Reaktionen in Deutschland
Vorsichtiger Optimismus - aber auch Skepsis nach Aufruf von Öcalan, PKK aufzulösen

Der Aufruf des inhaftierten PKK-Anführers Öcalan zur Auflösung seiner Organisation wird in Deutschland unterschiedlich aufgenommen. Der Politikwissenschaftler Ismail Küpeli von der Ruhr-Universität Bochum bezeichnete die Erklärung Öcalans als überraschend deutlich.

    Mitglieder einer prokurdischen Delegation der Partei für Gleichheit und Demokratie (DEM) geben eine Erklärung des inhaftierten Führers der rebellischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), Öcalan, ab.
    Der Aufruf von PKK-Anführer Öcalan, die Arbeiterpartei aufzulösen, wird in Deutschland unterschiedlich bewertet. (Khalil Hamra / AP / dpa / Khalil Hamra)
    Die kurdische Seite habe damit einen großen Schritt auf die türkische Regierung zugemacht, sagte Küpeli im Deutschlandfunk. Im Detail müssten aber noch viele Fragen geklärt werden, etwa zu Amnestien von inhaftierten Kurden.
    Die Kurdische Gemeinde Deutschland begrüßte den Schritt. Dieser eröffne die Möglichkeit, den politischen Kampf für die Rechte von Kurden auf friedliche Weise fortzuführen, hieß es in einer Erklärung. Die Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland bezeichnete den Aufruf als Hoffnungsschimmer am Horizont nach einem jahrzehntelangen Kampf zwischen der PKK und dem türkischen Staat. Auch Kurden im Irak und in Syrien befürworteten den Vorstoß.

    Auswärtiges Amt sieht "historische Chance"

    Bundeskanzler Scholz hatte Öcalans Aufruf zum Ende des bewaffneten Kampfes gestern als Gelegenheit bezeichnet, den Kurdenkonflikt zu lösen. Das Auswärtige Amt sprach von einer historischen Chance, um - Zitat: "die jahrzehntelange Spirale von Terror, Gewalt und Vergeltung zu durchbrechen, die zehntausende Menschen das Leben gekostet hat". Weiter hieß es: "Es sind noch weitere Schritte erforderlich auf dem Weg zu einer tragfähigen Lösung für die Menschen in der Türkei. Dazu gehört vor allem auch, kulturelle und demokratische Rechte der Kurdinnen und Kurden in der Türkei zu respektieren und zu gewährleisten."

    Akgün: viele kurdische Politiker sitzen im Gefängnis

    Die ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Akgün zeigte sich skeptischer. Man müsse jetzt auf die Reaktion des türkischen Präsidenten Erdogan warten, sagte Akgün ebenfalls im Deutschlandfunk. Sie verwies darauf, dass viele kurdische Bürgermeister und andere Politiker in der Türkei im Gefängnis säßen, wie etwa der ehemalige Vorsitzende der kurdischen Partei, Demirtas. Es wäre eigentlich der erste Schritt zur Normalisierung, wenn sie entlassen würden, so Akgün.

    Jahrzehnte des Kampfes mit tausenden Opfern

    Die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) führt seit vier Jahrzehnten einen blutigen Kampf gegen den türkischen Staat, mehr als 40.000 Menschen sind dabei bisher ums Leben gekommen. Die Organisation wird von der Türkei, der EU und den USA als Terrorgruppe eingestuft.
    Der aus Anatolien stammende Öcalan gründete die PKK im Jahr 1978 in der Provinz Diyarbakir im Südosten der Türkei als marxistisch inspirierte Organisation. Ihr ursprüngliches Ziel war der Aufbau eines sozialistischen Kurdenstaats für das in der Türkei unterdrückte Volk, dessen Angehörige auch in Syrien, im Irak und im Iran leben. 1999 wurde Öcalan in Kenia vom türkischen Geheimdienst festgenommen und in die Türkei gebracht. Er verbüßt seither eine lebenslange Haftstrafe auf der Gefängnisinsel Imrali bei Istanbul.
    Die PKK rückte später von ihrem ursprünglichen Ziel eines eigenen Kurdenstaats ab. Heute will sie politische und kulturelle Rechte für die Kurden innerhalb des türkischen Staatsgebietes durchsetzen. Öcalans Ansehen bei den Kurden ist aber nach wie vor hoch.

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    Diese Nachricht wurde am 28.02.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.