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Vor der Münchner Sicherheitskonferenz
Europa und die Debatte um eine neue Ostpolitik

Zum Start der Münchener Sicherheitskonferenz ist die Sicherheitslage in Europa so instabil wie lange nicht. Viele befürchten ein Wettrüsten auf europäischem Boden als Reaktion auf Russland. Eine neue Ostpolitik könnte anknüpfen an Konzepte aus der Zeit des Kalten Krieges. Doch sind diese heute noch anwendbar?

Von Thomas Franke |
    Europaflagge und Flagge der Russischen Föderation wehen vor grauem Himmel im Wind.
    Wie reagieren auf Russland? Nach Jahren relativer Sicherheit kehrt die Furcht vor einem Wettrüsten nach Europa zurück (imago / Marius Schwarz)
    Alljährlich veröffentlicht die Münchner Sicherheitskonferenz kurz vor ihrem Start einen Bericht zum Thema Sicherheit, den "Munich Security Report". Darin ist unter anderem das Bedrohungsempfinden in verschiedenen Teilen der Welt dargestellt. Deutschland fällt durch ein vergleichsweise hohes Vertrauen in Russland auf. Etwa jeder zweite befragte Deutsche sieht die USA, aber nur jeder dritte sieht Russland als eine große Bedrohung. 35 Prozent der Deutschen trauen Russlands Präsident Wladimir Putin sogar zu, weltweite Probleme zu lösen. Wolfgang Ischinger, der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, erklärt diesen spezifisch deutschen Vertrauensvorschuss so:
    "Wir haben mit Russland, anders als beispielsweise mit China, als deutsche Bevölkerung ein emotionales Verhältnis, das vielschichtige Gründe hat. Man kann in die Geschichte des Zweiten Weltkriegs zurückgehen, und das deutsche Schuldgefühl. Man kann aber auch etwas in die jüngere Geschichte gehen und das Gefühl der enormen Dankbarkeit identifizieren, als die sowjetische Führung sich der deutschen Wiedervereinigung nicht entgegen stellte, sondern sie zumindest ermöglichte."
    Die SPD fährt bis heute nach Moskau
    Unter anderem diese Emotionen sorgen in Deutschland für zum Teil heftige Diskussionen darüber, wie mit Russland umzugehen ist. Gerade in sozialdemokratischen Kreisen wird regelmäßig die Ostpolitik Willy Brandts ins Feld geführt. Der frühere SPD-Bundeskanzler betrieb ab 1969 eine Annäherung der Bundesrepublik Deutschland an die Staaten des von der Sowjetunion dominierten "Warschauer Pakts". Die Entspannungspolitik mündete unter anderem in die KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975. 35 Staaten, europäische, die Sowjetunion, die USA und Kanada, bekannten sich mit ihrer Unterschrift dazu, Grenzen anzuerkennen, auf Gewalt zu verzichten, Menschenrechte zu achten. Brandt erhielt für seine Entspannungspolitik den Friedensnobelpreis.
    Treffen des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt mit dem Generalsekretär der KPdSU Leonid Breschnew in Oreanda auf der Krim im 16.–18. September 1971.
    Annäherung an den Warschauer Pakt: Brandt besucht Breschnew, der zeigt ihm die Krim (picture alliance / akg-Images)
    Es sind Sozialdemokraten, die bis heute immer wieder nach Moskau fahren oder fuhren, wie zum Beispiel der mittlerweile verstorbene Egon Bahr. Er gilt als "Architekt der Ostpolitik", wurde 1969 von Brandt zu Verhandlungen nach Moskau entsandt. 2015 hielt Bahr seine letzte große Rede in Moskau:
    "Europa durchlebt die schwerste Krise seit dem Ende des Ost-West-Konflikts. Sie ist mit der Zukunft der Ukraine verbunden. Wie sie zu lösen wäre, erinnert an das Jahr 1969, als der erste Versuch einer deutschen Ostpolitik begann, erstarrte Fronten aufzulösen. Ist das heute wiederholbar? Damals wie jetzt liegt die Hauptverantwortung in Washington und Moskau. Die Erhaltung des Status quo hieß damals: Berlin, Deutschland und Europa wären keinen Krieg wert. Das gilt heute für die Ukraine und die Krim. In beiden Fällen sind die geostrategischen Fragen wichtiger, die ihr politisches Zusammenwirken verlangen."
