"Es steigt aus dem Meer ein Untier. Um die Mauern des katholischen Glaubens niederzureißen, hat es längst die Sturmböcke gerüstet!"
1239 vergleicht der Papst den Kaiser des Römisch-Deutschen Reiches mit dem Meeresungeheuer aus der Apokalypse. Kurz zuvor hatte er ihn exkommuniziert - nie zuvor hatte ein Papst das bei einem Kaiser gewagt. Für die Kurie war Friedrich II. ein Todfeind – dabei hatte der Heilige Stuhl dem Staufer einst zum Thron verholfen:
1194 wurde Friedrich als Sohn Kaiser Heinrichs VI. geboren. Er wuchs in Palermo auf, weil sein Vater durch Eheschließung Sizilien geerbt hatte. mit vier Jahren wurde der Kaisersohn Vollwaise, weshalb sich im Kampf um die deutsche Krone der Welfe Otto durchsetzen konnte. Aber erst, als Otto den Staufer erben auch Sizilien entreißen wollte und sich damit aus Sicht des Kirchenstaates in Italien bedrohlich weit ausbreitete, rief der Papst die deutschen Fürsten dazu auf, den jungen Friedrich zum Gegenkönig zu wählen. Und Friedrich konnte Otto vom Thron stürzen.
Im Dauerclinch mit dem Papst
Am 22. November 1220 erfolgte die höchste Weihe – in Rom krönte Papst Honorius III. Friedrich zum Kaiser. Auf der Zeremonie in der Peterskirche schwor Friedrich, gegen Ketzerei vorzugehen und auf einen Kreuzzug zu ziehen. Aber die Einigkeit von Kaiser und Papst war brüchig. Mit dem Königreich Sizilien hatte Friedrich einen Dauerstreit mit dem Papst geerbt - so der Mediävist Michael Menzel:
"Die Staufer eben, hatten somit ein Königtum in Süditalien und das Römisch-Deutsche Reich, was in Norditalien begann, da kann man sich vorstellen, dass die Angst des Papstes war, mit seinem Kirchenstaat in der Zange zu sein."
Friedrich versuchte zunächst, dem Papst entgegengekommen. Aber der Konflikt zwischen Kurie und Kaiser, die beide um die Rolle als Haupt der Christenheit konkurrierten, eskalierte immer weiter. Als Friedrich den versprochenen Kreuzzug krankheitsbedingt abbrach, wurde er vom neuen Papst exkommuniziert. Trotzdem brach er erneut zum Kreuzzug auf und schaffte, etwas Einmaliges: er gewann Jerusalem durch eine Einigung mit Sultan al-Kamil auf dem Verhandlungsweg. Das aber, sagt Michael Menzel:
" widersprach ja allen Kategorien der damaligen Zeit. Jerusalem muss man erobern. Und er verhandelt es zurück, als Exkommunizierter. Natürlich stand die Kurie Kopf."
Interreligiöser Dialog am Hof von Palermo
Noch dazu erzürnte Friedrich den Papst mit seiner Offenheit gegenüber anderen Religionen. Sizilien war traditionell arabisch geprägt, an Friedrichs Hof in Palermo wirkten jüdische und muslimische Gelehrte. Dazu Michael Menzel:
"Das war wiederum jetzt nicht so einmalig, dass ein Herrscher sich einen intellektuellen Hofstaat leistete, aber dass das aus Muslimen, Juden und Christen gleichberechtigt alles nebeneinander war, das ist schon was Besonderes. Er hat Schriften aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzen lassen, in großem Maße, so etwas gab es nur an wenigen Übersetzerschulen in ganz Europa."
Ein neuer Nero?
Für den weltoffenen Friedrich war Wissenschaft wichtiger als Religion, aber seine Toleranz war begrenzt - einen muslimischen Hungeraufstand ließ er blutig niederschlagen und die Überlebenden deportieren. "Wenn es um politische Macht ging", so Michael Menzel, "war er nicht tolerant. Da hat er sehr hart durchgegriffen."
Friedrichs Grausamkeit brachte ihm den Ruf eines 'neuen Nero' ein. Rücksichtslos setzte er auch die Zentralherrschaft in Süditalien durch, aber zugleich schuf er dort die erste umfassende Rechtskodifikation des Mittelalters. Anders als im eigenen süditalienischen Territorium suchte er im deutschen Reichsteil den Konsens mit den Fürsten und förderte mit realpolitischem Blick den Ausbau der Territorialherrschaften. Das warfen ihm Historiker des 19. Jahrhunderts vor - im Zeitalter des aufkommenden Nationalismus galt Friedrich als Zerstörer der Reichseinheit, den Italien mehr interessiert habe als Deutschland: Das ordnet Michael Menzel so ein:
"Nur wenn man das aus der Brille der Nationalstaatlichkeit sieht, dass das nun das Non plus Ultra wäre, wenn man das nur durch diese Brille sieht, dann kommt man auf die Idee, das sei eine politische Zerschlagung der alten Kaiserherrlichkeit gewesen. Nein, es ist eine Transformation, eine Neuentwicklung, von der Verfassung her eine sehr deutsche Entwicklung, die bis heute nachwirkt. Jetzt, in demokratischen Zeiten, ist es unsere föderale Verfassung."
Warum Hitler und Mussolini Friedrich feierten
Der Konflikt mit dem Papst verfolgte Friedrich bis zu seinem Tod, er starb 1250 als Exkommunizierter. Später haben ihn nicht nur die Aufklärer und moderne Denker wie Nietzsche bewundert, der ihn als ‚ersten Europäer‘ feierte, sondern auch Hitler und Mussolini. In Italien galt Friedrich bis weit ins 20. Jahrhundert als Gründervater der Nation. An seinem Sarg in Palermo legen die Menschen bis heute Blumen nieder.