen sehr kundige Gessner großenteils eigenhändig angefertigt hat. Eindrucksvoll: Der Gänsegeier, dessen finsterer Gesichtsausdruck fortan den öffentlichen Charakter des Tieres prägte. Dessen Lautäußerungen freilich geben dem Eindruck recht: Die Leistungsfähigkeit des Gelehrtennetzes, das Gessner zur Seite stand, ist angesichts der Langsamkeit der damaligen Verkehrs- und Kommunikationsmittel erstaunlich.
Gessner versuchte sich auch als Erfinder. In einer seiner mineralogischen Schriften findet sich etwa das Modell eines Bleistifts, der für die Zeit sehr ungewöhnlich war. Eine Nachbildung des Schreib- und Zeichengerätes wird für Nostalgiker heute noch angeboten. Dann: der Zettelkasten.
"Er hat ja unwahrscheinlich viel geschrieben, es sind ja, glaube ich, ungefähr 70 Werke bekannt, die er veröffentlicht hat. Und da muss er natürlich sehr produktiv gewesen sein, andererseits auch sehr methodisch und auch Arbeitsmethoden entwickelt haben, die ihm erlaubt haben, das ganze Material zu beherrschen. Und er hat ja, bevor er diese große Historia Animalium geschrieben hat, auch eine umfassende Bibliografie geschrieben. Und dafür soll er auch eine Ablageform in Form eines Zettelkastens entwickelt haben, das war also für die Zeit auch ein Novum."
Als Conrad Gessner an der Pest starb, war er noch keine 50 Jahre alt.