"Sensibles Material - nicht weitergeben!" So steht es auf dem Papier. Es stammt aus der EU-Kommission. In drei Tabellen ist dort dargestellt, was die neue Kommission unter der Leitung von Ursula von der Leyen in den kommenden Jahren an Initiativen anstoßen will. Es ist ein Entwurf für das Arbeitsprogramm der Kommission, das morgen in Brüssel vorgestellt werden soll.
Eine der drei Tabellen listet Maßnahmen zur Entbürokratisierung auf. Und was dort in Zeile 43 steht, lässt beim CSU-Europaabgeordneten Marcus Ferber alle Alarmsirenen aufheulen. Da steht nämlich so Ferber, dass die Kommission die Ein-und Zwei-Cent-Münzen abschaffen will. Und das sei, so der CSU-Mann, der Einstieg in die Abschaffung des Bargelds. Wehret den Anfängen - so seine Parole:
"Es ist der Einstieg in den Ausstieg; so wie beim 500-Euro-Schein ja auch ein Schein schon aus dem Markt genommen wurde - es ist noch gesetzliches Zahlungsmittel, aber es werden keine neue mehr gedruckt - würde auch hier schleichend ein Teil unseres Bargeldes verschwinden."
Und das will Ferber auf jeden Fall verhindern.
Bürokratie oder Bargeld - Was wird hier abgeschafft?
Die Ankündigung der EU-Kommission, die kleinsten Cent-Münzen verschwinden zu lassen, hat einen längeren Vorlauf. Im November 2018 hatte die Juncker-Kommission einen Bericht über die Entwicklungen mit Blick auf die Euro-Münzen vorgelegt. Darin kam sie zu der Überzeugung, dass die Ein- und Zwei-Cent-Münzen keinerlei Vorteil, aber jede Menge Nachteile bringen. Die Herstellung der kleinen Kupferstücke sei teurer als deren Nennwert, auch der Transport verursache erhebliche Kosten. Insbesondere der Handel drängt deshalb die Politik, die Ein- und Zwei-Cent-Stücke abzuschaffen. Was bei Markus Ferber auf Unverständnis stößt:
"Wenn der Handel will, dass die Centmünzen verschwinden, kann er ja auch in seinem Preisen darüber nachdenken warum muss alles 99 am Ende kosten? Es hat ja nicht der Gesetzgeber erfunden, es macht der Handel selber. Also der Handel kann das auch selber lösen, der muss es nicht auf den Gesetzgeber abschieben."
Manche Euroländer haben die Kleinstmünzen schon satt
Fest steht aber: Der Euro-Zahlungsraum verliert längst nach und nach seine Einheitlichkeit: Immer mehr Euroländer haben die Kleinstmünzen gestrichen oder angekündigt, darauf verzichten zu wollen. Und schließlich, so die Kommission im Jahr 2018, seien auch die Bürger genervt: 64 Prozent der Menschen im Euroland befürworten die Abschaffung der Ein- und Zwei-Cent-Münzen. Die Geldstücke einkassieren, das dürfen aber nur die Mitgliedstaaten.
Die EU-Kommission wählt deshalb einen Umweg, um die Kleingeldbörsen der Bürger übersichtlicher zu machen: Sie will - so steht es in dem Dokument, das dem Deutschlandfunk vorliegt - einheitliche Rundungsregeln für den Euroraum vorschlagen. Damit alle Preise künftig in Fünf-Cent-Schritten auf- und abgerundet werden. Und schon wären die Kleinstmünzen überflüssig:
"Es ist ja das Perfide: die Kommission kann ja Bargeld nicht abschaffen, die Münzen können nur Mitgliedstaaten abschaffen. Und diesem Wunsch kommt jetzt die Kommission nach, hier einheitliche Rundungsregeln zu machen. Damit bereitet sie aber den Weg, die Ein- und Zwei-Cent-Münzen dauerhaft abschaffen zu können."
Und damit sei der Anfang vom Ende des Bargelds geebnet - so die Dystopie des CSU-Manns Markus Ferber. Die Kommission dürfte seine Befürchtungen kaum teilen. Äußern will sie sich aber erst, wenn ihr neues Arbeitsprogramm vorgelegt ist: Morgen.