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Vorschlag Einheitsabitur
Ein Vorstoß aus dem Osten

In Sachsen beginnen die Abiturprüfungen. Im Nachbarland Thüringen finden sie erst ein paar Tage später statt. Ein buntes Wirrwarr, wie so oft in der Schulpolitik. Da hört sich ein Vorschlag von verschiedenen Industrie- und Handelskammern so einfach an. Alle Schüler in Deutschland sollen das gleiche Abitur machen. In der Berufsausbildung funktioniere das ja auch.

Von Nadine Lindner | 24.04.2015
    Ein einheitliches Abitur für ganz Deutschland. Das steht am Ende der Überlegungen verschiedener Industrie- und Handelskammern.
    Anfangen soll das alles in Ostdeutschland, mit einem sogenannten Ost-Abitur. Später soll es bundesweite Prüfungen geben. Erklärt Lars Fiehler, Sprecher der IHK Dresden. Und auch einen Zeitplan hat er schon im Kopf.
    "Dass wir in den neuen Bundesländern spätestens 2016 an diesem Punkt sein wollen und dass wir uns bundesweit 2020 als Ziel vorstellen können. Da ist sehr ambitioniert."
    Bundesweites Einheitsabitur bis 2020
    Der IHK-Sprecher findet, dass das, was in der Berufsausbildung funktioniert, auch beim Abitur klappen könnte:
    "Erfahrungen, die wir als IHK-Welt einerseits in vielen Jahrzehnten beruflichen Ausbildung haben und wo es schon immer bundesweit einheitliche Standards und Prüfungen gibt. Und wo wir Tausende Prüflinge unter die Lupe nehmen. Das bestärkt uns darin, das auch für die Schule zu fordern."
    Das Hauptargument des Industrieverbandes für ein einheitliches Abitur ist die bessere Vergleichbarkeit der Leistungen von Schülern. So könnten Bewerbungsverfahren für Ausbildungs- oder Studienplätze transparenter werden.
    Eine Mitstreiterin hat er in der sächsischen Kultusministerin Brunhild Kurth, CDU, gefunden. Sie unterstützt das Ansinnen der IHK. Dass sie gerade die Präsidentin der Kultusministerkonferenz ist, ist auf jeden Fall hilfreich. Kurth verweist sagt allerdings, dass es ähnliche Pläne zur Vereinheitlichung längst gibt:
    "Wir haben einen Aufgabenpool, der wird zurzeit gefüllt aus den einzelnen Ländern mit Aufgaben. Diese Aufgaben werden vom Institut für Qualitätssicherung für Bildung in Deutschland geprüft. Das ist schon ein spannender Prozess. Und ab dem Jahr 2017 können die Länder daraus Aufgaben entnehmen."
    Harmonisierte Reifeprüfung
    Die Zeichen stehen also prinzipiell auf mehr Gemeinsamkeit. Das zeigt sich auch beim sogenannten Sechs-Länder-Abitur. An der harmonisierten Reifeprüfung beteiligen sich Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Bayern und Sachsen. Brandenburg steigt erstmalig im Fach Deutsch ein.
    Und trotzdem gehen beim IHK-Vorstoß die Meinungen der 16 Kultusminister auseinander.
    Einer der Kritiker ist Günter Baaske, SPD, Kultusminister in Brandenburg. Er verweist auf strukturelle Unterschiede.
    "Ich sehe da aber Probleme. Das einfachste: Wir müssten dann überall gleichzeitig Ferien machen. Der andere Punkt ist: Nehmen sie doch nur mal die ganz unterschiedliche Herangehensweise der Bundesländer an den Unterricht. Berlin hat zum Beispiel riesengroße Schulen, da können sie ganz andere Leistungskurse anbieten. Das können wir nicht, wenn wir nur 50 Gymnasiasten in einer Stufe haben."
    Nicht zu Ende gedacht
    Aus Sachsen-Anhalt gibt es dagegen Zustimmung. Der Sozialdemokrat Stephan Dorgerloh, ist hier als Minster für die Schulen verantwortlich und verweist auf den Kurs, den die KMK schon eine ganze Weile verfolgt:
    "Das heißt, jetzt ist es so, dass wir in allen Ländern ein landes-einheitliches Abitur haben. Mit der Ausnahme von Rheinland-Pfalz. Jetzt machen wir den Schritt und machen die Landesstandards vergleichbar."
    Aber was sagen eigentlich die Schüler zu diesen Plänen der IHK für ein deutschlandweites Abitur? Nicht schlecht, aber die Idee ist nicht bis zum Ende gedacht, findet Tom Beyer vom Landesschülerrat Sachsen.
    "Es ist eher das Problem, dann von Sachsen zu Hamburg, von Sachsen zu NRW, nicht nur Leistungstechnisch, sondern wir wird das Abitur gemacht, auch wie ist das Abitur strukturiert. Wie sind die Prüfungen strukturiert, wie wählt man Leistungskurse aus. Dann kann man auch der IHK entgegen. Wir müssen uns prinzipiell fragen, wie wir das System gestalten wollen."