Dana von Suffrin liest aus und spricht über: „Nochmal von vorne“ (2/2)
„Es wäre natürlich schöner, die Geschichte einer großen Liebe zu erzählen, einer Liebe zwischen einer Deutschen und einem Israeli, zwischen einer Katholikin und einem Juden, die sich gegen alle Widerstände durchgesetzt haben, die händchenhaltend durch die Gedenkstätte in Dachau spaziert sind, die spekuliert haben, ob das erste Kind ihre blauen oder seine schwarzen Augen bekommen würde oder eine Mischung daraus, vielleicht grün oder schlammfarben (so wie ich), aber so war es natürlich nicht, es war ganz anders, es war völlig banal.“ Rosa ist die jüdische Heldin des „Nochmal von vorne“-Romans der Münchnerin Dana von Suffrin. Sie erzählt die dramatische, zugleich äußerste unterhaltsame Geschichte eines Familienverfalls, selbstverständlich ganz anders als Thomas Mann in seinen „Buddenbrooks“. Nach dem Tod von Vater Mordechai, einem der kauzigsten Figuren dieses Bücherfrühlings, macht sich die Tochter ans Ausmisten und Entrümpeln, nicht nur der Wohnung, sondern des gesamten Familienlebens. „Ich sitze schon wieder auf dem hässlichen grünen Sofa im Wohnzimmer meines Vaters und denke: Vom Tod aus betrachtet ist das Leben eine Aneinanderreihung letzter Male.“ Materiell hat Mordechai wenig hinterlassen, stattdessen zahlreiche Geschichten, die jetzt „Nochmal von vorne“ erzählt werden - als Spurensuche nach einem Individuum, durch das die schrecklichsten Momente des 20. Jahrhunderts aber auch die verrücktesten Ideen gegangen sind.
Dana von Suffrin wurde 1985 in München geboren. Studium in München, Neapel und Jerusalem. 2017 Promotion mit einer Arbeit zur Rolle von Wissenschaft und Ideologie im frühen Zionismus. Ihr Romandebüt „Otto“ wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, u.a. mit dem Klaus-Michael-Kühne-Preis (2019), dem Ernst Hoferichter-Preis (2020) und dem Förderpreis des Friedrich-Hölderlin-Preises (2020). Die Autorin lebt in München.