    Bahr sprach in Moskau vor russischen Fernsehkameras. Im Publikum saßen deutsche Wirtschaftsvertreter und Politiker verschiedener Parteien. Egon Bahr erntete Applaus für seinen Vorschlag, die Sanktionen wieder aufzuheben.
    "Wir wollen wie damals eine festgefahrene Situation ändern. Ja, das sind Vorleistungen. Sie erinnern an das Wort von Brandt: ‚Manchmal muss man sein Herz am Anfang über die Hürde werfen. ‘ Das war damals schwerer als heute."
    Osteuropäer fühlen sich von Russland bedroht
    Der Pole Janusz Reiter war Botschafter Polens in Deutschland und in den USA. Er verurteilt jeden Versuch, die damalige Ostpolitik heute wiederzubeleben.
    "Wenn man die Ostpolitik weitgehend mit der Entspannungspolitik gleichsetzt, dann ist das ein Begriff, den man sinnvoll nur verwenden kann für die Politik der 70er-Jahre, zum Teil der 80er-Jahre. Das ist Vergangenheit. Dieses Europa und diese geteilte Welt mit Ost und West, gibt es heute nicht mehr. Das heißt, mit diesem politischem Konzept kann man heute kein Problem in der Welt lösen."
    Bundesaußenminister Heiko Maas, SPD, versucht, die sozialdemokratische Russlandpolitik auszuweiten. Er spricht von einer "neuen europäischen Ostpolitik." Maas betont weiterhin den Dialog mit Russland, fordert aber, osteuropäische Interessen dabei stärker zu berücksichtigen. Es gehe darum, mit Russland ‚im Interesse aller europäischen Staaten zu kooperieren – und nicht nur mit denen, die sich die Russen herausgesucht haben‘, so der Außenminister in mehreren außenpolitischen Grundsatzreden. Deutschland müsse lernen, ‚Europa stärker durch die Augen der anderen Europäer zu sehen‘. Die Osteuropäer, vor allem die Balten, fühlen sich von Russland bedroht. Der Lette Ivars Ijabs ist Politologe und Kandidat der Liberalen bei der diesjährigen Europawahl. Ijabs begrüßt den Vorstoß des Bundesaußenministers, allerdings sei in Lettland bisher nicht viel von einer neuen deutschen Russlandpolitik angekommen.
    "Wir sollten irgendwie langsam aber trotzdem unsere Empfindlichkeiten, was Russland betrifft, anzunähern zu versuchen. In Deutschland und besonders in den sozialdemokratischen Zirkeln, das war eher als ein großer potenzieller Wirtschaftspartner, der irgendwie auch Deutschland helfen sollte von den USA etwas mehr unabhängig zu sein. Hier im Baltikum ist das ganz anders."
    Wolfgang Ischinger von der Münchner Sicherheitskonferenz bekräftigt:
    "Ostpolitik war für Deutschland wohl begründet, weil Deutschland ein Problem hatte, nämlich geteilt war. Und deswegen war es richtig und angemessen, dass es eine deutsche Politik gab, die auf Überwindung dieses Problems der deutschen Teilung trachtete. Jetzt im Jahr 2019 gibt es aber kein deutsches Problem mehr. Und deswegen ist es jetzt wichtig, dass wir nicht den Eindruck vermitteln, als wollten wir anknüpfen und bilateral fortführen eine deutsche Politik gegenüber Russland, sondern, die muss aber europäisch definiert werden, die darf nicht mehr deutsch definiert werden."
    Diese Klarstellungen scheinen nötig. In Berlin erörterte im Januar eine Konferenz des Thinktanks Liberale Moderne die Frage "Russland und der Westen - Brauchen wir eine neue Ostpolitik?" Unter den Teilnehmern waren viele Osteuropäer, aus dem Baltikum, aus Polen, auch aus Russland. Und die Skepsis bei ihnen gegenüber allem, was "Ostpolitik" heißt und aus Deutschland kommt, ist groß.
