Der Klimawandel schreite unbarmherzig fort. So kommentiert die Welt-Wetterorganisation WMO ihren vorläufigen Jahresrückblick. 2020 eingeschlossen, sind die letzten sechs Jahre demnach auch die wärmsten der bisherigen Aufzeichnungen. Wobei die WMO davon ausgeht, dass 2020 am Ende auf einem der drei Spitzenplätze landet. Bisher wurden nur die Daten von Januar bis Oktober ausgewertet.
Vergangene sechs Jahre - die bisher wärmsten
Die globale Mitteltemperatur liege inzwischen rund 1,2 Grad Celsius über dem vorindustriellem Niveau. Und das, obwohl der tropische Pazifik gar nicht im El-Nino-Modus sei, so die WMO-Experten – also in keiner natürlichen Warmphase: "Wärmerekord-Jahre sind üblicherweise mit einem starken El Niño verknüpft so wie 2016. Wir erleben [aber] derzeit eine La Niña. Sie hat eine abkühlende Wirkung auf das globale Klima, ist aber zu schwach, um die diesjährige Wärme abzupuffern. Trotz der aktuellen La-Niña-Bedingungen ist dieses Jahr fast so warm wie der bisherige Rekordhalter 2016."
Als besonders bemerkenswert bezeichnet der Report die Entwicklung in Sibirien in diesem Jahr. Dort habe die Temperatur mehr als fünf Grad über dem langjährigen Mittel gelegen. In Verkojansk kletterte das Thermometer Ende Juni auf 38 Grad Celsius. Die Stadt liegt auf dem 67. nördlichen Breitengrad: "Das ist nach gegenwärtigem Stand die höchste Temperatur, die jemals irgendwo nördlich des Polarkreises gemessen wurde. Sie befeuerte zugleich die stärksten Naturbrände in den letzten 18 Jahren – seit es Daten darüber gibt."
Hitzewellen und extreme Waldbrände
Extreme Waldbrände und neue Rekordtemperaturen traten auch in anderen Erdteilen auf – die erste Spitzenmarke schon am 4. Januar, im Sommer auf der Südhalbkugel. An diesem Tag meldete Sydney 48,9 Grad Celsius – so viel wie nie zuvor in einer australischen Metropole. In Bagdad und in Kuwait war es Ende Juni 52 Grad heiß und in Jerusalem später knapp 43 – lauter Allzeitrekorde, so die WMO.
Zu Hitzewellen kommt es inzwischen auch vermehrt in den Weltmeeren. Es gebe eindeutige Hinweise darauf, dass sich der Wärmeeintrag in den Ozean beschleunigt habe, wie der neue Report bemerkt: "Marine Hitzewellen werden eingeteilt in moderate, starke, schwerwiegende und extreme. Mehr als 80 Prozent aller Meeresgebiete erlebten 2020 mindestens eine starke."
Tiefstwerte für arktische Meereis-Bedeckung
Auch in dieser Statistik ragt Sibirien heraus. Im arktischen Laptev-Meer kam es sogar zu einer extremen marinen Hitzewelle, und die dauerte fünf Monate lang, von Juni bis Oktober. In diese Zeit fielen auch neue monatliche Tiefstwerte für die Meereisfläche im Nordpolargebiet: "Die arktische Meereis-Bedeckung erreichte ihr Minimum im September, und das war der zweitniedrigste Stand in der 42-jährigen Satelliten-Messreihe. Die Monatswerte für Juni und Oktober 2020 waren [sogar] die bisher niedrigsten der Aufzeichnungen."
In den neuen Bericht sind vorläufige Daten diverser Wetterdienste, UN-Agenturen und Klimaforschungsprogramme eingeflossen. Ihren finalen Report über das Klimajahr 2020 will die WMO im März vorlegen.