Britta Fecke: Die Waldbrände in Südeuropa oder aktuell in Brandenburg rücken noch einmal ins Bewusstsein, wie empfindlich die Wälder auf Hitze und Trockenstress reagieren, und damit stellt sich die Frage, welche Baumarten, welche Pflanzengesellschaften besser mit dem Wassermangel leben können und wie Forste und Wälder umgepflanzt werden müssten, um klimaresistenter zu werden. Die Niederschlagsmengen werden im Zuge des Klimawandels stärker variieren, so wie wir es auch in diesem Jahr erlebt haben. Das heißt: Es gibt nicht unbedingt weniger Wasser in Deutschland, aber die Verteilung verändert sich. Auf Monate der Dürre folgen dann heftige Regengüsse, die der ausgetrocknete Boden aber nicht aufnehmen kann. Auch die Stürme beziehungsweise Orkane nehmen zu, was in den letzten Jahren schon oft zu heftigem Kahlschlag vor allem in Fichten-Monokulturen geführt hat.
Ich bin jetzt verbunden mit Laszlo Maraz. Er ist stellvertretender Leiter des Arbeitskreises Wald bei der Naturschutzorganisation BUND. Herr Maraz, welche Wälder beziehungsweise Forste haben denn in diesem Sommer bevorzugt gebrannt?
Laszlo Maraz: Sie erwähnten es schon. Es handelt sich hauptsächlich um Plantagenbrände, vor allem Nadelbäume, Kiefern hier in Brandenburg, aber auch Fichtenwälder, die naturfern im Flachland angelegt sind und da eigentlich gar nicht hingehören. Die sind besonders anfällig für Stürme, aber auch gerade für diese Brände in diesem heißen Sommer.
Fecke: Welchem Stress sind denn die Wälder ausgesetzt? Ich meine jetzt keine Brandleger, sondern was für Stressfaktoren, die durch das Klima kommen, kommen auf den Wald zu?
Kiefernplantagen sind besonders anfällig
Maraz: Es ist natürlich klar. Wenn der Regen monatelang fehlt und die Temperaturen hoch sind, trocknet der Waldboden mit aus. Die Bäume erreichen mit ihren Wurzeln nicht mehr genug Wasser und trocknen aus. Hinzu kommt, dass der ganze Grasbewuchs, der besonders in Kiefernforsten vorhanden ist, sehr viel neues Brandmaterial liefert. Außerdem haben wir in diesen Holzplantagen sehr wenig Büsche, sehr wenig Totholz, das ja an sich auch normalerweise relativ viel Wasser speichert. Der Wald wird heißer und trockener. Auch die Durchforstung, durch viele Wege kommt mehr Wind, mehr Licht, mehr Luft rein und trocknet das zusätzlich noch aus. Aber ich sage mal, selbst ein Laubwald bei einem sehr, sehr heißen Sommer kann auch schon mal brennen. Aber im Moment handelt es sich fast ausschließlich um Plantagenbrände. Ich habe neulich auch in Fichtenwalde den Brandort mal besucht. Das ist eine Kiefernplantage.
Fecke: Welche deutschen Baumarten sind denn relativ fit, wenn es um Trockenstress geht?
Maraz: Natürlich sind hier die von Natur aus vorkommenden Baumarten (gerade auch in Brandenburg) stabiler und können dem Klimawandel vielleicht besser standhalten. Eine Garantie gibt es nicht. Wenn es hart kommt, dann haben wir hier Lüneburger Heide überall. Aber es sind natürlich die Laubbaum-Arten, die weniger Nadelmaterial haben, weniger Harz, die auch weniger Wasser verbrauchen. Die brennen per se schon mal viel schwerer.
Harz als Brandbeschleuniger
Fecke: Das Harz ist auch ein Brandbeschleuniger. Das sieht man ja auch bei den Eukalyptusforsten in Portugal, oder?
