Das rote gotische A mit dem weißen Arzneikelch und der Äskulapschlange gehört zum Straßenbild jeder Stadt in Deutschland. Ein besonderer Ort: Nur dort bekommt man ärztlich verordnete Medikamente und viele andere Heilmittel, die hierzulande zwar nicht rezept-, aber apothekenpflichtig sind.
Das war nicht immer so: Ursprünglich bestand die Heilkunst darin, eine Krankheit zu erkennen und die Arzneien zur Behandlung bereitzustellen. Die Auswahl war freilich nicht so groß, vor allem Pflanzen standen zur Verfügung, ein paar tierische oder mineralische Stoffe und Mischungen daraus:
"Diese Mischungen wurden angefertigt von verschiedenen Leuten, also jeder hat sich quasi sein eigenes Süppchen gerührt und auch verkauft."
Sagt Dr. Ursula Sellerberg von der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Etwa seit dem 8. Jahrhundert etablierte sich dann im Orient neben den Ärzten eine weitere medizinische Berufsgruppe: Heilmittelkundige, die sich auf viele medizinische Rezepturen verstanden. Sie handelten vor allem mit Gewürzen und "Drogen" – was ursprünglich nur getrocknete Pflanzen meinte. Zu den Vorläufern der Apotheker gehören auch Mönche und Nonnen, die das Wissen der arabischen Medizin für Europa wiederbelebten, Heilkräuter anbauten, daraus Arzneien bereiteten und verkauften. Allerdings waren auch viele Quacksalber unterwegs.
Am Geschäft mit der Gesundheit wollte jeder mitverdienen
Am Geschäft mit der Gesundheit wollte jeder mitverdienen. 1241 erließ Kaiser Friedrich II. schließlich eine Medizinalordnung, das sogenannte Edikt von Salerno:
"Der Arzt soll nicht daran verdienen, wenn er dafür sorgt, dass der Patient viele Medikamente einnimmt. Sondern der Arzt wird für seine Leistung bezahlt, Diagnostik und er verordnet was, aber der Verdienst, wenn ich ein Medikament abgebe, das bekommt jemand anders."
Umgekehrt durften die Heilmittelkundigen selbst keine Patienten behandeln und die Arzneien auch nur zu gesetzlich festgelegten Preisen verkaufen. Friedrich II. hat damit den Beruf des Apothekers begründet. Allerdings waren das zunächst noch fahrende Händler, die Kräuter, Salben oder Tinkturen auf Märkten anboten oder mit der Kiepe auf dem Rücken durch die Lande zogen.
"Nach und nach wurden die Apotheker eher in festen Orten angesiedelt, in Städten, weil um zum Beispiel eine Tinktur anzufertigen, brauche ich Hitze, brauche ich Feuer, brauche ich eine Destillationsanlage, das kann ich nicht immer mitnehmen. Da brauche ich einfach einen festen Ort."
Als ältester Ort dieser Art in Deutschland gilt die "Löwenapotheke" in Trier. In einer Schenkungsurkunde heißt es:
"Fridericus, der bischöfliche Gutsverwalter (cellarius) überschreibt den Nonnen des Klosters St. Thomas seine 'am Graben in der Stadt Trier befindliche Apotheke nebst angrenzendem und zugehörigem Haus. Gegeben im Jahr des Herrn 1241, 23. Mai.'"
Es wird zwar bezweifelt, zum Teil auch von Historikern, ob damit wirklich schon eine echte Apotheke gemeint war: Das Wort habe im 13. Jahrhundert eher noch allgemein "Lager- oder Vorratsraum" bedeutet. Dagegen spricht wiederum, dass viele Klöster ihre Kräuterkammern auch so nannten. Außerdem bestanden die ersten Apotheken ohnehin nur aus einer Werkstatt, der Offizin, denn die Arzneizubereitung war ein Handwerk.
Seit dem 16. Jahrhundert wohlhabende Bürger der Stadt
Doch spätestens seit dem 16. Jahrhundert gehörten Apotheker zu den hoch angesehenen und wohlhabenden Bürgern der Stadt. Sie eigneten sich immer mehr Fachwissen an, besuchten medizinische Universitätsvorlesungen und begründeten die Arzneimittelforschung und -industrie:
"Das Opium, dass das als Schlafmittel wirkt, das weiß man seit Jahrtausenden, aber erst im Jahr 1804 hat erstmals ein Apotheker den Wirkstoff aus Opium, nämlich das Morphin, isoliert. Und das ist im Prinzip die Gründung der pharmazeutischen Industrie. Diese großen Firmen, die man heute noch kennt – Bayer, Schering und weitere – die sind oft hervorgegangen aus kleinen Apotheken im 19. Jahrhundert."
Das hatte natürlich auch umgekehrt Auswirkungen: In Apotheken werden zwar immer noch pro Jahr mehrere Millionen Arzneimittel hergestellt, individuelle Rezepturen, die die Industrie nicht liefern kann. Aber heute sind sie vor allem für die Abgabe und den Verkauf von Medikamenten und die Beratung zuständig. So auch die erste urkundlich erwähnte Apotheke in Deutschland. Sie hat den Namen mehrfach gewechselt. Aber sie ist seit 1660 in Besitz einer Familie und seit ihrer Gründung am selben Ort: am Hauptmarkt von Trier.