Für Dionisio Pulido begann der 20. Februar 1943 als ein Tag wie jeder andere. Der Bauer aus dem kleinen Ort Paricutín im Westen Mexikos arbeitete auf seinem Maisfeld. Doch plötzlich hörte er ein lautes Geräusch, erzählt Laura Pioli von der Universität Genf.
"Er sah einen Riss im Boden, eine richtige Erdspalte, die sich mitten im Maisfeld auftat und aus der Rauch aufstieg. Ein paar Minuten später gab es eine kleine Explosion und dem Rauch folgte Gestein, das sich aus der Spalte an die Erdoberfläche schob. Das war die Geburt des Vulkans, der später nach dem nächsten Dorf benannt wurde, Paricutín Vulkan."
Geschockt von den Ereignissen auf seinem Maisfeld, lief Dionisio Pulido zurück ins Dorf und alarmierte die Behörden.
"Wir haben ein Dokument, das exakt genau die Geburt dieses Vulkans belegt, beruhend auf den Schilderungen von Herrn Pulido. Die anderen Bauern kamen angerannt, um zu schauen, was passierte. Dionisio Pulido war natürlich gezwungen, sein Land zu verlassen."
Ausbruch endet nach fast neun Jahren
Denn der Ausbruch ging immer weiter. Die Explosionen folgten im Sekundentakt aufeinander. Innerhalb von nur einer Woche war das Maisfeld begraben unter einem 150 Meter hohen Vulkan. Auf der gesamten Umgebung lag meterdicke Asche und Lavazungen näherten sich dem Dorf. Die Bewohner flohen und mussten aus der Entfernung zusehen, wie ihre Häuser und Felder und sogar ihre Kirche von rotglühender Lava verschluckt wurden. Aus Mexiko-Stadt und selbst aus dem Ausland reisten Wissenschaftler an, um das Schauspiel zu untersuchen. Die Geburt des Vulkans sorgte mitten im Zweiten Weltkrieg für Schlagzeilen rund um den Globus. Die Vulkanologin Laura Pioli hat die alten Berichte und Studien ausgewertet und die Geschichte des Vulkans Paricutín erforscht.
"In dieser Gegend herrschen ganz besondere geologische Bedingungen. Sie verhindern, dass sich ein großer Vulkan entwickeln kann, der über Jahrhunderte oder Jahrtausende hinweg immer wieder ausbricht, wie es zum Beispiel beim Ätna in Italien der Fall ist, wenn die Magmakammern gefüllt sind. Rund um das Dorf Paricutín steigt die Magma so schnell auf, dass sie sich nicht in den Kammern unter der Erde sammeln kann, sondern sofort durch die Erdoberfläche bricht. Dadurch entstehen immer wieder überall in der Region kleine Vulkane. Alle paar hundert Jahre wird so ein neuer Vulkan geboren."
Neun Jahre lang dauerte die Geburt des Paricutín Vulkans an. Erst 1952 endete der Ausbruch. Da war der Vulkankegel auf eine Höhe von 424 Metern angewachsen. Zwei Dörfer hatte er verschluckt, aber durch das langsame Fortschreiten kein Menschenleben gefordert.
Tourismus prägt nun die lokale Wirtschaft
"Nach dem Ende des Ausbruchs wurde der Vulkan zu einem regelrechten Touristenmagneten. Sehr viele Menschen, gerade aus den USA, reisten an, um sich den Vulkankegel, die Lava und die verschütteten Dörfer anzuschauen. Bis heute kommen Touristen her, die dann von den Bewohnern der Gegend auf Pferden oder Mulis zum Vulkan gebracht werden. Die lokale Wirtschaft hat sich durch den Vulkan gewandelt, vom Ackerbau hin zum Tourismus. Das ist ein sehr schönes Beispiel für die Widerstandsfähigkeit einer Gesellschaft."
Aus den Lavafeldern des Vulkans Paricutín ragt bis heute der Kirchturm des ehemaligen Dorfs Paricutín. In der Umgebung wurde ein neues Dorf gebaut. Laura Piolis Ansicht nach müssen die Menschen dort keinen weiteren Ausbruch befürchten.
"Es ist natürlich unmöglich, das mit Gewissheit zu sagen, aber nachdem was wir über diese Art von Vulkanen wissen, erwarten wir keine weiteren Aktivitäten. Diese Vulkane werden in der Regel in einem einzigen Ausbruch geboren und sterben dann."
Es gibt an mehreren Stellen der Welt ähnliche geologische Bedingungen wie rund um den Vulkan Paricutín - etwa im Südwesten der USA. Dort allerdings liegt die letzte Geburt eines Vulkans etwa tausend Jahre zurück. Weltweit entstand im 18. Jahrhundert das letzte Mal ein neuer Vulkan.