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Vor der Ungarn-Wahl
Best Friends mit Polen

Abgesehen von ihrer gemeinsamen Vergangenheit im Ostblock haben Polen und Ungarn wenig gemein. Warum also gibt es in Polen eine gefühlte Nähe zu dem Land, das ihm in seinem nationalistischen Kurs seit Jahren als Vorbild dient. Eine Viktor-Orbán-Fan-Reise mit polnischen PiS-Anhängern könnte Aufschluss geben.

Von Jan Pallokat |
    Der Premierminister Polens Mateusz Morawiecki und Ungarns Viktor Orban beim Handschlag im ungarischen Parlament
    Der Premierminister Polens Mateusz Morawiecki und Ungarns Viktor Orbán beim Handschlag im ungarischen Parlament (AFP/Attila Kisbenedek)
    Vor der Abfahrt des Zuges zitieren die polnischen Orbán-Fans noch die in beiden Ländern bekannte Redensart von den Brüderlein, die Ungarn und Polen seien, im Kampfe wie beim Tranke. Dann geht es los nach Budapest - zum ungarischen Nationalfeiertag fahren polnische Nationalisten seit nunmehr sechs Jahren ins gelobte Land der rechtspopulistischen Bewegung, auch Rechtsradikale und Fußball-Schläger schließen sich gern an.
    Ungarn als Wallfahrtsort für polnische Nationalisten
    "Es sind mehrere tausend Polen aus der ganzen Welt angereist, ein sehr wichtiger Besuch. In kürze wird es in Ungarn Parlamentswahlen geben, und wir wollen die Ungarn darin unterstützen, dass Viktor Orbán Premierminister bleibt, denn wir können auf ihn immer zählen, und auch er auf unsere Hilfe."
    Sagt Ryszard Kapuscinski von der rechten Tageszeitung Gazeta Polska, die die alljährliche Wallfahrt polnischer Orbán-Jünger organisiert. Polens PiS-Parteichef Jaroslaw Kaczyński hatte schon 2011prophezeit:
    "Ich bin tief davon überzeugt, dass es auch uns gelingen wird, aus Warschau ein Budapest zu machen."
    Seit 2015 regiert PiS nun tatsächlich Polen allein, und in manchem ähnelt Warschau nun wirklich Budapest: Wie in Ungarn hat PiS aus Polen einen zunehmend autoritär regierten Staat gemacht, die Staatsmedien auf Linie gebracht und unabhängige Institutionen wie Gerichte unter Druck gesetzt. International hat Polen auf diese Weise viele zuvor enge Partner vergrault - umso mehr betont die Regierung in Warschau nun die angeblich unverbrüchliche Freundschaft mit Budapest.
    Geteilte Erfahrungen
    Doch wieviel Substanz hat diese vielbeschworene Völkerfreundschaft? Polen und Ungarn eint zunächst etwas, was in dieser Region eher selten ist: Beide Länder führten nie ernsthaft Krieg gegeneinander. Es gab dynastische Verbindungen - und ähnlich traumatische Erfahrungen von großen Niederlagen in Ungarn wie Polen, betont Krzysztof Varga, ein polnischer Kolumnist mit ungarischen Wurzeln.
    "Das Unglück ist ein Element der nationalen Identität in diesem Teil Europas. Sowohl die Polen als auch die Ungarn lieben das Martyrium. Sie stecken fest in ihrer Geschichte, die sie grundsätzlich interessanter finden als die Zukunft."
    Tatsächlich ist heute die jeweilige politische Rechte der beiden Länder, die zu Trägern einer demonstrativen Völkerfreundschaft wurden. Fußballfans beider Nationen pflegen eine Kampfgenossenschaft; Rechtsrock-Kapellen wie hier "Hungarica" beschwören gern auch im zweisprachigen Duett die ungarische-polnische Waffenbrüderschaft.
    Doch bei genauerem Hinsehen eint Ungarn und Polen dann doch nicht so viel, ganz abgesehen von den völlig unterschiedlichen Sprachen.
    Fundamentale Unterschiede
    Dass die vier östlichen Visegrád-Staaten in der Flüchtlingsfrage an einem Strang ziehen, verdeckt andere, fundamentale Interessenkonflikte auf anderen Feldern, vor allem beim Thema Russland. Denn während Polen hier traditionell hartleibig-feindselig auftritt, hat Orbán keine Berührungsängste mit Putin.
    Orbán, der Pragmatiker und Kaczyński, der Ideologe: Das, sagen auch andere Politologen in Polen, ist eher ein Bündnis auf Zeit als etwas, womit man Europa neu aufstellen kann. Warum aber stellt Orbán überhaupt seine angebliche Treue zu Polen so unübersehbar zur Schau?
    "Für Orbán ist es sehr günstig, was in Polen passiert. Denn Brüssel, Berlin und Paris haben ein Problem mit Polen und vergessen Ungarn. Ungarn erscheint da fast wie ein normales Land: je mehr Wahnsinn in Polen, desto besser für Orbán."