"Mein Name ist Leon Whitey Thompson. Ich war ein Mann, der alles hasste, was kroch oder lief. Innen drin war ich tot. Da konnte mir keiner mehr wehtun. Wenn so jemand wie ich in einem normalen Gefängnis sitzt, müssen sie ihn loswerden, und genau das taten sie. Sie schickten mich nach Alcatraz."
Alcatraz, die legendäre Gefängnisinsel in der Bucht von San Francisco. The Rock, der Felsen, genannt. Oder Hellcatraz, die Hölle von Alcatraz.
Kanister mit Tränengas hängen von der Decke
1850, als Kalifornien US-Bundesstaat wird, lässt Washington auf der nur von Vögeln bewohnten Felseninsel einen Militärstützpunkt errichten. Während des Sezessionskriegs werden dort Deserteure und Rebellen inhaftiert, später widerständige Indianer. Im Ersten Weltkrieg sitzen Wehrdienstverweigerer auf Alcatraz ein. 1920 kommt die Prohibition, und die Kriminalität in den USA explodiert. Illegale Schnapsbrennerei, Erpressung, Korruption, Banküberfälle, Mord und Totschlag - für die Mafia sind es goldene Jahre. Zwar gelingt es dem FBI, berüchtigte Gangsterbosse wie Al Capone dingfest zu machen. Aber der zieht auch im Knast weiter Strippen. Seine Zelle sieht aus wie die Suite eines Luxushotels. Da beschließt das Justizministerium, das Militärgefängnis auf Alcatraz zu einem Zuchthaus umzubauen, absolut ausbruchsicher, und ganz bestimmt nicht komfortabel. 1934 berichtet die Wochenschau:
"Machine Gun Kelly, der gerade erst lebenslänglich bekommen hat, wird unter den ersten Insassen sein. Auf der Felseninsel kann ihm keiner seiner Unterweltfreunde mehr helfen. Alcatraz steht bereit!"
1,52 Meter mal 2,74 Meter misst jede Zelle in Alcatraz. Eine Pritsche, ein Klo, ein kleiner Stuhl. Mehr passt nicht rein. Bis zu 23 Stunden am Tag sind die Häftlinge hier eingesperrt.
1,52 Meter mal 2,74 Meter misst jede Zelle in Alcatraz. Eine Pritsche, ein Klo, ein kleiner Stuhl. Mehr passt nicht rein. Bis zu 23 Stunden am Tag sind die Häftlinge hier eingesperrt.
"Die Zelle wurde ein Teil von mir. Oder ich ein Teil der Zelle."
Totale Überwachung und Zählappelle
Verlassen dürfen die Insassen ihre Zellen nur zum Duschen und Essen. Gas chamber, Gaskammer, so heißt bei ihnen der Speisesaal, weil von der Decke Kanister mit Tränengas hängen, für den Fall einer Meuterei.
Alcatraz bedeutet die totale Überwachung. Alle Zellen sind vorne offen, mit Gitterstäben aus Eisen gesichert, wie Raubtierkäfige im Zoo. So können die Wärter jeden Häftling rund um die Uhr im Auge behalten. Trotzdem gibt es Zählappelle, zwölfmal am Tag.
Anfangs herrscht im Zellentrakt Redeverbot. Die Häftlinge bekommen keine Zeitungen oder Bücher, keine Möglichkeit, Sport zu treiben. Selbst Arbeit ist ein Privileg. Monotonie und Langeweile treiben etliche in den Wahnsinn. Als besondere Tortur empfinden die Insassen den Alltagslärm, der durch die Fenster auf dem Gang zu ihnen dringt. Und von einem Leben da draußen erzählt.
"Wenn der Wind günstig stand, konnte man die Leute am Strand gegenüber reden hören. Das Lachen der Mädchen! Und die Musik! All diese Geräusche, die von der freien Welt zu uns rüber wehten."
Haftanstalt wird zum Touristenmagneten
Nach fast drei Jahrzehnten Betrieb wird Alcatraz am 21. März 1963 geschlossen. Nicht wegen der unmenschlichen Haftbedingungen. Die Gefängnismauern sind mit der Zeit porös geworden durch das Salz des Pazifik. Eine Instandsetzung wäre zu teuer.
1969 gerät Alcatraz noch einmal in die Schlagzeilen. Indianer besetzen die Insel aus Protest gegen ihre schlechten Lebensbedingungen in den Reservaten. Heute ist Alcatraz ein Touristenmagnet wie der Grand Canyon oder Disneyland. Viele der 1,4 Millionen Besucher pro Jahr beschäftigt vor allem eins: ob der legendäre Ausbruchsversuch von 1962 vielleicht doch erfolgreich war. Damals waren drei Insassen mit Hilfe eines aus Regenmänteln gebauten Schlauchboots geflohen – und spurlos verschwunden. Ertrunken im eisigen Wasser, hieß es offiziell. Doch unlängst tauchte ein Brief eines der drei Geflohenen auf. Experten halten ihn für authentisch. Das FBI schweigt.