Schon öfters haben die Realitäten am Boden die Pläne der amerikanischen Regierung in Afghanistan durchkreuzt. Jetzt sieht es so aus, als würde die amerikanische Truppenpräsenz in Afghanistan bis weit ins nächste Jahr bei knapp 10.000 Mann bestehen bleiben.
Im Vorfeld des Besuches des afghanischen Präsidenten Ashraf Ghani hieß es aus dem amerikanischen Nationalen Sicherheitsrat, man werde flexibel sein. Ursprünglich sollte die Zahl amerikanischer Soldaten in diesem Jahr um die Hälfte auf 5.500 verringert werden. Jetzt sieht es so aus, als würden deutlich mehr Truppen bis Ende 2016 in Afghanistan bleiben, um die afghanischen Streitkräfte weiter auszubilden und zu unterstützen.
Erst Ende nächsten Jahres soll dann die US-Präsenz auf eine Schutztruppe für die US-Botschaft in Kabul von lediglich 1.000 Mann reduziert werden. Die Modalitäten des amerikanischen Abzugs werden im Mittelpunkt der Gespräche Ashraf Ghanis in Washington, D.C. stehen. Ghani hatte die amerikanische Regierung darum gebeten, den Zeitplan zu verlangsamen. Dies stößt in Washington zusehends auf offene Ohren. Zum einen sind die afghanischen Streitkräfte in ihrem Kampf gegen die Taliban immer noch auf die Hilfe der ISAF-Truppen angewiesen. Zum anderen will man verhindern, dass sich auch in Afghanistan die Terrormiliz IS festsetzt.
Deutlicher besseres Klima seit Ghanis Amtsantritt
Ghani wird heute im Gästehaus Obamas, in Camp David, mit Außenminister Kerry, Verteidigungsminister Carter und Finanzminister Lew zusammentreffen. Dabei soll es unter anderem auch um Wirtschaftshilfe und Korruptionsbekämpfung gehen. Beide Themen hatte Ashraf Ghani in einem Gastbeitrag in der "Washington Post" als zentral für die Stabilität Afghanistans bezeichnet. Morgen ist ein Gespräch mit Obama im Weißen Haus geplant.
Die Beziehungen zwischen Kabul und Washington haben sich deutlich verbessert, seit Ashraf Ghani im Amt ist. Er pflege einen sehr viel kooperativeren Ton als sein Vorgänger, hieß es aus dem Weißen Haus. Ghani hat jahrelang bei der Weltbank gearbeitet, deswegen kennt der den amerikanischen Politikbetrieb und gilt als sehr gut vernetzt.