    Blick auf das Rohrende der Ostseepipeline "Nord Stream 2" an der Empfangsstation in Lubmin.
    Zankapfel in der EU: die Ostsee-Erdgaspipeline Nord Stream 2 - ein russisch-deutsches Projekt (picture alliance / Stefan Sauer)
    Vor allem das umstrittene Pipelineprojekt Nord Stream 2, an dem die Bundesregierung trotz hartnäckiger Proteste aus den östlichen EU-Mitgliedsstaaten und zuletzt auch aus Frankreich festhält, vermittelt ihnen den Eindruck eines deutsch-russischen Sonderwegs, zumal Alt-Bundeskanzler Gerhard Schröder, SPD, als Präsident von Nord Stream 2 Lobby für die Pipeline macht. Wladimir Ryschkow ist einer der wenigen Oppositionspolitiker Russlands. Er lässt schon an der Ostpolitik Willy Brandts kein gutes Haar.
    "Die Ostpolitik war ein Sieg der Sowjetunion, denn mit der Helsinki-Schlussakte wurden die Nachkriegsgrenzen anerkannt: Also das Recht Moskaus, die Breschnew-Doktrin, die sowjetischen Regime zu kontrollieren. Die Helsinki Schlussakte ermöglichte es, Ölpipelines, Gaspipelines zu bauen. So kam die Sowjetunion an hunderte Milliarden D-Mark, um die sowjetische Wirtschaft und die sowjetischen Rüstungsindustrie zu stützen. Aus dieser Perspektive war das ein riesiger Sieg Leonid Breschnews, und ein riesiger Sieg der Sowjetunion."
    Ukraine: Ein Fall für eine Ostpolitik 2
    Die Sowjetunion sicherte in der KSZE-Schlussakte auch zu, Menschenrechte zu achten. Auch das gilt gemeinhin als Erfolg der Ostpolitik. Die sowjetische Führung habe diese Selbstverpflichtungen allerdings einfach ignoriert, sagt der russische Oppositionspolitiker Ryschkow.
    "Der KGB hat nach Helsinki die Repressionen gegen die sowjetischen Dissidenten sogar noch verstärkt."
    Ryschkow warnt, eine neue Ostpolitik werde genau wie damals unrechtmäßig geschaffene Grenzen legitimieren, werde der Führung in Moskau ein Recht auf Vorherrschaft in der Nachbarschaft zugestehen.
    "Ich denke, Moskau möchte auch heute eine "Ostpolitik 2". Der Kreml versteht darunter, dass der Westen sich damit einverstanden erklärt, dass Moskau besondere Interessen im postsowjetischen Raum hat und diesen kontrolliert."
    Als im Winter 2013/2014 hunderttausende Ukrainer Demokratie einforderten und ihre korrupte Regierung absetzten, reagierte die russische Regierung unter dem Vorwand, die russischstämmige Bevölkerung in der Ukraine schützen zu müssen. Doch der Krieg, den Russland dann in der Ukraine begann, einte die Bevölkerung. Die Ansicht, das Land sei geteilt, und die Menschen im Osten würden lieber zu Russland gehören als zur Ukraine, ist so heute nicht mehr haltbar, sagt Volodymyr Fesenko, der Direktor des Zentrums für politische Studien in Kiew:
    "Es sind laut soziologischen Umfragen rund 15 Prozent der Bürger der Ukraine, die Putin unterstützen und sehr negativ gegenüber der heutigen ukrainischen Regierung eingestellt sind. Es gibt zwar viele Menschen, die die ukrainische Regierung kritisieren, die Mehrheit sogar, aber dezidiert prorussisch ist nur ein kleiner Teil davon."
