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Vorsorge im Unternehmen
Ideen für gesünderes Arbeiten

60 Milliarden Euro kosten krankheitsbedingte Ausfälle die Unternehmen im Jahr. Angebote zur Stärkung der Mitarbeiter-Gesundheit haben deswegen Konjunktur. Neben Betriebs-Leasingrädern oder Online-Therapien für psychisch erkrankte Mitarbeiter sollen etwa auch Unkrautjäten oder Yoga positiv auf die Befindlichkeit am Arbeitsplatz wirken.

Von Andrea Lueg |
    Ein junger Geschäftsmann sitzt in Meditationshaltung auf seinem Arbeitstisch hinter seinem Laptop
    Yoga in der Pause - viele Unternehmen bieten Mitarbeitern im Rahmen ihres betrieblichen Gesundheitsmanagements kostenlose Sportangebote (imago stock&people)
    Zwei Männer hacken Gurken und Möhrchen im Rhythmus und die Mixgeräte für Smoothies haben sie zu Musikinstrumenten umfunktioniert. Auf der Messe "Zukunft Personal" werden keine Mühen gescheut, um für das Thema Gesundheit zu begeistern. Ein großer Teil der Messehalle 2 kommt eher wie eine Wellness- und Fitnessoase daher als wie eine Personalmesse.
    Gesunde Ernährung im Betrieb, Yoga für die Pause, Nackenmassage mit einem automatisierten Gürtel oder eine App für die Fitnessübung zwischendurch: Das Angebot ist breit. Offensichtlich wird betriebliches Gesundheitsmanagement den Unternehmen wichtiger und die Anbieter stellen sich darauf ein. 60 Milliarden Euro kosten krankheitsbedingte Ausfälle die Unternehmen im Jahr – es lohnt sich also gegenzusteuern. Zum Beispiel, indem man die Mitarbeiter in den Fahrradsattel hievt – einer der großen Trends auf der Messe – das Leasingrad für Unternehmen.
    Jeder bekommt das passende Rad
    "Sehr viele junge Mitarbeiter sagen, ich möchte kein Auto mehr haben, ich leg keinen Wert auf das Statussymbol Auto. Die springen aufs Fahrrad auf, viele Leute, die in den Innenstädten wohnen, dort keine Parkmöglichkeiten haben, fahren auch gerne Fahrrad. Auch jetzt mit dem Dieselskandal, einige Fuhrparkmanager entscheiden sich dafür, die Flotte ein bisschen umzurüsten und versuchen, die Mitarbeiter aufs Fahrrad zu bringen."
    Fabian Kral sorgt für Fahrräder im Unternehmen, die die Mitarbeiter dann zu günstigen Konditionen leasen können. Besonders attraktiv: Jeder bekommt das passende Rad. Kral kennt ein Beispiel aus einem Unternehmen,
    "wo ein Mitarbeiter 180 Kilo gewogen hat und innerhalb von neun Monaten 75 Kilo abgenommen hat."
    Das funktionierte nur, weil das Leasingunternehmen ein Rad fand, dass für das Gewicht des Mannes zugelassen war. Ob die Mitarbeiter insgesamt das Leasingrad dauerhaft nutzen und damit tatsächlich etwas für die Gesundheit tun, kann Kral allerdings nicht sagen. Aber es hilft bei einem wichtigen Aspekt von betrieblichem Gesundheitsmanagement: Es macht die Unternehmen vor allem für junge Generationen attraktiver.
    Während es früher der Rücken war, der für die meisten Ausfälle sorgte, sind heute die psychischen Erkrankungen im Vormarsch.
    "Es ist der zweithäufigste Krankschreibungsgrund für Mitarbeiter."
    "Helfen, bevor es zu Burnout oder Depression kommt"
    Erklärt Farina Schurzfeld, Mitgründerin von Selfapy, die für ihre Unternehmensidee den Innovation-Award der Messe bekommen hat. Das Konzept: psychologisch begleitete Online-Therapiekurse für psychisch Erkrankte im Unternehmen. Vor allem geht es darum, frühzeitig zu helfen, bevor es zum Beispiel zu einem Burnout oder einer Depression kommt. Neun Wochen lang machen die Teilnehmer einen Onlinekurs und setzen sich mit ihren Beschwerden auseinander.
    "Und das wird begleitet durch psychologische Gespräche einmal die Woche etwa eine halbe Stunde."
    Das Angebot betont sie, eigne sich aber nur für leichte Fälle und zur Prävention. Alles, was die Mitarbeiter im Onlinekurs erzählen, bleibt selbstverständlich anonym, denn:
    "Es ist ein Riesen-Stigma-Thema. Uund das ist auch der Kampf, den wir kämpfen seit Beginn, dass das Thema psychische Erkrankung immer noch sehr viel Negatives mit sich bringt und oft auch nicht für voll genommen wird."
    Dabei sind Arbeitgeber durchaus in der Pflicht, sich auch um die psychische Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu kümmern. Seit einem guten Jahr sind sie außerdem durch eine Änderung im Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, psychische Belastungen zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten.
    Ab ins Beet
    Die Gesundheitsprävention fängt auch beim Betriebsklima an, denn das beeinflusst maßgeblich das Wohlbefinden. Fühlen sich die Mitarbeiter wertgeschätzt oder nur unter ständig wachsendem Arbeitsdruck? Herrscht eher ein rauer Ton oder freundliches Miteinander? Ein Stückchen Natur könnte den Mitarbeiten helfen zu entspannen und mal in einem anderen Zusammenhang miteinander zu reden, meint Wolfgang Paulert. Die Idee seines Unternehmens: Ab ins Beet.
    "Wir haben Hochbeete oder Ackerflächen, die wir zur Verfügung stellen. Der komplette Acker - der ist zwei mal 20 Meter groß, also 40 Quadratmeter - wird dann dem Teilnehmer übergeben. Meistens machen wir das so Ende April, und er kann diese Geschichte dann bis Ende November bearbeiten.
    Hochbeete stehen oft direkt beim Unternehmen, so dass Mitarbeiter in der Mittagspause Unkraut jäten oder auch ernten können. Denn den Ertrag von Beet und Feld dürfen sie nach Hause nehmen. Doch auch wenn die Messe jede Menge Angebote macht: Es ziehen noch lange nicht alle Unternehmen mit. Nur gut die Hälfte erfasst überhaupt, wie viele Mitarbeiter wegen Krankheit gefehlt haben, wie viele an Gesundheitsmaßnahmen teilnehmen, und wie viele zufrieden sind im Betrieb."