Archiv

Vor dem Koalitionsausschuss
Druck in der Diesel-Frage steigt

Bei der heutigen Koalitionsrunde soll der Dieselstreit beigelegt werden - doch die Positionen der Kontrahenten sind verhärtet. Die einen bevorzugen die von der Automobilindustrie angebotenen Umtauschprämien, andere halten Hardware-Nachrüstungen für unabdingbar. Wer den Schaden zahlt, ist weiterhin unklar.

Von Volker Finthammer |
    Abgase kommen aus einem Auspuff eines VW Golf 2.0 TDI, aufgenommen am 07.11.2017 in Prenzlau (Brandenburg).
    In mehreren Städten drohen Fahrverbote für Dieselautos (picture-alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Eigentlich soll heute Abend eine Schlusspunkt unter den mittlerweile drei Jahre andauernden Dieselstreit gezogen werden. Doch noch immer geht es zwischen den Kontrahenten zu wie auf einem Basar. Vor allem die Wahlkämpfer haben am Wochenende den Druck erhöht, weil sie ahnen, was der Unmut der Dieselfahrer über die drohenden Fahrverbote und nach wie vor fehlenden Konzepten am Ende für sie bedeuten könnte.
    "Wir wollen keine Fahrverbote und wir wollen nicht, dass die Dieselfahrer die Dummen sind. Ich halte die Hardwarenachrüstungen auch für einen zwingenden Teil und ich finde die Politik, aber auch die Industrie muss sehen, dass hier eine großer Vertrauensschaden entstanden ist und die Aufgabe muss sein, den zu beseitigen", erklärte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) gleich in mehreren Interviews.
    In Frankfurt drohen Fahrverbote
    In vier Wochen wird in seinem Bundesland gewählt und ausgerechnet Frankfurt könnte alsbald ein Fahrverbot greifen, wenn es von den Gerichten nicht doch noch gestoppt wird. Verkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU bevorzugt die von der Automobilindustrie angebotenen Umtauschprämien für den Kauf neuer Fahrzeuge. Da war am Wochenende von Prämien zwischen 3.000 und 10.000 Euro die Rede, die es nur für Fahrzeughalter aus jenen 14 Städten und deren Umgebung geben sollte, bei denen das Umweltbundesamt eine Stickoxidbelastung von mehr als 50 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gemessen hat. Doch eine Sprecherin des Verkehrsministers hat das gestern zurückgewiesen und erklärt.
    "Wir arbeiten an einer Lösung die nicht nur auf wenige betroffene Städte ausgerichtet ist."
    Man werde da heute ein Weg finden, von dem deutlich mehr Fahrzeughalter profitieren würden. Verkehrsminister Andreas Scheuer, am Wochenende selbst als Wahlkämpfer in Bayern unterwegs, hatte erst in der vergangenen Woche bei den Nachrüstungen ein Stück weit eingelenkt, um die Sache endlich vom Tisch zu kriegen.
    "Das muss der Weg sein, zum einen Tauschoptionen zum anderen aber auch Nachrüstoptionen. Mit den vielen Maßnahmen die wir selbst schon gestartet haben. Ein schwieriger Komplex, weil vieles miteinander vermischt wird und viel Emotionen in dem Diskussionsfeld sind."
    Steuerzahler sollen nicht für Schaden aufkommen müssen
    Und am Ende geht es natürlich auch ums Geld und die Frage, wer kommt mit welchem Anteil für den Schaden auf. Bundesfinanzmister Olaf Scholz hatte bereits deutlich gemacht, dass er den Steuerzahlern für die Versäumnisse der Automobilindustrie nicht in die Tasche greifen werde. Und auch die SPD Partei und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles hatte erklärt:
    "Wir haben immer gesagt, das müssen die Unternehmen bezahlen und es darf nicht auf die Kunden, also die Verbraucher umgelegt werden."
    Die Automobilindustrie hüllt sich derweil in Schweigen. Noch steht das Angebot, maximal 80% der Umrüstkosten zu tragen und das nur da wo es ob der Fahrverbote notwendig erscheint und der Umtausch bzw. Neukauf nicht in Frage kommt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, dass die Verbraucher im Falle von Nachrüstungen nichts dafür bezahlen sollten. Aber auch sie hält grundsätzlich eine Erneuerung der Fahrzeugflotte für wirkungsvoller.
    Der Streit über den Diesel soll jedoch nicht das einzige Thema der heutigen Koalitionsrunde werden. Da gibt es noch genügend Baustellen, etwa das geplante Fachkräftezuwanderungsgesetz und auch die Frage, ob man bereits weitgehend beruflich integrierte Flüchtlinge tatsächlich abschieben, oder nicht doch eine Chance zur Integration geben sollte. Da hatte erst am Wochenende Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer eine Übergangsregelung für eine echte Bleibeperspektive gefordert. Die SPD wäre dafür, aber CDU und CSU lehnen das bislang mehrheitlich ab.
    Zustand der Koalition wird zusätzlich diskutiert
    Neben diesen Sachthemen dürften unweigerlich auch grundsätzliche Fragen über den Zustand der Koalition zum Thema werden. Die CDU Fraktion hatte in der vergangenen Woche der Kanzlerin eine Niederlage bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden beschert und seitdem wird wieder verstärkt die Frage gestellt, ob die an dieser Koalition beteiligten Personen und Parteien tatsächlich die Kraft haben bis zum Jahr 2021 durchzuhalten. Der neue CDU Fraktionsvorsitzende Ralph Brinkhaus ist erstmals in der Runde dabei. Ob es ein Auftakt für neue Gemeinsamkeiten wird, ist offen.