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Vor dem Referendum in der Türkei
Polarisierung in den sozialen Netzwerken

Im Hinblick auf das Verfassungsreferendum in der Türkei wird in den sozialen Netzwerken heftig diskutiert. Hier zeige sich die starke Polarisierung der türkischen Gesellschaft, meint die Deutsche Welle-Journalistin Basak Özay.

    Ein Türke steht am 27.03.2017 in München (Bayern) in einem Wahllokal in der Wahlkabine.
    Bis Sonntag konnten türkische Bürger in Deutschland am türkischen Verfassungsreferendum teilnehmen. Im Netz geht die Diskussion weiter. (dpa / Peter Kneffel)
    Am Wochenende haben die Wahllokale in Deutschland wieder geschlossen, in denen Menschen mit türkischer Staatsbürgerschaft über die Einführung eines neuen Präsidialsystems mit weitgehenden Vollmachten für den Präsidenten abstimmen konnten. In der Türkei selbst findet das Referendum ja erst am Sonntag statt und dementsprechend heftig geht der Streit um evet/ja oder hayir/nein im Netz noch weiter.
    Starke Polarisierung und Trolle im Netz
    In den sozialen Medien gehe es allerdings weniger um das Referendum selbst, sondern um die Zukunft und Existenz der türkischen Demokratie im eigentlichen Sinne, meint Basak Özay von der Deutschen Welle in Bonn. Die türkische Gesellschaft sei stark polarisiert - auch in den sozialen Medien.
    "Das hayir/nein-Lager versucht mit allen Mitteln, auf die Gefahren der Verfassungsänderung hinzuweisen. Für das evet/ja-Lager geht es hingegen eher um Erdoğan als Person und um die vermeintliche Stärke der Türkei. Daneben gibt es aber auch Trolle, die versuchen Andersdenkende in den sozialen Medien einzuschüchtern und die das Klima in den sozialen Medien vergiften."
    Hinter den Trollen, also denjenigen Nutzern, die eine konstruktive Diskussion im Netz stören, vermutet Özay auch Pro-Regierungs-Kräfte. Ihre Argumentation weise auf einen organisierten Hintergund hin.
    Die deutsch-türkische Community direkt erreichen
    Vor allem die konservativen Deutschtürken seien der Meinung, dass die deutschen Medien gelenkt werden und nicht neutral über die Türkei berichten, glaubt Özay. Daher würden sich die konservativen Wähler vor allem über die türkischen Nachrichten und über die sozialen Medien informieren.
    Auch der Politikwissenschaftler und Journalist Ismail Küpeli schätzt die Twitter- und Facebook-Profile im Wahlkampf als sehr wichtig ein, weil darüber eine sehr große Öffentlichkeit erreicht werde, vorbei an den nicht als glaubwürdig erachteten deutschen Medien.