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Vorschriften widersprechen europäischem Recht

Die Europäische Fußball-Union UEFA will mit der Financial Fairplay-Regel ähnliche Bedingungen für die Teilnehmer an den europäischen Wettbewerben schaffen. Aber die Beschränkungen sind nicht alle mit europäischen Gesetzen vereinbar, sagen Juristen und Ökonomen.

Von Heinz Peter Kreuzer |
    Financial Fairplay soll den Wettbewerb im europäischen Fußball fairer machen. Zwei Ziele hat die Europäische Fußball-Union UEFA im Blick: Zum einen will man die finanzielle Stabilität des Vereinsfußballs in Europa erhöhen, zum anderen möchte man zwischen den Ligen ein Wettbewerbsgleichgewicht wiederherstellen. Professor Henning Vöpel vom Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut:

    "Um diese Ziele zu erreichen, versucht man eine Verschuldungsgrenze einzuziehen und andererseits lässt man nur Einnahmen zu, die wirklich nur originär aus dem operativen Geschäft eines Fußballklubs stammen. Das ist die Zielsetzung, In der Tat gibt es Bedenken darüber, ob die Regulierung nach geltendem Recht durchsetzbar ist."

    Und so droht jetzt eine Klagewelle. Ein Beispiel für einen potentiellen Rechtsstreit ist der Sponsoringvertrag zwischen Manchester City und der Fluglinie Etihad. Der Zehn-Jahres-Vertrag soll dem englischen Meister mehr als 40 Millionen britische Pfund jährlich bringen, die UEFA bewertet diese Summe als zu hoch und will die Einnahmen deshalb nicht als fußballbezogenes Einkommen anerkennen. Der Münchner Jurist Martin Stopper:

    "Wenn jemand bereit ist, so viel auszugeben wie die Etihad-Gruppe, warum will man es ihm untersagen. Denn hier sind Wirtschaftsvereine im Wettbewerb und nicht nur Sportvereine. Und ob dann das Ziel, solche Einnahmen nicht gelten zu lassen für die Berechnung des eigenen Haushalts, der für die Lizenzierung verantwortlich ist, wird nicht so leicht sein, wie sich die UEFA das vorstellt."

    Stopper verweist dabei auf das Meca-Medina-Urteil aus dem Jahr 2006. In der Urteilsbegründung ließ der Europäische Gerichtshof anklingen, die Wettbewerbsregeln der EU seien generell auf Regelungen von Sportverbänden anwendbar. Nur in Einzelfällen könne davon eine Ausnahme gemacht werden, wenn es sich um ausschließlich sportliche Fragen handle, die den Wettbewerb nicht tangierten. Das ist beim Financial Fairplay nicht der Fall.
    Aber es gibt noch mehr Streitfälle. So haben die Klubs der spanischen Prmera Division Steuerschulden von etwa 750 Millionen Euro. Die UEFA ignoriert das Problem, die Europäische Kommission ermittelt wegen unerlaubter Beihilfen. Der Sportrechtler Martin Stopper sagt:

    "In der Sache dürfte man keinen Unterschied machen. Das liegt daran, dass es hier um Einnahmen, um Einkünfte von Klubs geht, die nicht unbedingt originär aus dem Fußballgeschäft stammen, sondern von weit her. Ob nun Etihad oder Abramowitsch viel Geld aus welcher Kasse auch immer in einem Klub stecken, oder die Regierung von Spanien durch einen Schuldenerlass, das ist in der Sache genau das Gleiche. Das ist nicht das, was die UEFA sich unter fußballbezogenen Einnahmen vorgestellt hat. Das ist durchaus gleichzusetzen."

    Dazu kommt: Die Vereine wollen der Konkurrenz aus dem Ausland keine Vorteile lassen. In den meisten europäischen Ligen, auch in Deutschland, Spanien oder Italien, dürfen Transfers mit Hilfe von Investoren finanziert werden. Nur nicht in England und Frankreich. Deshalb fordern die Klubs der Premier League und der Ligue une von der UEFA, von Investoren finanzierte Spieler bei den europäischen Wettbewerben auszuschließen. Der englische Sportrechts-Experte Daniel Geey:

    "Daraus entwickelt sich ein Problem: Es ist im Hinblick auf Financial Fairplay ein Unterschied, ob Arsenal einen Spieler für 20 Millionen Pfund verpflichten will oder der FC Barcelona. Arsenal müsste die Ablöse selbst aufbringen und die komplette Summe würde in den Lizenzierungsunterlagen für Financial Fairplay auftauchen. Barcelona könnte dagegen einen Teil der Ablösesumme über einen Investor finanzieren und nur der Eigenanteil von beispielsweise 10 Millionen Pfund müsste für Financial Fairplay angegeben werden."

    Ob Financial Fairplay all diese Probleme löst, ist umstritten. Ökonom Vöpel sieht die Lösung nicht alleine darin, Investoren und Mäzene auszuschließen. Das könnte zu einem Rückgang der Wettbewerbsintensität führen.

    "Weil jene Vereine, die einmal sportlich erfolgreich sind, davon wirtschaftlich profitieren und in den Folgejahren erneut besser sportlich dastehen als andere. Insofern braucht es neben dem Financial Fairplay eigentlich ein zweites Instrument, nämlich eine Umverteilung der Einnahmen zwischen den Vereinen und den europäischen Ligen."

    Einer Umverteilung der Gelder werden die europäischen Spitzenvereine kaum zustimmen.