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Vor 60 Jahren
In den USA wird die erste Solarzelle präsentiert

Heute findet sie sich auf unzähligen Hausdächern in ganz Deutschland - die Solarzelle. Erfunden aber wurde sie vor 60 Jahren im Forschungslabor einer US-Telefongesellschaft mit dem speziellen Ziel, abgelegene Telefonanlagen in den Tropen mit Strom zu versorgen.

Von Frank Grotelüschen |
    "Ein alter Philosoph sagte einmal: Es ist harte Arbeit, die Hand in die Sonne zu stecken und einen Funken ihrer Flamme herauszuziehen, um damit unsere Herzen zu wärmen. Nun hat sich der Mensch die Sonne tatsächlich zunutze gemacht - mit der Solarbatterie von Bell."
    Es ist das Pathos der 50er Jahre, mit dem die US-Telefongesellschaft AT&T ihre neue Errungenschaft vorstellt - die erste praxistaugliche Solarzelle der Welt. Vorausgegangen war ein profaner Auftrag: 1952 sollte Daryl Chapin, Physiker bei den Bell-Labs in New Jersey, der Forschungsabteilung von AT&T, einen Ersatz finden für eine bestimmte Art von Batterie.
    "Die hat zwar in normalem Klima ganz gut funktioniert. Aber in tropischen Regionen hat die also ziemlich schnell ihren Geist aufgegeben,"
    sagt Winfried Hoffmann, bis vor kurzem Präsident des Europäischen Photovoltaikverbands.
    "Deshalb sollten dann die Bell Labs, die sollten Alternativen suchen für eine autarke Stromversorgung."
    Benötigt wurde diese autarke Stromversorgung für abgelegene Telefonanlagen in den Tropen. Daryl Chapin sollte herausfinden, ob sich dafür Windräder oder Dampfmaschinen eignen. Doch der Physiker hatte seine eigenen Pläne: Er wollte die Energie der Sonne anzapfen. Zunächst versuchte er es mit dem Element Selen. Von dem war schon länger bekannt, dass es - ins Licht gehalten - ein bisschen Elektrizität erzeugt.
    "Allerdings: Mit fünf Watt pro Quadratmeter oder einem Wirkungsgrad von 0,5 Prozent war das natürlich viel zu gering für eine sinnvolle Lösung."
    Siliziumkristall mit Bor und Arsen sorgte für den Durchbruch
    Deshalb versuchte es Chapin gemeinsam mit seinen Kollegen Gerald Pearson und Calvin Fuller mit einem anderen Material - mit Silizium, dem Grundstoff der damals noch jungen Transistorelektronik. Doch für eine Solarzelle musste das Silizium elektrisch leitfähig gemacht werden. Um das zu bewerkstelligen, spickten die Forscher einen Siliziumkristall mit diversen anderen Atomsorten.
    "Dann kam der entscheidende Moment: Pearson hat diesen Kristall beleuchtet und beobachtete tatsächlich einen ordentlichen Stromfluss. Und so war damit eine Solarzelle erfunden, die jeder anderen, die damals bekannt war, überlegen war."
    Solarbetriebenes Radio und Funksender wurden 1954 vorgestellt
    Doch dieser erste Prototyp war noch nicht leistungsfähig genug. Um die Stromausbeute zu steigern, tüftelten Chapin, Pearson und Fuller weiter und versetzten das Silizium mit Bor und Arsen - der Durchbruch. Die drei hatten die erste praxistaugliche Solarzelle der Welt entwickelt. Am 25. April 1954 stellten sie das Patent der Öffentlichkeit vor - als solarbetriebenes Radio sowie als solarbetriebenen Funksender: Auf der Wiese hinter ihrem Labor hielt Chapin eine zigarettenschachtelgroße Solarzelle in die Sonne. Dann griff Pearson zum Sender, der von dieser Zelle gespeist wurde.
    "This is a demonstration of the Bell solar battery in practical application. Do you hear me? Do you hear me?"
    100 Meter entfernt stand Fuller neben dem Empfänger - und winkte den anderen beiden zu als Zeichen, die Nachricht verstanden zu haben. Die New York Times zeigte sich begeistert.
    "Diese Erfindung könnte den Anfang einer neuen Ära markieren - die Nutzbarmachung der nahezu grenzenlosen Sonnenenergie für die menschliche Zivilisation."
    "Vier Jahre später war dann bereits der erste Satellit, Vanguard 1, ausgestattet mit Solarzellen."
    Rasante technische Weiterentwicklung der Solarzellentechnik
    Für die Raumfahrt lohnten sich Solarzellen schon bald, sagt Solarexperte Hoffmann. Doch für die Stromversorgung auf der Erde waren sie wegen der immensen Herstellungskosten zunächst viel zu teuer. Eine Solaranlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses hätte in den 50er Jahren rund 1,4 Millionen Dollar gekostet.
    "Heute sind wir für kleine Anlagen bei 14-15 Cent und bei Großanlagen selbst in Deutschland bei unter 10 Cent pro Kilowattstunde."
    Zu verdanken ist das einer rasanten technischen Weiterentwicklung der Solarzellentechnik.
    "Die ist beileibe noch nicht ausgereizt. Langfristig werden die Kosten und Preise mit neuen, besseren Technologien weiterhin nach unten gehen."
    Spätestens 2050 könnte die Sonnenenergie einen Großteil unseres Strombedarfs decken. Aussichten, von denen Chapin, Pearson und Fuller, die drei Erfinder der Solarzelle, im Jahr 1954 höchstens träumen durften.
    "Indeed, man has at last dipped his hand into the sun and drawn down a spark to warm the hearts of men!"