Seynsche: Martin Winkelheide, warum sind Impfstoffe gegen Tuberkulose ein Thema auf einem Aids-Impfstoff-Kongress?
Winkelheide: Es gibt so etwas wie eine unheilige Allianz zwischen der Tuberkulose auf der einen Seite und Aids auf der anderen Seite. Menschen, die mit HIV infiziert sind, sind besonders bedroht von der Tuberkulose. Und die Tuberkulose ist eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit HIV. Das ist das eine große Problem, also das heißt, man muss etwas gegen die Tuberkulose machen und man weiß, mit den Impfstoffen, die man hat, kann man das nicht schaffen. Denn auf der anderen Seite sind auch die Behandlungsoptionen geringer geworden. Gerade im südlichen Afrika mehren sich eben die Fälle, dass die Tuberkulosebakterien unempfindlich sind gegen gängige Behandlungsmuster. Sie sind mehrfach resistent gegen Antibiotika, und das ist ein großes Problem.
Seynsche: Welche Probleme gibt es denn mit dem herkömmlichen Impfstoff gegen Tuberkulose?
Winkelheide: Man weiß schon sehr lange, dass der BCG-Impfstoff bei Erwachsenen fast überhaupt nicht wirkt. Trotzdem setzt man ihn ein, gerade in Entwicklungsländern. Und man impft vor allen Dingen Kinder, weil man davon ausgegangen ist, dass er bei Kindern noch eine gewisse Wirkung hat. Eine gewisse Schutzwirkung von ungefähr, gutmütig gesagt, 20 bis 30 Prozent. Wahrscheinlich ist die Schutzwirkung aber viel geringer. Und ein Problem, was man gerade in den letzten Jahren gesehen hat, ist, dass dieser Impfstoff auch sehr gefährlich sein kann, wenn man damit Kinder impft, die mit einer HIV-Infektion auf die Welt gekommen sind. Sind die Kinder mit HIV infiziert und sie werden gegen die Tuberkulose geimpft mit dem BCG-Impfstoff, dann kann es passieren, dass es zu einer generalisierten Tuberkulose kommt, also zu einer überschießenden Infektion und dass die Kinder dann sterben. Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation im Sommer dieses Jahres jetzt die Empfehlung herausgegeben, dass Kinder mit HIV auf keinen Fall geimpft werden dürfen gegen die Tuberkulose. Das Problem aber ist, es gibt nicht flächendeckend weltweit Programme, dass alle Schwangeren tatsächlich auch auf Aids getestet werden, auf HIV getestet werden. Das heißt, viele Schwangere wissen nicht, dass sie HIV-positiv sind, und sie wissen auch nicht, dass sie möglicherweise das Virus an ihr werdendes Kind weitergeben.
Seynsche: Lässt sich denn dieser Impfstoff irgendwie verbessern, dass das nicht mehr vorkommt?
Winkelheide: Die Überlegungen, wie man ihn verbessern kann, die ist halt, dass man sagt: Es gibt drei Möglichkeiten wie ein Impfstoffe wirken kann. Das eine ist, er kann genau dann wirken, wenn der Körper zum ersten Mal in Kontakt kommen mit den Tuberkulosebakterien. Das heißt, von Natur aus ist so, da sich auch nur 30 Prozent der Menschen tatsächlich mit Tuberkulose infizieren. Aber diesen Wert zu verbessern und möglichst dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Menschen sich anstecken, das wäre eine Aufgabe, die so ein Impfstoff können könnte. Das andere ist eine akute Infektion zu verhindern, also nur fünf Prozent der Menschen, die sich infizieren, werden auch tatsächlich krank, erkranken an Lungentuberkulose. Und das dritte wäre, normalerweise kapselt sich der Erreger in der Lunge ein und wartet dort und wird vom Immunsystem in Schach gehalten. Wenn das Immunsystem schwach wird, dann bricht die Tuberkulose aus. Also der Impfstoff sollte auch in diesem Fall wirksam sein können und verhindern können, dass die Tuberkulose wieder ausbricht. Und das waren die Grundüberlegungen, die man angestellt hat, um den Impfstoff zu verbessern. Und er sollte eben auch wirksam sein, um Menschen zu schützen, die zum Beispiel mit HIV infiziert sind. Also hat man gesagt, wir müssen das Impf-Virus [meint Bakterium, d. Red.], das BCG-Bakterium, schwächer machen und wir müssen das Immunsystem so auf Trab bringen, dass es dann tatsächlich auch aktiv wird gegen das Virus [meint Bakterium, d. Red.]. Und die Konzepte, die man jetzt entwickelt hat, sind: Mit einem neuartig abgeschwächten Bakterium erst zu impfen, und dann Zusatzstoffe, Hilfsstoffe, noch mal als Booster, als Verstärker, zu geben im vierwöchigen Abstand. Und es gibt inzwischen tatsächlich auch zwei Impfstoffe, die in der klinischen Studie sind, in der Phase IIb, da kann man schon testen, ob sie wirksam sind oder nicht und wie gut sie wirksam sind. Man hofft, dass man Erfolg haben wird mit einem Impfstoff bis zum Jahr 2016. Und das ist eine Perspektive, denn bis vor fünf Jahren gab es noch gar nichts.