Maraz: Ich war kürzlich auch in Portugal. Diese Eukalyptusbäume haben ja auch unten drunter gar nichts. Da ist gar nichts außer ein bisschen Gestrüpp. Da wachsen keine Büsche. Dieses harzige Material fängt sehr leicht Feuer und das explodiert förmlich, während direkt nebenan Korkeichen-, Steineichenwälder nicht mal Feuer fangen, was auch keine Garantie ist, dass bei einem ganz schweren Brand natürlich auch wirklich mal alles abbrennen kann. Aber diese Plantagen sind von Natur aus einfach feueranfälliger, und auch die Stürme sind hier kritischer zu sehen, denn zum Beispiel die Fichten, aber auch die Kiefern, diese hohen Stangenhölzer, die haben alle die gleiche Länge, sind alles dünne schwache Bäume. Die fallen beim Sturm viel leichter um als ein Wald, Waldbäume, die unterschiedlich dick sind, unterschiedlich groß, unterschiedlich hoch. Da tut sich der Sturm viel schwerer, mal einen Baum umzuwerfen.
Fecke: Sie haben gerade ja schon die Steineiche angesprochen oder die Korkeiche. Müssen wir auch auf solche südlicheren Gewächse setzen mit Blick auf höhere Temperaturen?
Maraz: Man kann eigentlich nur raten, die von Natur aus hier vorkommenden Baumarten wieder stärker zu fördern.
Fecke: Nämlich? Nennen Sie mal ein paar.
Maraz: Das wäre hier in Brandenburg zum Beispiel, wo wir sind, aber sicher auch im Kölner Raum und in vielen anderen Regionen die Eiche, die Buche, die Hainbuche, Linde und der Ahorn. Das sind Baumarten, die hier auch von Natur aus vorkommen und sich auch sicher durch einige Trockenzeiten bewährt haben. Auch die Kiefer kommt durchaus natürlich vor auf Sanddünen, und da gehört sie auch hin. Da kann man sie auch erhalten. Ansonsten sind auch Nadelbäume nicht komplett Tabu. Man kann sie in Mischung zwischen Laubbäumen durchaus noch halten und damit wertvolles Bauholz.
Weißtannen statt Fichten
Fecke: Die Weißtanne?
Maraz: Die Weißtanne ist vor allem in Süddeutschland in Mittelgebirgen heimisch. In Brandenburg etwa nimmt man an, dass sie etwa auf bis zu zehn Prozent der Waldfläche vorkommen könnte, aber da auch nur in Mischung. Im Mittelgebirge, ich sage mal Sauerland, Schwarzwald, Taunus, da kann eine Weißtanne überall ganz gut wachsen, auch die naturfernere Fichte teilweise ersetzen. Hauptproblem für die Tannen sind eigentlich die hohen Wildbestände, denn die Rehe fressen bevorzugt den Leckerbissen Laubbäume und auch die Tanne weg.
Fecke: Das heißt, da müsste auch novelliert werden beim Jagdgesetz, so dass nicht die Rehe und das Damwild bevorzugt die Bäume weg- und niederfressen, die eigentlich für den Klimawandel besser gerüstet sind?
Kuschen vor der Jägerlobby
Maraz: Waldumbau ist ja eine wichtige Zukunftsaufgabe. Das wird auch teilweise schon gemacht, aber viel zu schwach. Zu viel dieser jungen Laubbäume wird vom Wild weggefressen, weil die Wildschweinbestände künstlich um das Fünf- bis Zehnfache erhöht sind. Nichts gegen Wild; wenn da ein paar Bäume gefressen werden, auch nicht schlimm. Aber es wird komplett alles weggefressen. Man muss Zäune bauen, man muss teuer pflanzen. Hier ist eigentlich das Kuschen vor der Jagdlobby immer noch eines der Hauptprobleme, und hier in Brandenburg bei uns der Waldumbau, der viel zu langsam vorangetrieben wird. Ich glaube, 2000 Hektar pro Jahr werden umgebaut. Man pflanzt zwischen diese Plantagenbäume Eichen, Buchen, Ahorn rein. Wenn man aber in dem Tempo wie heute in Brandenburg weitermacht, brauchen wir ungefähr 125 Jahre, bis die Kiefernwälder umgebaut sind, die Laubbaum werden sollen.
Fecke: Vielen Dank für diese Empfehlungen und Einschätzungen an Laszlo Maraz. Er ist Waldexperte bei der Naturschutzorganisation BUND.
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