"Dem hochwürdigsten Vater in Christo und erlauchten Herrn, Albrecht, Erzbischof der Kirchen zu Magdeburg und Mainz ... geachtet in Ehrerbietung und Liebe! Wenn es Eurem ehrwürdigsten väterlichen Geiste gefällt, könnte er diese meine Disputationsthesen ansehen und erkennen, wie zweifelhaft die Meinung über den Ablaß ist, die jene [Ablaßprediger] als ganz und gar gesichert ausstreuen. Der unwürdige Sohn Martinus Luther, Augustiner, berufener Doctor der heiligen Theologie."
Luther wollte eine theologische Diskussion
95 Thesen waren es, die Doktor Luther zur wissenschaftlichen Disputation an Erzbischof Albrecht und weitere Vorgesetzte schickte; am 31. Oktober 1517, wie es heißt, – aber womöglich erst am 1. November. Grund war die Predigt der geistlichen Ablasskrämer. Die lieben Verstorbenen, so versprachen sie dem Kirchenvolk, könnten nach ihrem Tode befreit werden aus den Qualen des Fegfeuers, das sie wegen Sünde und Schuld erleiden müssten.
Dazu müsse man Ablassbriefe erwerben, und zwar in klingender Münze - eine kirchliche Praxis, die sich im Spätmittelalter entwickelt hatte und aus der die Redensart entstand: "Sobald das Geld im Kasten klingt Die Seele aus dem Fegfeuer springt".
Nur durch Gottes Gnade: Luthers Sola-gratia-Lehre
Dagegen war der Wittenberger Bettelmönch Luther überzeugt, dass der Mensch nicht durch Geld und Eigenleistung, sondern nur durch die Gnade Gottes von seiner Schuld befreit werden könne. Wiederholt hatte er gegen die Ablassprediger gewettert. Nun hatten sich viele
Wittenberger mit Geld in den Taschen nach Jüterbog und Zerbst begeben, wo der Dominikaner Johann Tetzel seine Standardpredigt hielt, in der es etwa hieß: "Hört ihr nicht, eure toten Eltern schreien und rufen: Erbarmt euch doch mein. Wir sind in schwerer Straf und Pein, daraus ihr uns mit geringem Almosen erretten könnt."
Wittenberger mit Geld in den Taschen nach Jüterbog und Zerbst begeben, wo der Dominikaner Johann Tetzel seine Standardpredigt hielt, in der es etwa hieß: "Hört ihr nicht, eure toten Eltern schreien und rufen: Erbarmt euch doch mein. Wir sind in schwerer Straf und Pein, daraus ihr uns mit geringem Almosen erretten könnt."
Dann begannen die Ablassgelder zu fließen. Der finanzielle Gewinn ging zur Hälfte an Erzbischof Albrecht, die andere Hälfte sollte an den Papst zum Bau der römischen Peterskirche abgeführt werden.
Papst solle seine Basilika "von seinem eigenen Geld bauen"
Was Doktor Luther nach der Rückkehr der Wittenberger erfuhr, entsetzte ihn. In seinen 95 Protestthesen, die er auf Latein verfasste, deuteten sich Positionen an, die später in die Reformation und in den Protestantismus führten:
"Erstens: Jedem Christ, der seine Untaten bereut, werden auch ohne Ablaßbrief Sünde und Schuld von Gott vergeben. Zweitens: Der Papst soll die Basilika Sankt Peter in Rom von seinem eigenen Geld bauen, aber nicht von den Almosen armer Christen."
Martin Luther soll seine Thesen nicht nur verschickt, sondern auch persönlich an der Schlosskirche zu Wittenberg angeschlagen haben. Seine kräftigen Hammerschläge gelten in der Tradition als Beginn der Reformation.
Hammerschläge nicht belegt
Aber wo und von wem die Diskussionsthesen, wie es damals üblich war, angeschlagen worden sind, das ist umstritten; wie es auch bei einer kirchlichen Führung an der so genannten Thesentür der Schlosskirche zu erfahren ist:
"Was belegt ist, dass Luther die Thesen in die Welt gebracht hat, dass er die Thesen ja auch noch seinen Vorgesetzten geschickt hat - da gibt es Kämpfe darüber, ob Luther nun die Thesen hier angeschlagen hat oder ob er es nicht getan hat. Letztendlich ist es egal, die Reformation ist in Gang gekommen durch das Vorgehen, dass er Dinge angesprochen hat und die aufgegriffen hat."
Luther machte erst 1520 "Schluss mit der Kirche"
Luther hatte seine Thesen als Diskussionsbasis verstanden. Doch statt zur Disputation kam es zum Ketzerprozess gegen ihn und zum Kirchenbann. Vor diesem Hintergrund sehen evangelische Theologen von heute, zum Beispiel der Lutherforscher Volker Leppin, den
tatsächlichen Reformationsbeginn erst später:
tatsächlichen Reformationsbeginn erst später:
"Der Punkt, an dem er dezidiert sagt, 'Mit dem, was bisher war, geh ich nicht mehr weiter', der ist im Dezember 1520 erreicht, als er die vom Papst ausgesandte Bannbulle und das Kirchenrecht verbrennt in Wittenberg. Das ist kein besonders schönes Symbol nach den Erfahrungen, die wir im 20. Jahrhundert mit Bücherverbrennungen gemacht haben. Daher ist es mir auch viel lieber den 31.Oktober 1517 zu feiern, aber als Akt 'Ich mache jetzt Schluss mit der Kirche, die ich für eine Kirche des Antichristen halte', der ist ganz dezidiert im Dezember 1520 anzusetzen."