Winkelheide: Es gibt so etwas wie eine unheilige Allianz zwischen der Tuberkulose auf der einen Seite und Aids auf der anderen Seite. Menschen, die mit HIV infiziert sind, sind besonders bedroht von der Tuberkulose. Und die Tuberkulose ist eine der häufigsten Todesursachen bei Menschen mit HIV. Das ist das eine große Problem, also das heißt, man muss etwas gegen die Tuberkulose machen und man weiß, mit den Impfstoffen, die man hat, kann man das nicht schaffen. Denn auf der anderen Seite sind auch die Behandlungsoptionen geringer geworden. Gerade im südlichen Afrika mehren sich eben die Fälle, dass die Tuberkulosebakterien unempfindlich sind gegen gängige Behandlungsmuster. Sie sind mehrfach resistent gegen Antibiotika, und das ist ein großes Problem.
Seynsche: Welche Probleme gibt es denn mit dem herkömmlichen Impfstoff gegen Tuberkulose?
Winkelheide: Man weiß schon sehr lange, dass der BCG-Impfstoff bei Erwachsenen fast überhaupt nicht wirkt. Trotzdem setzt man ihn ein, gerade in Entwicklungsländern. Und man impft vor allen Dingen Kinder, weil man davon ausgegangen ist, dass er bei Kindern noch eine gewisse Wirkung hat. Eine gewisse Schutzwirkung von ungefähr, gutmütig gesagt, 20 bis 30 Prozent. Wahrscheinlich ist die Schutzwirkung aber viel geringer. Und ein Problem, was man gerade in den letzten Jahren gesehen hat, ist, dass dieser Impfstoff auch sehr gefährlich sein kann, wenn man damit Kinder impft, die mit einer HIV-Infektion auf die Welt gekommen sind. Sind die Kinder mit HIV infiziert und sie werden gegen die Tuberkulose geimpft mit dem BCG-Impfstoff, dann kann es passieren, dass es zu einer generalisierten Tuberkulose kommt, also zu einer überschießenden Infektion und dass die Kinder dann sterben. Deshalb hat die Weltgesundheitsorganisation im Sommer dieses Jahres jetzt die Empfehlung herausgegeben, dass Kinder mit HIV auf keinen Fall geimpft werden dürfen gegen die Tuberkulose. Das Problem aber ist, es gibt nicht flächendeckend weltweit Programme, dass alle Schwangeren tatsächlich auch auf Aids getestet werden, auf HIV getestet werden. Das heißt, viele Schwangere wissen nicht, dass sie HIV-positiv sind, und sie wissen auch nicht, dass sie möglicherweise das Virus an ihr werdendes Kind weitergeben.
Seynsche: Lässt sich denn dieser Impfstoff irgendwie verbessern, dass das nicht mehr vorkommt?
Winkelheide: Die Überlegungen, wie man ihn verbessern kann, die ist halt, dass man sagt: Es gibt drei Möglichkeiten wie ein Impfstoffe wirken kann. Das eine ist, er kann genau dann wirken, wenn der Körper zum ersten Mal in Kontakt kommen mit den Tuberkulosebakterien. Das heißt, von Natur aus ist so, da sich auch nur 30 Prozent der Menschen tatsächlich mit Tuberkulose infizieren. Aber diesen Wert zu verbessern und möglichst dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Menschen sich anstecken, das wäre eine Aufgabe, die so ein Impfstoff können könnte. Das andere ist eine akute Infektion zu verhindern, also nur fünf Prozent der Menschen, die sich infizieren, werden auch tatsächlich krank, erkranken an Lungentuberkulose. Und das dritte wäre, normalerweise kapselt sich der Erreger in der Lunge ein und wartet dort und wird vom Immunsystem in Schach gehalten. Wenn das Immunsystem schwach wird, dann bricht die Tuberkulose aus. Also der Impfstoff sollte auch in diesem Fall wirksam sein können und verhindern können, dass die Tuberkulose wieder ausbricht. Und das waren die Grundüberlegungen, die man angestellt hat, um den Impfstoff zu verbessern. Und er sollte eben auch wirksam sein, um Menschen zu schützen, die zum Beispiel mit HIV infiziert sind. Also hat man gesagt, wir müssen das Impf-Virus [meint Bakterium, d. Red.], das BCG-Bakterium, schwächer machen und wir müssen das Immunsystem so auf Trab bringen, dass es dann tatsächlich auch aktiv wird gegen das Virus [meint Bakterium, d. Red.]. Und die Konzepte, die man jetzt entwickelt hat, sind: Mit einem neuartig abgeschwächten Bakterium erst zu impfen, und dann Zusatzstoffe, Hilfsstoffe, noch mal als Booster, als Verstärker, zu geben im vierwöchigen Abstand. Und es gibt inzwischen tatsächlich auch zwei Impfstoffe, die in der klinischen Studie sind, in der Phase IIb, da kann man schon testen, ob sie wirksam sind oder nicht und wie gut sie wirksam sind. Man hofft, dass man Erfolg haben wird mit einem Impfstoff bis zum Jahr 2016. Und das ist eine Perspektive, denn bis vor fünf Jahren gab es noch gar nichts.