Es geschah am 14. Mai 1948 im alten Kunstmuseum am Rothschild-Boulevard im Zentrum von Tel Aviv: David Ben Gurion verlas im jüdischen Volksrat die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel. 37 jüdische Männer und Frauen unterschrieben die Erklärung, die auf zwei eng bedruckte Seiten passt. Zuvor hatten sie über jedes einzelne Wort diskutiert. Am selben Tag hatte Sir Alan Cunningham, der letzte britische Hochkommissar für Palästina, das Land verlassen. Damit endeten 28 Jahre britischer Herrschaft in Palästina im Auftrag des Völkerbunds. Der Unabhängigkeitserklärung war ein halbes Jahr zuvor ein entscheidendes Ereignis in New York vorausgegangen.
Die Generalversammlung der Vereinten Nationen hatte einen detaillierten Teilungsplan für das britische Mandatsgebiet in Palästina beschlossen. Demnach sollten 56 Prozent des Landes dem jüdischen Staat gehören, 43 Prozent dem arabischen. Jerusalem sollte unter internationaler Verwaltung stehen. 33 Staaten stimmten für den Plan, 13 dagegen und 10 enthielten sich. Aber die arabischen Nachbarstaaten waren nicht bereit, den Staat Israel zu akzeptieren – weder den Teilungsplan der Vereinten Nationen noch die Unabhängigkeitserklärung. In den Tagen nach der Staatsgründung erklärten Ägypten, Jordanien, Syrien, Libanon und der Irak Israel den Krieg. Ben Gurion stellte kurz darauf im israelischen Rundfunk fest:
"Wir stehen vor großen Gefahren. Während ich hier spreche, wird Tel Aviv von feindlichen Flugzeugen bombardiert."
Bis heute keine Verfassung
Der Krieg kostete nach Schätzungen eines israelischen Historikers 5.800 Israelis das Leben, 12.000 arabische Kämpfer wurden getötet.
Am 24. Februar 1949 unterzeichneten Delegationen Ägyptens und Israels auf der griechischen Insel Rhodos eine Waffenstillstandsvereinbarung. Der israelische Außenminister Moshe Sharet sagte über das Abkommen:
"Es tritt unmittelbar nach Unterzeichnung in Kraft. Es ist schon in Kraft. Wir waren immer bereit für den Frieden. Wir wären bereit gewesen, den Zwischenzustand des Waffenstillstands auszusetzen und wären sofort zu Friedensverhandlungen übergegangen, aber die Gegenseite hat sich unseren Nachbarn angeschlossen, und daran sind wir gebunden."
Bis zum Juli 1949 schloss Israel weitere Waffenstillstandsabkommen mit den übrigen arabischen Kriegsgegnern ab. Bis heute hat der Staat Israel keine Verfassung. In der Unabhängigkeitserklärung verzichteten die Staatsgründer auf das Wort "demokratisch", schrieben aber:
"Der Staat Israel […] wird all seinen Bürgern ohne Unterschied von Religion, Rasse und Geschlecht soziale und politische Gleichberechtigung verbürgen".
Beide Seiten in der Pflicht
Bis heute ist nicht geklärt, ob der jüdische und der demokratische Charakter des Staates miteinander vereinbar sind. Für Schimon Peres, bis 2014 Staatspräsident Israels, war klar, dass die jüdische und demokratische Eigenschaft nur unter einer Bedingung gewahrt werden kann:
"Ohne Zwei-Staaten-Lösung, ohne einen israelischen und einen palästinensischen Staat, finden wir uns in einem bi-nationalen Staat wieder. Wir müssen heute eine schwerwiegende Entscheidung treffen, damit Israel ein Vorzeigestaat ist, ein jüdischer und demokratischer Staat."
Der israelische Historiker Ilan Pappe nimmt für das Ziel des Friedens im Nahen Osten beide Seiten in die Pflicht:
"Das sind die drei Wörter, die die Basis für den Frieden sind: Anerkennung, Verantwortung und Akzeptanz. Die Israelis müssen anerkennen und Verantwortung übernehmen, und die Palästinenser müssen akzeptieren. Sie müssen dieses Kapitel abschließen und erklären: ‚Die historischen Umstände, unter denen Ihr gekommen seid, sind nicht entscheidend – Ihr gehört zu dieser Region, und wir träumen nicht mehr davon, dass Ihr das nicht tut.‘"
70 Jahre nach der Gründung des Staates Israel und nach etlichen diplomatischen Anläufen zum Frieden mit den Palästinensern erscheinen Pappes Worte noch immer utopisch.