Die Trommler der Legion étrangère lassen noch kurz die Schlegel über die Felle springen, andere Musiker zurren die Tragegurte ihrer Instrumente zu recht, die Bläser prüfen die Mundstücke. Es ist noch früh, in der Morgensonne wird es trotzdem schon heiß, eigentlich könnte es losgehen.
Wie die Musiker hat sich auch die Gruppe der Pioniere in Paradeformation aufgestellt: Darunter sind Afrikaner und Ukrainer, Russen, aber auch Chinesen, Mexikaner und Franzosen. An diesem Morgen marschieren sie noch nicht über die Pariser Prachtstraßen, sondern über den rötlichen Exerzierplatz der Fremdenlegion im südfranzösischen Aubagne.
Vorbereitung auf den großen Tag
Gleichschritt, alle im Takt, keiner verspielt sich. Noch tragen die Legionäre ihre Tarn-, nicht die Paradeuniform. Aber davon abgesehen, wirkt alles ziemlich perfekt. Für die Fremdenlegion ist es das längst nicht. Neben den Pionieren laufen Ausbilder hin und her, die immer wieder Schrittfolgen, oder Körperhaltung bemängeln.
Am großen Tag muss alles sitzen. Dann wird es vor allem auf einen ankommen, der vor allen anderen Legionären marschieren wird.
"Aujourd’hui je suis devenu franco-polonais."
Der Unteroffizier ist 46 Jahre alt, ein gebürtiger Pole. Sein Name soll öffentlich nicht genannt werden. Aus Sicherheitsgründen - so will es die Legion. Noch nie ist er am französischen Nationalfeiertag über die Champs-Elysées marschiert, jetzt soll er das Defilée der Legionäre eröffnen:
"Stolz, Ehre, aber auch ein wenig Stress. Alles in allem ein schönes, menschliches, Abenteuer für mich."
Damit es nicht zu abenteuerlich wird, haben die Pioniere in Aubagne nicht erst mit Marsch- und Musikproben begonnen – die Vorbereitung fing lange vorher an. Kurz nach Weihnachten erging der Befehl an die Männer sich nicht mehr zu rasieren. Einen Monat später wurden die Bärte inspiziert und die Kandidaten ausgewählt. Der polnische Unteroffizier spricht deshalb von einem "Casting". Neue Aufgaben für ihn und die anderen Auserwählten:
"Mit dem Bart, das ist kein ganz großes Ding, aber man muss sich doch darum kümmern - jeden Abend Shampoonieren, so alle zehn Tage nachschneiden und mehrmals täglich in Form bringen. Also, das verlangt schon Aufmerksamkeit".
Zählappel vor der Kaserne. Gerade haben die Pioniere ihre ledernen Schürzen aus dem Magazin geholt, die weißen Handschuhe von der Plastikverpackung befreit und die Äxte herangeschafft. Sie sehen nagelneu aus, kein Rost, keine Kratzer, wie frisch aus dem Baumarkt.
Dann muss jeder melden, wie groß er ist, einige haben nach hinten zu rücken, andere müssen nach vorne kommen. In der Aufstellung für die Parade soll alles stimmen.
Die Inspekteure erteilen kurze, zackige Befehle. Der polnische Unteroffizier macht zunächst ein paar Witze und erinnert daran, wie ein Legionär zu marschieren hat. Nicht wie Kosaken oder Amerikaner, sondern mit dem linken Fuß voran, dann erst abrollen, die Arme gestreckt. Außerdem nach vorne, aber nicht in die Luft blicken.
Vom Fallschirmjäger auf den Champs-Elysées
Vor mehr als 20 Jahren ist der Pole zur Legion gekommen. Zunächst war er Fallschirmjäger - oft in sehr gefährlichen Einsätzen. Da habe er gelernt, sagt der Unteroffizier, was Kameradschaft bedeute. Einer müsse sich unbedingt auf den anderen verlassen können. Und das gilt auch für die Parade am 14. Juli:
"Das ist genau dasselbe. Ich marschiere vorweg, sehe nicht, was die hinten anstellen. Ich muss ihnen einfach vertrauen. Sie sind gut vorbereitet worden, nicht nur von mir. Und ich weiß, wie stolz sie sind, da hinter mir her zu marschieren".
Zusammen mit den anderen Pionieren, den Musikern und einer weiteren Einheit wird er in Paris fast 9.000 Legionäre repräsentieren, die aus mehr als 140 Ländern stammen. Seit der Gründung der Legion Étrangère 1831 hat sich vieles verändert.
Schwerkriminelle können dort heutzutage nicht mehr untertauchen. Anders als nach dem Zweiten Weltkrieg, spielen Deutsche kaum noch eine Rolle. Derzeit bewerben sich viele Nepalesen, Brasilianer und nach wie vor auch Osteuropäer. Einst war die Legion eine Kolonialarmee, auch das hat sich geändert: Legionäre waren im früheren Jugoslawien, während des Irak-Kriegs und in Afghanistan im Einsatz. Jetzt sind sie in Mali und unterstützen die Polizei auch in Frankreich im Anti-Terror-Kampf.
Bei einem Prinzip, so der polnische Legionär, sei es aber geblieben. Es gelte im Dschungel wie in der Wüste und auch auf den Champs-Elysées in Paris:
"Befehle zu befolgen steht an erster Stelle. Das fängt beim einfachen Soldaten an, beim Legionär. Wir müssen unsere Aufgabe erfüllen. Das verlangt extreme Opfer. Jedem Soldaten muss das in Fleisch und Blut übergehen. Unsere persönliche Meinung hat dahinter zurückzustehen, ich würde sogar sagen, sie darf gar keinen Platz haben."