"Die purpurne verbotene Stadt, so genannt wegen des roten Bewurfs ihrer Umfassungsmauer, enthält die kaiserliche Residenz und ist nur besonders Bevorrechtigten zugänglich. Der gewöhnliche Reisende sieht nur die gelben Dächer der Paläste und die Tempel, soweit sie über die Mauer hervorragen", so hieß es im Baedeker-Reiseführer von 1904, als die größte Palastanlage der Welt, die "Verbotene Stadt" im Zentrum Pekings, noch keine Touristenattraktion war.
"Zǐjìnchéng, es heißt ‚Die Verbotene Stadt‘, aber eigentlich wird eher der Name Gugung, Kaiserpalast heute benutzt. Und es haben insgesamt 24 Kaiser der Ming-Dynastie drin gelebt und zehn der Qing-Dynastie."
Der Erbauer, so die Sinologin Mechthild Leutner von der Freien Universität Berlin, war Yongle, der dritte Kaiser der Ming-Dynastie.
"Der hat sehr lange residiert, und der hat auch große Enzyklopädien herausgegeben und die ganze Wissenschaft weiterentwickelt. Er gilt als sehr starker und aufgeklärter Kaiser."
Ein Palastkomplex mit knapp 9000 Räumen
In 14 Baujahren, von 1406 bis 1420, soll er eine Million Sklaven und gut 100.000 Kunsthandwerker beschäftigt haben, um die festungsartige Anlage fertigzustellen, in der Yongle als Stellvertreter des Himmels regierte.
"Wir müssen uns das vorstellen wie eine kleine Stadt. Im Zentrum der Kaiser. Die Haupt-Audienzhallen, Zeremonialhallen sind alle etwas erhöht gebaut, nur zugänglich über Treppen. Im linken Teil des Palastes, Richtung Westen, gab es dann die Wohnungen der gesamten kaiserlichen Familie, auch den Hofstaat. Und auf der rechten östlichen Seite gab es hauptsächlich Verwaltungsgebäude und auch die Häuser der Eunuchen und so weiter."
Knapp 9.000 Räume beherbergte der Palastkomplex. In der fast zweieinhalbtausend Quadratmeter großen "Halle der höchsten Harmonie", die von 24 massiven Säulen getragen wurde, befand sich der sogenannte Drachenthron, auf dem der Kaiser Audienzen abhielt, Zeremonien beging und seine Beschlüsse verkündete. Monumentale Tore, beschiffbare Kanäle, repräsentative Gärten und eine gigantische Treppe aus weißem Marmor, über deren Mitte allein der Herrscher schreiten durfte, sollten Geschichte, Kultur und Stärke des chinesischen Reiches symbolisieren.
Doch im 19. Jahrhundert begann Chinas Position als Welthandelsmacht zu bröckeln. Westliche Kolonialmächte wie Großbritannien, Frankreich und später Preußen drangen in das Reich ein, besetzten wichtige Küstenstädte und kontrollierten den Außenhandel. Mit dem zweiten Opiumkrieg rückten britische und französische Truppen dann bis nach Peking vor, und ihre Gesandten forderten, im Kaiserpalast empfangen zu werden. Doch diese Ehre wurde ihnen jahrelang verwehrt.
"Das ist interessant, wie die alliierten Mächte ab 1860/61 unentwegt versucht haben, eine Audienz beim Kaiser zu bekommen. Sie wollten das höfische Protokoll, diese Zeremonien, wie sie auch an den Höfen in Berlin, Paris, London gängig waren, das wollten sie auch haben. Sie wollten einbezogen werden in diese chinesische herrschende Schicht, in die Elite."
Autoritätsverlust des Kaiserhofes
1873 empfing der Kind-Kaiser Tongzhi dann doch eine westliche Delegation. Neben diesem symbolträchtigen Zugeständnis führten zahlreiche Hungeraufstände und militärische Niederlagen zum Autoritätsverlust des Kaiserhofes. Mehrmals musste die kaiserliche Familie fliehen, kehrte aber immer wieder in die "Verbotene Stadt" zurück, die auch für den letzten Kaiser Pu Yi immer noch Symbol seiner Macht war. In seinen Erinnerungen schrieb er.
"Abgesehen von dem aufwendigen täglichen Hofzeremoniell wirkten auch die Gebäude um mich herum und die Ausstattung des Palasts unmittelbar auf meine Erziehung ein. Nicht nur die goldgelb glasierten Ziegel auf den Dächern, sondern auch die Höhe der Gebäude selbst waren ausschließlich Privileg des Kaisers und verbürgten mir von klein auf, dass ‚alles Land auf Erden dem Kaiser untertan ist‘ und selbst der Himmel darüber keinen anderen Herrn kannte."
Nach einem Militärputsch verließ der letzte Kaiser 1924 seinen Palast schließlich für immer, und die "Verbotene Stadt" wurde zum Museum erklärt.