Zu Beginn erst einmal was Nettes: Wenn Bundeskanzlerin Merkel morgen in Chinas Hauptstadt Peking landet, geht es gleich weiter zur Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Dort erhält Merkel die Ehrendoktorwürde der Universität Nanjing. Am Montag finden dann zum vierten Mal die deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen statt, mit sechs Ministern und fünf Staatssekretären aus Deutschland. Ein Treffen mit Bedeutung, sagt Yan Jin, Professorin für internationale Politik an der Renmin Universität in Peking.
"China hat mit Deutschland die ersten Regierungs-Konsultationen überhaupt etabliert. China hat das bislang mit keinem anderen Land gemacht. Diese systematischen und regelmäßigen Konsultationen zeigen, wie speziell die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und China sind. Sie spielen eine Schlüssel-Rolle."
Rechtssicherheit, Internet-Beschränkung, Diebstahl geistigen Eigentums
Aber auch wenn die deutsch-chinesischen Beziehungen im Allgemeinen als freundschaftlich und stabil gelten – die Konflikte nehmen zu.
Das fängt beim Thema Wirtschaft an: Deutsche Unternehmen beklagen sich massiv über unfaire Wettbewerbsbedingungen in China. Erst Anfang der Woche hat eine Studie der Europäischen Handelskammer in Peking festgestellt, dass die Unzufriedenheit unter ausländischen Unternehmen in China so groß ist wie noch nie. Die Klagen: fehlende Rechtssicherheit, massive Einschränkungen beim Internet, Diebstahl geistigen Eigentums, administrative Probleme.
Die von der Kommunistischen Partei versprochenen wirtschaftlichen Reformen lassen auf sich warten, kritisiert Jörg Wuttke, Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking.
"Sie reden über Marktwirtschaft, sagen Marktwirtschaftskräfte werden sich entwickeln, gerade 2013 das gute Papier aus der Partei. Aber wir sehen im Grunde genommen wenig Entwicklung. Das ist einfach die Tragik an der ganzen Diskussion. Noch zu viel Lokalpatriotismus, noch zu viel Abschottung der Märkte. Wir sehen momentan auch keine große Änderung."
Was man momentan sehen kann, sind chinesische Investoren auf Shopping-Tour in Europa. Vor allem in Deutschland. Ob der Flughafen Frankfurt-Hahn, der Roboterhersteller Kuka oder der Autozulieferer Kiekert. Fast wöchentlich gibt es neue Übernahmen, die Liste wird immer länger. Und das wird so weiter gehen, sagt Kammer-Präsident Wuttke.
Deutsche Seite befürchtet Eingriffe in die alltägliche Arbeit
"Die Chinesen werden jetzt definitiv stärker in Europa investieren. Und da muss im Grunde die Politik auch der Bevölkerung erklären, inwieweit sie das im Griff hat. Wir haben auf der einen Seite Privatunternehmen aus China, die genuin Jobs bringen nach Europa, die Geld bringen, die europäische Firmen dann anbinden an den chinesischen Markt. Und das soll auch so bleiben, es sollte kein Protektionismus kommen.
Und dann haben wir die staatseigenen Betriebe, die jetzt mit einem Blueprint der Regierung einkaufen gehen – und dann unseren Standort infrage stellen." Auf die Skepsis der deutschen Politik hat China bereits geantwortet: Solche Übernahmen sollten nicht politisiert werden, hieß es aus dem Außenministerium kurz und knapp.
Ein anderes Konfliktfeld: China möchte von der EU als Marktwirtschaft anerkannt werden – und erwartet dabei Unterstützung aus Deutschland, sagt Politikwissenschaftlerin Yan Jin von der Renmin Universität in Peking.
"Um Chinas Marktwirtschaftsstatus hat es bereits viel Diskussion gegeben. China erwartet, dass Deutschland sich innerhalb der EU stärker für China einsetzt. Wir hoffen, dass sich alle an die Vereinbarungen halten, die mit Chinas WTO-Eintritt getroffen wurden. Es ist uns aber auch klar, dass es hier unterschiedliche Haltungen zwischen China und Europa bzw. Deutschland gibt."
Unterschiedliche Haltungen zwischen China und Deutschland gibt es auch beim Thema Nichtregierungsorganisationen. China hat vor Kurzem ein Gesetz verabschiedet, das die rund 7000 ausländischen NGOs im Land zum Gegenstand nationaler Sicherheit macht. Danach stehen sie unter direkter Aufsicht des Ministeriums für Nationale Sicherheit. Die deutsche Seite befürchtet Eingriffe in die alltägliche Arbeit der Organisationen – bis hin zu der Befürchtung, dass manche aufgrund des neuen Gesetzes China verlassen müssen. Auch da gibt es ausreichend Gesprächsbedarf.