    Russische Grenzsoldaten mit Militärfahrzeug an dem 60 Kilometer langen Grenzzaun zwischen der Krim und der Ukraine
    Russische Grenzsoldaten am Grenzzaun zwischen der Krim und der Ukraine (imago / Itar-Tass)
    Während des Kalten Krieges galt, der Frieden in Europa ist wichtiger als die Freiheit eines einzelnen Landes. Wenn Egon Bahr vor vier Jahren in Moskau noch geopolitische Interessen über den Schutz der Grenzen der Ukraine stellte, betont der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Nils Schmid, 2019:
    "Gerade die Ukraine zeigt ja an, dass wir in Europa das Denken in Einflusssphären, was in Moskau in den letzten Jahren hoffähig geworden ist, ablehnen. Und das ist auch der Rubikon, der nicht überschritten werden darf. Wir haben die immer berechtigten Interessen von Staaten, auch Russland hat berechtigte Interessen, aber was wir nicht zulassen dürfen ist, dass quasi die größeren Staaten in Einflusssphären über Europa bestimmen."
    Russlands Außenpolitik: interessengeleitet
    Am rechten und linken Rand in Europa sieht man das allerdings anders. Auch in Deutschland. So hat die AfD kürzlich einen Antrag "für eine neue Russlandpolitik" in den Bundestag eingebracht, Untertitel "Kooperation statt Konfrontation". Sie fordert darin unter anderem, den Jugendaustausch zwischen Deutschland und Russland auszubauen, und schreibt zur Begründung:
    "Fehlende Empathie für russische Interessen hat maßgeblich zu der Eskalation im Ukrainekonflikt beigetragen."
    Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim, die Aggression Russlands in der Ostukraine kommen in dem Antrag der AfD nicht vor.
    Auch die deutsche Linke vertritt, wenn es um Einflusssphären geht, genau das, was die Osteuropäer kritisieren. Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag:
    "Russland macht eine Außenpolitik, die interessengeleitet ist, Punkt. Wie die Vereinigten Staaten, wie China, wie andere Länder. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Ich werbe nur dafür, dass auch, was die Ukraine betrifft, legitime und auch nichtlegitime Interessen Russlands, dass wir die zumindest zur Kenntnis nehmen und versuchen zu beachten."
    Das heiße nicht, Putins Politik anzuerkennen, meint Bartsch.
    "Es gibt nun mal nicht die Möglichkeit für rational denkende Menschen, die Krim zurückzuerobern oder ähnliches. Es geht nur auf dem Wege der Diplomatie."
    Mit Diplomatie sei aber nichts zu erreichen, sagt Marius Laurenavitius vom Institut für politische Analysen in Litauens Hauptstadt Vilnius. Er berät auch die Regierung des Landes.
    "Was die Leute im Westen bis heute nicht verstanden haben ist, dass du deine Ziele nicht mit einem Partner erreichen kannst, der deine Werte und Ziele nicht teilt."
    Die Regierung in Moskau sei kein Partner, mit dem man verhandeln könne.
    "Das aktuelle Regime ist ein Mafiaregime. Es ist ein Feind."
    Und deswegen sieht der Litauer alle Ansätze, die wie die Ostpolitik auf Entspannung setzen, mit Skepsis. Doch welche Alternativen gibt es? Der Sozialdemokrat Nils Schmid:
    "Wir müssen nur zur Kenntnis nehmen, dass spätestens seit 2014 die russische Politik wesentlich mehr verhärtet ist nach innen, was die Repressionen anbelangt, und auch viel stärker auf äußere Stärke ausgerichtet ist. Und dass deshalb wir bei allen Bemühungen um Dialog mit Russland, wir in großen Streitfragen, Krimannexion, Krieg im Donbas, keinerlei Fortschritt sehen."
    Vertrauen auf null gesunken
    Bemühungen zum Dialog sind derzeit recht einseitig. Der russische Journalist Konstantin von Eggert [*] fordert deshalb auch, deutsche Politiker sollten aufhören sich mit russischen Duma-Abgeordneten zum Austausch zu treffen, das sei ein "Fake-Austausch", der nichts bringe.
    Präsident Putin telefoniert mit keinem Staats- oder Regierungschef so oft wie mit Angela Merkel. Mehrfach hat Putin sein Wort gebrochen.
