"Die Stewardess arbeitet fünftausend Fuß hoch über der Erde, sie rast durch den Raum mit einer Geschwindigkeit von drei Meilen in der Minute. Sie wird beneidet von Stenografinnen in New York und Bauerntöchtern in Iowa. Sie scheint für amerikanische Mädchen das zu werden, was Polizisten, Piloten und Cowboys für amerikanische Jungen sind."
Dies schrieb eine amerikanische Zeitung 1933. Drei Jahre zuvor hatte die erste Stewardess der Welt ihren Dienst angetreten: Ellen Church war Krankenschwester von Beruf und Hobbypilotin, fasziniert vom Fliegen, seit sie als Kind die berühmte Kunstpilotin Ruth Law gesehen hatte:
"Ich dachte, wenn es etwas gäbe, das ich wirklich tun wollte, dann eine von diesen Maschinen so zu fliegen wie sie."
Der Traum einer Krankenschwester vom Fliegen
Doch das Fliegen zum Beruf zu machen, gelang nur sehr wenigen Frauen. Ellen Church sah eine Chance, ihrer Leidenschaft zumindest näher zu kommen, als Steve Stimpson, Regionalmanager einer Fluggesellschaft, Stewards suchte. Das war ein neuer Beruf. Bisher hatten Fluggesellschaften vor allem Post befördert und einzelne Passagiere mitgenommen. Mit größeren Flugzeugen konnten sie dieses Geschäft nun ausweiten, aber dafür musste das Fliegen auch komfortabler werden - etwa mit Kabinenservice. Warum, fragte Ellen Church, dafür nicht Frauen einstellen? Und zwar am besten Krankenschwestern! Stimpson war begeistert.
"Mir scheint, junge Frauen als Stewardessen würden einen großen psychologischen Effekt haben. Stellen Sie sich die landesweite Publicity vor, die uns das verschaffen könnte."
Dies schrieb er an seinen Chef. Natürlich keine flatterhaften Modemädchen, sondern solide Krankenschwestern, diszipliniert und mit kühlem Kopf.
"Sie haben genug von Männern gesehen, um sie nicht bei jeder Gelegenheit um den Block zu jagen."
Auch wären sie nützlich, wenn den Passagieren schlecht würde. Die Antwort enthielt nur eine Silbe:
"Nein."
Schließlich wurde eine Testphase genehmigt. Stimpson stellte Ellen Church und sieben weitere Krankenschwestern ein. Am 15. Mai 1930 begrüßte sie zum ersten Mal ihre Passagiere, zum Flug von San Francisco nach Chicago. Unterwegs servierte sie kaltes Huhn und Obstsalat. Die Passagiere waren begeistert, so sehr, dass nun auch andere Fluglinien Frauen einstellten. 1934 feierte die Presse die erste Stewardess Europas, in der Schweiz:
"Die Veramerikanisierung unseres Luftverkehrs macht rapide Fortschritte. Zu den neuen Schnellflugzeugen ist nun auch die "Stewardess" hinzugetreten."
Zementierte Rollenverteilung - auch in der Luft
Die Rollenverteilung in der Luft zementierte sich: Männer fliegen, Frauen bedienen. Dennoch wurde Stewardess zum glamourösen Traumberuf - erst recht nach dem Zweiten Weltkrieg, als luxuriöse Maschinen um die ganze Welt flogen, Stewardessen sich als Gastgeberinnen für eine anspruchsvolle Elite verstanden und Aufenthalte in Weltmetropolen und an exotischen Orten genossen. Diese Ikone der Moderne sollte die perfekte Frau in einem sehr konventionellen Sinn verkörpern:
"Eine gutaussehende, schlanke, ansprechende Erscheinung, ein natürliches, aufgeschlossenes, frisches Wesen, eine charmante Weiblichkeit, eine gute Kontakt- und Reaktionsfähigkeit. Das ist das, was wir uns von einer Stewardess erhoffen."
Erklärte 1965 Ursula Tautz, langjährige Chefstewardess der Lufthansa. Oder, in der sarkastischen Beschreibung einer Zeitung:
"Die körperlichen Proportionen einer Stripteasetänzerin gepaart mit den Manieren einer Herzogin, dem Diensteifer einer Nonne und einem Nachweis höherer Bildung."
Körpermaße und Gewicht waren vorgeschrieben, Brille oder große Füße kamen nicht in Frage. Stewardessen durften nicht verheiratet sein und zu alt schon gar nicht:
Interviewer: "Wie lange fliegt eine Stewardess im allgemeinen?"
Ursula Tautz: "Bis zu der Altersgrenze von vierzig Jahren."
Massentourismus bringt Imagewandel
In den Siebzigerjahren veränderten Jumbojets und Massentourismus die Arbeitsbedingungen und das Image von Stewardessen radikal. Fluggesellschaften setzten unverblümt auf "Sex verkauft Sitze". Und fliegen konnte nun jeder überallhin. Der Beruf verlor den Glamour, aber auch Heiratsverbote und Altersgrenzen fielen.
Heute ist es ein normaler Serviceberuf, in dem auch wieder mehr Männer arbeiten, während Frauen schließlich doch ins Cockpit eindrangen. Aber immer noch sind die dort eine kleine Minderheit und die große Mehrheit beim Kabinenpersonal.