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Vor der Landtagswahl in Bayern
Kein Platz für Landespolitik bei der AfD

Die AfD setzt auch bei der Landtagswahl in Bayern weniger auf Landespolitik, dafür umso mehr auf ihre Kernthemen Migration und innere Sicherheit. Im Wahlkampf hat die AfD den Ton noch etwas verschärft - wohl auch als Antwort auf die Versuche aus der CSU, die Partei rechts zu überholen.

Von Jörg Münchenberg |
    Martin Sichert, AfD-Landesvorsitzender Bayern auf dem Bundesparteitag am 01.07.2018 in Augsburg / M E S S E A U G S B U R G / Deutschland. | Sven Simon / picture alliance | Verwendung weltweit
    Der Landesvorsitzende der AfD in Bayern, Martin Sichert, fordert unter anderem "islamfreie Schulen" (Sven Simon / picture alliance)
    "Der Gedanke, der uns alle verbindet: Wir haben kein Bock auf die AfD und andere Nazis hier in unserer Stadt."
    Ein paar Hundert Demonstranten haben sich bei strahlendem Sonnenschein auf dem Platz vor der Nürnberger Meistersingerhalle eingefunden. Es gibt Reden und Musik, während ein paar Meter weiter ein Spalier aus Polizisten die Wahlkampfveranstaltung der AfD absichert.
    Längst hat die AfD das einstige Markenzeichen der CSU, den Defiliermarsch, Bayerns heimliche Nationalhymne, für sich in Beschlag genommen. Einmarsch der Kandidaten für den Bezirk Nürnberg, gut 500 Sympathisanten und Interessierte sind der Einladung gefolgt, die Halle mehr als zur Hälfte gefüllt:
    "Ich stelle Ihnen jetzt unsere Landtags- und Bezirksamtskandidaten der Reihe nach vor. Für den Bereich Nürnberg Nord, Herr Dr. Wolfgang Dörner, ..."
    Landesthemen spielen keine Rolle
    Doch bayerische Landesthemen spielen erst mal keine Rolle - stattdessen nimmt Dörner, 57 Jahre alt und promovierter Chemiker, erst einmal die Bundespolitik ins Visier - genauer das politische Hickhack um den früheren Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen und die Angriffe gegen Ausländer in Chemnitz:
    "Selbst die Kanzlerin setzt sich in Widerspruch zur sächsischen Polizei, zur Bundespolizei, die übereinstimmend bekunden: keine Hetzjagden, keine Pogrome. Und schmeißt dafür gleich den Verfassungsschutzpräsidenten raus - weil der sie auf die Wahrheit hingewiesen hat. Ein unmöglicher Zustand in Deutschland".
    Umstrittenes Plakat für "islamfreie Schulen"
    Damit sind Ton und Thema gesetzt. Zumal sich die AfD auch beim bayerischen Landtagswahlkampf fast ausschließlich auf einen Themenkomplex konzentriert hat: Migrationspolitik und innere Sicherheit. "Geld für Rentner anstatt für illegale Migranten", steht etwa auf einem Plakat. Oder das umstrittene Foto, das ein blondes Mädchen im Schulflur zeigt, den Arm triumphierend nach oben gestreckt - verbunden mit der Forderung: "Islamfreie Schulen". Kritiker sehen eine Parallele zur Nazi-Diktion "Judenfrei" - Martin Sichert, Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender der AFD-Bayern, kann dagegen nichts Verstörendes entdecken:
    "Dieses Plakat 'Islamfreie Schulen' ist ein wunderbares Plakat. Sie sehen dort drauf glückliche junge Menschen, von denen sie nicht unterscheiden können, wer der Muslim ist. Weil nach unserer Vorstellung keiner von ihren Eltern gezwungen werden kann, im Schulunterricht ein Kopftuch zu tragen."
    Zweitstärkste Partei in Bayern bei der Bundestagswahl
    Und die Botschaft verfängt durchaus - bei den Bundestagswahlen 2017 erzielte die AfD mit 12,4 Prozent in Bayern das beste Ergebnis in Westdeutschland. Jetzt liege aber die Messlatte deutlich höher, betont der bayerische AfD-Vorsitzende:
    "Wir wollen tatsächlich zweitstärkste Kraft in Bayern werden, dass ist das erklärte Ziel."
    Und lange Zeit sah es ausgesprochen gut aus. Dauerzwist in der Union, der verzweifelte Versuch des amtierenden Ministerpräsidenten Markus Söder, die AfD rechts zu überholen. Das alles hat der CSU laut Umfragen enorm geschadet - eine Steilvorlage deshalb auch für den AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen bei seinem umjubelten Auftritt in der Meistersingerhalle:
    "Die CSU steht für alles und jedes und nichts - und zugleich auch immer für das Gegenteil davon. Sie ist restlos beliebig. Sie ist restlos opportunistisch. Glauben sie dieser Partei kein Wort."
    Grüne als Feindbild in Bayern
    Die Polemik kommt an im durchaus gemischten Publikum. Paare in den Vierzigern und Fünzigern, Rentner, aber auch junge Leute jubeln Meuthen zu. Und doch kann die AfD laut Umfragen vom Wählerfrust nicht so stark profitieren wie erhofft. Im Gegensatz zu den Grünen, die Meuthen deshalb auch in Nürnberg frontal attackiert.
    "Die Grünen werden auch hier in Bayern als Alternative zur CSU aufgebaut. Und genau das Spielchen spielen die. Die spielen neuerdings auf der 'Heimatklaviatur'. Sie sind die Speersitze und Avantgarde des selbstzerstörerischen Multikulti-Feldzugs, der unsere Heimat, unsere Identität und unsere Kultur zerstört. Die Grünen sind die sogar allerübelsten Katalysatoren des Zerfalls Deutschlands."
    Doch die Begeisterung der Anhänger kann nicht darüber hinwegtäuschen: Die AfD hat sich für Bayern viel mehr ausgerechnet. Und so hoffen die Verantwortlichen auf die Fehleranfälligkeit der Prognosen - oder aber geben sich zumindest nach außen hin, wie der Direktkandidat für den Wahlkreis Nürnberger Land, Ralph Müller, völlig unbeeindruckt:
    "Ich sehe für uns ein Potenzial von mindestens 20 Prozent. Und in der Folgezeit werden wir mit Sicherheit schon in den nächsten Jahren die stärkste Partei in diesem Land Bayern. Und dann werden wir das Land wieder auf den rechten Weg bringen".