Eine Diskussions-Veranstaltung im Münchner Westen. Auf dem Podium: Michael Piazolo, Direktkandidat der Freien Wähler. Der 58-Jährige hat hier seinen Wahlkreis.
"Obersendling ist ein Gewerbeviertel mit viel Wohnbebauung und viel Nachverdichtung. Und das führt zu Beschwerden."
Piazolo ist gegen Nachverdichtung. Er ist auch gegen Straßenausbau-Beiträge, denn die Klientel der Freien Wähler lebt eher auf dem Land, im eigenen Häuschen. Piazolo hat es in München schwer. Aber er nimmt es leicht:
"Doch, wird immer besser. Geht aufwärts. Das liegt natürlich auch daran, dass wir eine ganze Reihe von Initiativen gestartet haben, die für die Großstädte gut sind."
Studenten freuen sich über Piazolos Interesse
Vor allem für Studenten. Piazolo ist der Hochschul-Experte seiner Partei und sucht sich viele Wahlkampf-Termine mit Hochschülern. Wie an diesem Abend in einem Studenten-Wohnheim. Vor der Diskussionsrunde lässt sich Piazolo das Wohnheim von den Studenten zeigen und stellt viele Fragen.
"Gibt’s schon Überlegungen, sowas auch an anderen Orten zu machen?"
Die jungen Leute freuen sich über Piazolos Interesse. Sie kennen den Professor für europäische Studien an der Hochschule München. Das ist der, der die Studiengebühren abgeschafft hat, sagt einer bewundernd. Tatsächlich startete Piazolo 2013 ein Volksbegehren gegen Studiengebühren. Horst Seehofer gab damals nach und tat so, als sei die Idee von ihm gewesen. Piazolo lacht: die CSU kopiere gern mal Ideen der Freien Wähler.
"Das find‘ ich auch gar nicht so schlimm. Hauptsache, es geschieht was. Aber noch besser ist es natürlich, wenn wir die Dinge selber gestalten können."
Oft muss Piazolo die Koaltionsfrage beantworten
Und es sieht gut aus für die Freien Wähler. In den Umfragen liegen sie stabil bei über zehn Prozent. Piazolo muss am Wahlkampfstand häufig die Koalitionsfrage beantworten:
"Und was viele sagen, ist, dass sie glauben, dass die CSU ein Korrektiv braucht. Dass man sie nicht wie in den letzten Jahren alleine vor sich hinwurschteln lässt. Und da gibt's schon viele an unseren Infoständen, die sagen: Wäre gut, wenn die Freien Wähler mit dabei wären."
Und die sind nicht abgeneigt. Beide Parteien denken in vielen Politikfeldern ähnlich konservativ. Viele Christsoziale bezeichnen die Freien Wähler als Fleisch vom Fleische der CSU. Böse Zungen stellen die Formel auf: CSU gleich Freie Wähler plus Freibier. Piazolo lächelt milde:
"Das ist ein hübscher Satz. Wobei ich glaube, dass wir gerade in der heutigen Zeit so viele Steuereinnahmen haben, dass wir die auch vernünftig ausgeben sollten."
Parteichef Aiwanger eher ein Haudrauf
Während Professor Michael Piazolo stets höflich bleibt, ist sein Parteichef eher der Haudrauf aus der Provinz. Landwirt Hubert Aiwanger poltert oft und gern gegen die CSU:
"Söder ist größenwahnsinnig unterwegs, den müssen wir auf den Boden der Tatsachen zurückholen."
Solche Sätze wird man vom feingeistigen Piazolo nie hören. Viele können sich den großgewachsenen Wissenschaftler gar als Wissenschaftsminister vorstellen. Er sich auch? "Ja, ich mache jetzte zehn Jahre Bildungspolitik und da bleibt es nicht aus, dass der Name dem einen oder anderen vielleicht im Gedächtnis bleibt."
Das Problem der Freien Wähler: Wenn die CSU tatsächlich nur 35 Prozent erreichen, könnte es knapp werden mit einer schwarz-orangenen Koalition.