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Vor den Wahlen
Die NATO bleibt in Afghanistan - vorerst

In Afghanistan wird wieder ein neuer Präsident gewählt. Die Lage im Land ist aber weiter von Unsicherheit geprägt. Die Hoffnungen auf ein Friedensabkommen mit den radikalislamischen Taliban haben sich nicht erfüllt. Für die NATO-Truppen bedeutet das, sie bleiben vorerst.

Von Bettina Klein |
Amerikanische Soldaten schauen aus einem Helikopter auf Afghanistans Hauptstadt Kabul herunter
Amerikanische Soldaten schauen aus einem Helikopter auf Afghanistans Hauptstadt Kabul herunter (Getty Images/Andrew Renneisen)
Bis vor zwei Wochen war die Hoffnung noch groß. Näher einem Friedensabkommen, als je zuvor, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg Anfang August. Näher dran, aber eben noch nicht da. Die NATO - kein Verhandlungspartner bei den Gesprächen mit den Taliban. Das Bündnis wurde jedoch regelmäßig vom US-Sonderbeauftragten Khalizad darüber informiert. Neben dem Anti-Terroreinsatz der USA ist die NATO mit der Mission "Resolute Support" in Afghanistan anwesend. Ein Einsatz zur Ausbildung, zur Hilfe und zum Training der afghanischen Sicherheitskräfte.
Gemeinsam rein, gemeinsam raus und auch Entscheidungen über die Zukunft werden gemeinsam getroffen, so das Credo im Bündnis. Von den etwa 14.000 US Soldaten in Afghanistan sind mehr als die Hälfte direkt am NATO-Einsatz beteiligt. Von ihrer Präsenz und ihren Fähigkeiten hängt mehr oder weniger die Mission "Resolute Support" ab, an der die Bundeswehr mit etwa 1.300 Kräften beteiligt ist. Deutschland, wie gehabt, der zweitgrößte Truppensteller nach den USA. Sehr dankbar für den deutschen Beitrag zeigt sich der NATO-Botschafter in Afghanistan, Nicholas Kay.
Planungen für einen Truppenrückzug liegen auf Eis
Im Zuge der Friedensgespräche war den Taliban ein stufenweiser Abbau der Truppen versprochen worden. Ein ausdrückliches Ziel des amerikanischen Präsidenten. Ein Rückzug der USA würde ab einer bestimmten Größenordnung den ganzen Einsatz infrage stellen. Evakuierung oder Luftunterstützung in gefährlichen Situationen sind ohne die USA nicht zu gewährleisten. Doch mit dem vorläufigen Ende der Friedensgespräche liegen auch die Planungen für einen Truppenrückzug zunächst auf Eis.
Nichts ist klar bis nach den Wahlen am Samstag, sagt Botschafter Nicholas Kay, der höchste zivile Repräsentant der NATO in Afghanistan. Er hoffe dass die Wiederaufnahme oder ein Neubeginn der Gespräche ganz oben auf der Tagesordnung stehen, wer immer als Präsident gewählt oder wiedergewählt wird. Dass die Taliban sich überhaupt auf Gespräche eingelassen haben, für den NATO-Botschafter auch ein Ergebnis der Mission "Resolute Support".
"Sie wissen, dass sie militärisch nicht gewinnen werden. Nach mehr als einem Jahrzehnt der Unterstützung sind afghanisches Militär und Polizei zunehmend gestärkt."
Früherer US-Abzug nicht ausgeschlossen
Die NATO-Mission geht nun also erst mal unverändert weiter in Afghanistan, damit das Land niemals mehr ein sicherer Hafen für Terroristen sein kann, wie es offiziell zur Begründung heißt. Wenn die Bedingungen erfüllt sind, wenn kein Risiko mehr besteht, dass Terroristen zurückkehren - dann werden wir gehen, so Kay. "Wir sind nicht in Eile, aber wir werden nicht für immer da sein."
Gefragt nach den Sorgen, die USA könnten mit Blick auf ihre eigenen Präsidentschaftswahlen zu früh abziehen wollen, sagt Botschafter Nicholas Kay, das sei eine Entscheidung der USA, nicht der NATO. Auch wenn die Abstimmungen bisher zur Zufriedenheit verliefen: Die Sorge, dies könnte sich noch ändern, ist nicht gänzlich verschwunden - angesichts der fortdauernden Sprunghaftigkeit in den Entscheidungen des amerikanischen Präsidenten. Sollte der sich einseitig zu einem Truppenabzug entschließen, noch bevor ein Friedensabkommen erreicht ist, wäre das nicht nur misslich für Afghanistan, heißt es im Bündnis. Sondern auch ein schlechtes Zeichen für die NATO.