    Entspannung setzt aber Vertrauen voraus. Es stellt sich die Frage, ob der russische Präsident überhaupt vertrauenswürdig ist. Der Linken-Politiker Dietmar Bartsch:
    "Ich finde, das ist gar nicht die Frage. Fakt ist, selbst wenn es Widersprüche zu vertrauensbildenden Maßnahmen oder Verletzung von Absprachen gegeben hat, was ist die Alternative? Man muss es wieder versuchen."
    Der Litauer Laurinavitius meint, man müsse nur einmal die Begriffe auswechseln, um zu einer seiner Ansicht nach realistischen Einschätzung zu kommen.
    Wenn jemand in Deutschland vorschlagen würde, "Lass uns einen Dialog mit der Mafia führen", dann wäre wohl die Mehrheit der Deutschen überrascht. Wenn aber das gleiche mit dem russischen Regime vorgeschlagen wird, einem Regime, das Mafia ist, dann applaudiert jeder. Mit wem soll man da Vereinbarungen treffen? Mit Leuten, die in unseren Banken Geld waschen? Mit Leuten, die bei uns Menschen töten? Ein NATO-Staat, Großbritannien, wurde mit chemischen Waffen angegriffen. Und wir wollen immer noch einen Dialog mit denen führen? Für mich klingt das komisch. Es ist immer besser im Vergleich zu verstehen. Wenn etwas wie Salisbury passiert und es wäre nicht Russland gewesen, sondern Terroristen, ich bin 100 Prozent sicher, hätten wir einen neuen Krieg gegen den Terror gehabt. Und heute haben wir nichts."
    Was wird aus Europa nach dem INF-Vertrag?
    Bei der Münchner Sicherheitskonferenz ist ab Freitag Gelegenheit dazu. Mehr als 35 Staats- und Regierungschefs werden erwartet, dazu noch einmal etwa 80 Außen- und Verteidigungsminister. So viele wie noch nie. Themen sind unter anderem neue Perspektiven der Rüstungskontrolle, die Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik, aber auch der Zusammenhang von Handels- und Sicherheitspolitik, Cybersicherheit, Menschenhandel und der Klimawandel. Durch die Kündigung des INF-Vertrages über atomare Mittelstreckenraketen erhält die Frage der Aufrüstung besonderes Gewicht. Die europäische Öffentlichkeit ist in der Frage gespalten. Einige rufen nach einer neuen Friedensbewegung. Andere argumentieren, die Friedens- und Entspannungspolitik der 70er- und 80er-Jahre hätte keinen Erfolg gehabt, wenn nicht gleichzeitig mit der Stationierung der Atomwaffen in Westeuropa Druck aufgebaut und Stärke gegenüber der Sowjetunion demonstriert worden wäre.
    Der polnische Diplomat Janusz Reiter gehört zur zweiten Gruppe, und er ist skeptisch.
    "Der Erfolg der damaligen Entspannungspolitik war nur möglich, weil der Westen stark war. Der Westen heute ohne Amerika, selbst ohne Amerika mit Trump an der Spitze, wird keine Stärke vorweisen können. Ohne die NATO werden wir auch nie zu einer sinnvollen Ostpolitik oder Russlandpolitik kommen. Warum? Weil wir eben als Europäer allein nicht im Stande sind, die Stärke zu schaffen, die wir brauchen, um mit Russland einen sinnvollen Dialog zu führen. Dieser Dialog ist absolut notwendig. Aber die Voraussetzungen für ihn müssen wir erst schaffen."
    Auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow wird an diesem Wochenende in München erwartet. In den vergangenen Jahren sorgten seine Auftritte wiederholt für Unverständnis, für Gelächter gar. Für Wolfgang Ischinger ist klar:
    "Das Vertrauen ist, leider, muss man sagen, auf allen Ebenen gegen null gesunken. Aus vielen Gründen, die mit dem russischen Verhalten zusammenhängen."
    Auch dazu sind Treffen wie die Sicherheitskonferenz wichtig, um vielleicht doch einen Bereich zu finden, in dem Vertrauen wieder aufgebaut werden kann.

    [*] Der Nachname wurde korrigiert.