Es ist ein dringender Appell, mit dem sich in New York City Künstler zu Wort melden. Alle wirken im Musical "Hamilton" mit - über einen der Gründerväter der Vereinigten Staaten: Alexander Hamilton, konservativer Staatsmann, Zeitgenosse von George Washington und James Madison. Über die sozialen Medien beklagen die Musiker in ihrem Video die geringe Wahlbeteiligung bei den letzten Zwischenwahlen vor vier Jahren. Als kaum mehr als jeder Dritte US-Bürger von seinem Wahlrecht Gebrauch machte.
"Zeig jedem, wofür Du bist - oder wogegen. Und bring' mit Deiner Stimme die Demokratie in Amerika wieder auf die Spur!" Was die Künstler in New York fordern, könnte tatsächlich in Erfüllung gehen: Einiges deutet darauf hin, dass dieses Mal wesentlich mehr Amerikaner an der Wahl teilnehmen als bei den letzten Zwischenwahlen. In Texas etwa haben jetzt schon mehr Wähler die Möglichkeit genutzt, vorzeitig ihre Stimme abzugeben, als vor vier Jahren insgesamt gewählt haben.
Das ist für Republikaner wie für Demokraten wichtig. Denn über Sieg oder Niederlage entscheidet bei dieser Wahl in allererster Linie, welchem der beiden Lager es besser gelingt, die eigenen Anhänger an die Urne zu bringen. Mit Kundgebungen in einer ganzen Reihe von Bundesstaaten zielt Donald Trump bis zur letzten Minute darauf, für die Republikaner seine treuesten Anhänger zu mobilisieren, ganz wie vor zwei Jahren. Die Demokraten dagegen setzten vor allem auf Erstwähler, auf Frauen mit einem höheren Bildungsabschluss, auf Afroamerikaner, Latinos, Asiaten. Geht die Rechnung auf, können die Demokraten mit einem Erfolg rechnen, vielleicht sogar mit einer Sensation. Scheitern sie, droht ein weiteres Desaster.
Die Republikaner stehen unter Druck
"Die blaue Welle" - Eine magische Zahl für einen Wahlerfolg der Demokraten ist die 23. So viele Mandate müssen sie den Republikanern abnehmen, um die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurück zu erobern. 23 von insgesamt 435 Wahlkreisen - das klingt machbar. Zumal in vielen Bezirken Amtsinhaber der Republikaner unter Druck stehen.
Doch sicher ist das nicht. Zwar wollen landesweit mehr Amerikaner die Demokraten in dieser Kammer an der Macht sehen als die Republikaner. Doch über Sieg oder Niederlage wird im jeweiligen Wahlkreis entschieden. Und dort liegen die Kandidaten oft sehr eng beieinander. Nur 17 Sitze der Republikaner gelten als höchst gefährdet. Das würde nicht reichen. Unter dem Strich aber scheint es wahrscheinlicher, dass die Demokraten mit der blauen Parteifarbe die Mehrheit im Haus erringen - als dass sie es nicht schaffen.
Im Senat droht den Demokraten der Verlust von Sitzen
"Der blaue Tsunami" - Schon mit der Mehrheit im Repräsentantenhaus könnten die Demokraten der Politik von Donald Trump künftig Grenzen setzen. Ohne ihre Zustimmung könnte der Präsident kein einziges Gesetz mehr durch den Kongress bekommen. Noch empfindlicher wäre Trumps Machtverlust bei einem blauen Tsunami - wenn also die Demokraten nicht nur das Repräsentantenhaus zurück gewinnen, sondern auch den Senat. Dort haben die Republikaner nur eine hauchdünne Mehrheit. Doch die Chancen der Demokraten stehen im Senat ungleich schlechter. Viele ihrer Amtsinhaber müssen um ihre Wiederwahl zittern. Kandidaten der Republikaner dagegen könnten sogar zusätzliche Sitze in der zweiten Kammer erobern.
Auch dieser Ausgang ist möglich: Die Republikaner behalten die Mehrheit sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat. Für die Demokraten wäre es nach der Niederlage von Hillary Clinton eine weitere Schmach. Donald Trump dagegen wäre massiv gestärkt und der mächtigste Präsident seit langem – mit der Kontrolle über das Weiße Haus, den Kongress und den Obersten Gerichtshof.
Den Demokraten droht hilflose die Zuschauerrolle
"Die rote Wand" - Die Demokraten könnten nur zornig aber hilflos zusehen, wie Trump noch viel mehr seiner Ankündigungen wahrmacht - weitere Steuersenkungen etwa – oder ein zweiter Anlauf, um Obamas Gesundheitsreform endgültig aus den Angeln zu heben.
Blaue Welle, blauer Tsunami oder doch die rote Wand - die Künstler aus New York haben recht: Was die Wahl bringen wird, kann nur beeinflussen, wer auch wählen geht.