"Moskau. Die russische Staatskommission zur Untersuchung von Kriegsgräueln hat einen vorläufigen Bericht über die Untersuchung des Konzentrationslagers Auschwitz in Polen veröffentlicht. Diesem Bericht gemäß übertraf das Lager alle bekannten deutschen Vernichtungslager in Bezug auf Ausrüstung, Organisation und die massenweise Hinrichtung seiner unglücklichen Opfer."
Gegen Kriegsende, Anfang Mai 1945, informierte das deutsche Programm von Radio Luxemburg über die Arbeit einer russischen Kommission, die deutsche Kriegsverbrechen dokumentiert und Aussagen von überlebenden KZ-Opfern gesammelt hatte.
Aus ganz Europa hatte die SS Menschen in das 1940 errichtete Konzentrationslager Auschwitz deportiert, die meisten waren Juden wie Charlotte Grunow.
"Gleich am Bahnhof wurde man sortiert in arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig. Frauen mit Kindern und Männer, die Krankheiten oder irgendwelche Gebrechen hatten, wurden auf Autos geladen, von denen wir nicht wussten, wohin sie fuhren. Im Lager selbst hörten wir dann erst, dass diese Leute alle in das Gas gegangen sind."
Auschwitz-Birkenau - größtes Vernichtungslager des NS-Regimes
Birkenau, zum Lagerkomplex Auschwitz gehörend, war das größte und mit hohem technischem Aufwand betriebene Vernichtungslager des NS-Regimes. Rudolf Vrba stammte aus der Slowakei und wurde als 19-Jähriger nach Auschwitz deportiert, wo er in einem Sonderkommando nach der Ankunft der Züge die Leichen der unterwegs Verstorbenen aus den Waggons holen und ihr Gepäck ausladen musste.
"Ich habe eben in der Leichenhalle gesessen und Kaffee getrunken. Und da seh ich, dass ein Mann in einer SS-Uniform heraufkriecht auf diesen Bunker. Mit einer Gasmaske. Und hat eine große Büchse in der Hand. Und öffnet die Büchse und schüttet etwas hinein durch eine Öffnung auf dem Betonklotz. Das hat etwas geöffnet und das hat er hineingeschüttet."
Direkt nach ihrer Ankunft schickte die SS die Gefangenen in die Gaskammern und ermordete sie mit dem Gift Zyklon B. Auschwitz-Birkenau wurde zum Schauplatz eines industriell betriebenen Massenmords. Rudolf Höß, mehrjähriger Kommandant des Lagers, erklärte 1946 im Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess zum Umgang mit den ankommenden Häftlingen:
"Es waren Vorkehrungen getroffen, die sie darüber im Zweifel ließen, dass sie in den Tod gehen sollten. So waren überall an den Türen und an den Wänden Schriften angebracht, die darauf hinwiesen, dass dies eine Entlausung beziehungsweise eine Badevorkehrung sei."
Am 12. Januar 1945 begann die Rote Armee ihre große Winteroffensive. Sechs Tage später nahmen die sowjetischen Truppen Krakau ein und standen damit nur noch 60 Kilometer vor Auschwitz. Die Lagerleitung hatte da schon begonnen, die Spuren des Verbrechens zu beseitigen. SS-Männer setzten Baracken in Brand, vernichteten Dokumente, demontierten Verbrennungsöfen der Krematorien, sprengten die Gaskammern und trieben die Häftlinge auf Todesmärsche Richtung Westen, darunter Asher Aud.
"Was ich kann mich erinnern: Haben wir angefangen zu hören die Kanonen von die Russen, und dann hat man uns rausgenommen from Auschwitz zu Mauthausen. Wenn wir sind gegangen Totenmarsch, da sind keine Menschen gegangen, da sind nur Skelette gegangen."
8.000 Überlebende von der Roten Armee befreit
Schließlich befanden sich noch 8.000 Häftlinge im Lager, schwache und kranke Menschen, die nicht mehr laufen konnten, sowie 600 Kinder. Jacek Lech, Mitarbeiter der Gedenkstätte Auschwitz:
"Es gab noch ein paar Einheiten, die das Lager kontrollierten. Und diese SS-Männer haben auch in den letzten Stunden getötet. Auf diese Weise sind über 800 Häftlinge ermordet worden, kurz vor dem Einmarsch der Roten Armee."
Am Nachmittag des 27. Januar erreichten dann die ersten sowjetischen Truppenverbände das Lager, darunter Major Anatolij Schapiro mit seiner Einheit.
"Es war nicht möglich, die Baracken ohne Mundschutz zu betreten. Auf Holzpritschen stapelten sich die Leichen. Unter den Pritschen krochen bis auf die Knochen abgemagerte Menschen hervor, kaum noch lebendig. Niemand hatte dort noch an eine Befreiung geglaubt."
Tag der Befreiung wurde zum Holocaust-Gedenktag
Hunderte Häftlinge waren so entkräftet, dass sie in den folgenden Tagen starben. Die genaue Zahl der Todesopfer lässt sich nicht rekonstruieren. Experten gehen davon aus, dass die SS mindestens 1,1 Millionen Menschen in Auschwitz ermordete. Seit 2005 ist der 27. Januar der Internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust.