Es war eine Geste, die Vertrautheit signalisierte: Vor laufenden Fernsehkameras trat John Kerry am Dienstagabend bei seinem Besuch in Moskau dicht an Sergej Lawrow heran, legte ihm die Hand auf die Schulter und ließ sie lange dort liegen, während er ihm etwas ins Ohr flüsterte. Das anschließend innige Lächeln beider Außenminister machte die Harmonie perfekt.
Kurz zuvor hatte Lawrow die Pläne Russlands und der USA bekannt gemacht, noch Ende des Monats gemeinsam eine erneute Syrienkonferenz einzuberufen.
"Diese Konferenz haben Russland und die USA vereinbart, um die Vertreter der Regierung und der Opposition in Syrien davon zu überzeugen, gemeinsam zu bestimmen, wie sie das Abschlussdokument der Genfer Konferenz vom 30. Juni 2012 umsetzen können. Wir verpflichten uns, die Möglichkeiten Russlands und der USA zu nutzen, um die Regierung und die Opposition an den Verhandlungstisch zu bringen."
Das Abschlussdokument der Genfer Konferenz vor einem knappen Jahr sah einen sofortigen Waffenstillstand in Syrien vor. Danach sollte eine Übergangsregierung gebildet werden. Darauf hatten sich die fünf UN-Vetomächte und einige Arabische Staaten geeinigt. Bekanntlich wurde daraus nichts. Streit entbrannte damals um die Frage, wie die Übergangsregierung aussehen könnte, konkret, ob der Diktator Assad ihr angehören soll. Vor allem die USA hatten in Genf versucht, Assad sowie hochrangige Mitglieder seiner Regierung von vornherein aus einer Übergangsregierung auszuschließen. Russland verhinderte das damals. Die Russen argumentierten, nur die Syrer selbst könnten entscheiden, wer in einer Übergangsregierung sitze. Und sie schlugen vor, eine neue Konferenz einzuberufen, in Moskau, unter Beteiligung des Iran, der in der Region eine wichtige Rolle spielt. Damals gingen die USA auf den russischen Vorschlag nicht ein.
Lawrow pochte weiter bei jeder Pressekonferenz zu Syrien gebetsmühlenartig darauf, das Abschlussdokument von Genf auch umzusetzen. Der russische Außenminister Ende Dezember beim Besuch des UN-Sondergesandten Brahimi in Moskau.
"Wir stimmen überein, dass es noch eine Chance für eine politische Lösung gibt. Wir müssen sie nutzen. Und zwar auf der Grundlage der Abschlusserklärung der Genfer Konferenz vom 30. Juni. Wir müssen die Gewalt beenden und einen politischen Prozess beginnen, um über einen innersyrischen Dialog eine Übergangsregierung zu bilden. Gemäß der Genfer Abschlusserklärung müssen die Syrer selbst über ihre Zukunft bestimmen, auch über ihr politisches Personal."
Am Dienstag nun haben die USA mit Außenminister John Kerry der russischen Idee offenbar zugestimmt. Die strittigen Punkte ließen die beiden Außenminister dabei – zumindest im öffentlichen Teil ihres Treffens - weg. Der Iran als möglicher Teilnehmer einer Konferenz wurde zum Beispiel nicht erwähnt. Und Lawrow vermied auch den Namen Assad. Auf Nachfrage sagte er:
"Ich unterstreiche, dass es uns nicht um das Schicksal einzelner Personalien geht. Uns geht es um das Schicksal des syrischen Volkes. Und darüber, wie auch über einzelne Personen, müssen die Syrer selbst entscheiden. Das haben wir vor einem Jahr in Genf vereinbart."
Gleichzeitig ließ Lawrow aber durchblicken, auf welcher Seite die Sympathien der russischen Regierung liegen. Er berief sich dabei auf die aus russischer Sicht überwiegende Meinung der Syrer.
"Ein sehr großer Teil der syrischen Bevölkerung hat Angst davor, dass das Regime zusammenbricht. Nicht, weil sie das Regime mögen, nicht, weil ihnen die Katastrophe im Land gefällt. Sondern sie fürchten, dass Syrien, wenn die Regimegegner siegen, von einem multiethnischen, multireligiösen Land, in dem viele Konfessionen und ethnische Gruppen friedlich zusammengelebt haben, zu einem Land wird, in dem Extremisten das Sagen haben."
Nach wie vor herrschen in Russland große Vorbehalte gegen die syrische Opposition. Das zeigt auch die Diskussion über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien und über die Frage, wer sie eingesetzt haben könnte, die Regierung oder die Opposition. Nikolaj Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, sagte Anfang der Woche, die syrische Führung hätte gar keinen Grund, Chemiewaffen einzusetzen, dies wäre "politischer Selbstmord". Und das russische staatlich gelenkte Fernsehen brachte ausführlich die UNO-Ermittlerin Carla del Ponte. Sie hatte gesagt, ihr lägen Hinweise darauf vor, dass die syrische Opposition Nervengas eingesetzt habe.
Dass die Vereinten Nationen die Aussagen del Pontes später relativierten, blieb im russischen Fernsehen unerwähnt. Stattdessen suggerierte der Fernsehbeitrag, konservative Kräfte in den USA würden die Chemiewaffenvorwürfe ohne Beweise forcieren, um Waffenlieferungen an die Opposition zu rechtfertigen. Außenminister Sergej Lawrow betonte bei dem Treffen mit John Kerry, auch Russland sei besorgt wegen der Chemiewaffeneinsätze. Er warnte aber vor vorschnellen Schlüssen.
"Dieses Thema ist sehr kompliziert. Wir müssen hundertprozentig sicher sein, dass wir nicht auf Gerüchte oder Provokationen hereinfallen."
Es müssten Fakten her, dazu würden die Sicherheitsdienste Russlands und der USA künftig enger zusammenarbeiten, so Lawrow. Noch in einem weiteren Punkt herrscht Dissens zwischen Russland und den USA. Es geht um russische Waffenlieferungen nach Syrien. Medienberichten zufolge hatte Israel Mitte der Woche über ein bevorstehendes Waffengeschäft informiert. Demnach will Russland Luftabwehrsysteme nach Syrien liefern. Das Verhältnis Russlands zu Israel in Sachen Syrien ist kühl. Russland hatte auch die Angriffe Israels auf Damaskus verurteilt. US-Außenminister Kerry kritisierte die möglichen Waffenlieferungen. Er wolle dies bei der Syrienkonferenz thematisieren. Die russische Position ist in diesem Punkt allerdings eindeutig. Außenminister Lawrow sagte bereits im Dezember:
"Wir liefern den Syrern keine Waffen, die im Bürgerkrieg genutzt werden könnten. Zu den Verträgen über Verteidigungssysteme, vor allem über die Luftabwehr, gibt es nichts zu sagen. Sie haben aber auch gar nichts mit dem Syrienkonflikt zu tun."
Russische und amerikanische Diplomaten arbeiten nun unter Hochdruck an der Vorbereitung der Syrienkonferenz. Gut möglich, dass es, wenn sie denn zustande kommt, dort mit der russisch-amerikanischen Harmonie bald wieder vorbei ist.
Kurz zuvor hatte Lawrow die Pläne Russlands und der USA bekannt gemacht, noch Ende des Monats gemeinsam eine erneute Syrienkonferenz einzuberufen.
"Diese Konferenz haben Russland und die USA vereinbart, um die Vertreter der Regierung und der Opposition in Syrien davon zu überzeugen, gemeinsam zu bestimmen, wie sie das Abschlussdokument der Genfer Konferenz vom 30. Juni 2012 umsetzen können. Wir verpflichten uns, die Möglichkeiten Russlands und der USA zu nutzen, um die Regierung und die Opposition an den Verhandlungstisch zu bringen."
Das Abschlussdokument der Genfer Konferenz vor einem knappen Jahr sah einen sofortigen Waffenstillstand in Syrien vor. Danach sollte eine Übergangsregierung gebildet werden. Darauf hatten sich die fünf UN-Vetomächte und einige Arabische Staaten geeinigt. Bekanntlich wurde daraus nichts. Streit entbrannte damals um die Frage, wie die Übergangsregierung aussehen könnte, konkret, ob der Diktator Assad ihr angehören soll. Vor allem die USA hatten in Genf versucht, Assad sowie hochrangige Mitglieder seiner Regierung von vornherein aus einer Übergangsregierung auszuschließen. Russland verhinderte das damals. Die Russen argumentierten, nur die Syrer selbst könnten entscheiden, wer in einer Übergangsregierung sitze. Und sie schlugen vor, eine neue Konferenz einzuberufen, in Moskau, unter Beteiligung des Iran, der in der Region eine wichtige Rolle spielt. Damals gingen die USA auf den russischen Vorschlag nicht ein.
Lawrow pochte weiter bei jeder Pressekonferenz zu Syrien gebetsmühlenartig darauf, das Abschlussdokument von Genf auch umzusetzen. Der russische Außenminister Ende Dezember beim Besuch des UN-Sondergesandten Brahimi in Moskau.
"Wir stimmen überein, dass es noch eine Chance für eine politische Lösung gibt. Wir müssen sie nutzen. Und zwar auf der Grundlage der Abschlusserklärung der Genfer Konferenz vom 30. Juni. Wir müssen die Gewalt beenden und einen politischen Prozess beginnen, um über einen innersyrischen Dialog eine Übergangsregierung zu bilden. Gemäß der Genfer Abschlusserklärung müssen die Syrer selbst über ihre Zukunft bestimmen, auch über ihr politisches Personal."
Am Dienstag nun haben die USA mit Außenminister John Kerry der russischen Idee offenbar zugestimmt. Die strittigen Punkte ließen die beiden Außenminister dabei – zumindest im öffentlichen Teil ihres Treffens - weg. Der Iran als möglicher Teilnehmer einer Konferenz wurde zum Beispiel nicht erwähnt. Und Lawrow vermied auch den Namen Assad. Auf Nachfrage sagte er:
"Ich unterstreiche, dass es uns nicht um das Schicksal einzelner Personalien geht. Uns geht es um das Schicksal des syrischen Volkes. Und darüber, wie auch über einzelne Personen, müssen die Syrer selbst entscheiden. Das haben wir vor einem Jahr in Genf vereinbart."
Gleichzeitig ließ Lawrow aber durchblicken, auf welcher Seite die Sympathien der russischen Regierung liegen. Er berief sich dabei auf die aus russischer Sicht überwiegende Meinung der Syrer.
"Ein sehr großer Teil der syrischen Bevölkerung hat Angst davor, dass das Regime zusammenbricht. Nicht, weil sie das Regime mögen, nicht, weil ihnen die Katastrophe im Land gefällt. Sondern sie fürchten, dass Syrien, wenn die Regimegegner siegen, von einem multiethnischen, multireligiösen Land, in dem viele Konfessionen und ethnische Gruppen friedlich zusammengelebt haben, zu einem Land wird, in dem Extremisten das Sagen haben."
Nach wie vor herrschen in Russland große Vorbehalte gegen die syrische Opposition. Das zeigt auch die Diskussion über den möglichen Einsatz von Chemiewaffen in Syrien und über die Frage, wer sie eingesetzt haben könnte, die Regierung oder die Opposition. Nikolaj Patruschew, Sekretär des russischen Sicherheitsrates, sagte Anfang der Woche, die syrische Führung hätte gar keinen Grund, Chemiewaffen einzusetzen, dies wäre "politischer Selbstmord". Und das russische staatlich gelenkte Fernsehen brachte ausführlich die UNO-Ermittlerin Carla del Ponte. Sie hatte gesagt, ihr lägen Hinweise darauf vor, dass die syrische Opposition Nervengas eingesetzt habe.
Dass die Vereinten Nationen die Aussagen del Pontes später relativierten, blieb im russischen Fernsehen unerwähnt. Stattdessen suggerierte der Fernsehbeitrag, konservative Kräfte in den USA würden die Chemiewaffenvorwürfe ohne Beweise forcieren, um Waffenlieferungen an die Opposition zu rechtfertigen. Außenminister Sergej Lawrow betonte bei dem Treffen mit John Kerry, auch Russland sei besorgt wegen der Chemiewaffeneinsätze. Er warnte aber vor vorschnellen Schlüssen.
"Dieses Thema ist sehr kompliziert. Wir müssen hundertprozentig sicher sein, dass wir nicht auf Gerüchte oder Provokationen hereinfallen."
Es müssten Fakten her, dazu würden die Sicherheitsdienste Russlands und der USA künftig enger zusammenarbeiten, so Lawrow. Noch in einem weiteren Punkt herrscht Dissens zwischen Russland und den USA. Es geht um russische Waffenlieferungen nach Syrien. Medienberichten zufolge hatte Israel Mitte der Woche über ein bevorstehendes Waffengeschäft informiert. Demnach will Russland Luftabwehrsysteme nach Syrien liefern. Das Verhältnis Russlands zu Israel in Sachen Syrien ist kühl. Russland hatte auch die Angriffe Israels auf Damaskus verurteilt. US-Außenminister Kerry kritisierte die möglichen Waffenlieferungen. Er wolle dies bei der Syrienkonferenz thematisieren. Die russische Position ist in diesem Punkt allerdings eindeutig. Außenminister Lawrow sagte bereits im Dezember:
"Wir liefern den Syrern keine Waffen, die im Bürgerkrieg genutzt werden könnten. Zu den Verträgen über Verteidigungssysteme, vor allem über die Luftabwehr, gibt es nichts zu sagen. Sie haben aber auch gar nichts mit dem Syrienkonflikt zu tun."
Russische und amerikanische Diplomaten arbeiten nun unter Hochdruck an der Vorbereitung der Syrienkonferenz. Gut möglich, dass es, wenn sie denn zustande kommt, dort mit der russisch-amerikanischen Harmonie bald wieder vorbei ist.