Es kommt damit definitiv zum Duell links-sozialistische Ideen gegen sozialdemokratische Reform-Bemühungen. Oder, wie es der Sieger, Benoît Hamon, ausdrückte:
"Sein Gesellschafts-Projekt gegen mein Gesellschafts-Projekt"
Das des linken Hamon, der mit seinem bedingungslosen Grundeinkommen vor allem junge Wählerinnen und Wähler anspricht, gegen das Projekt des regierungsgeprüften Manuel Valls. Der am Wahlabend schon mal die Krallen ausfuhr:
"Ich bin glücklich, dass ich in der zweiten Runde auf Benoît Hamon treffe, denn es fängt ein neuer Wahlkampf an, und es steht eine richtungsweisende Wahl an: die Wahl zwischen der sicheren Niederlage und einem möglichen Sieg bei den Präsidentschaftswahlen"
Valls setzt auf Realpolitik
Hamon, so die Botschaft von Valls, könne zwar mit seinen unbezahlbaren linken Utopien das Herz linker Wähler wärmen, im kommenden Präsidentschaftswahlkampf gegen den konservativen Francois Fillon und die rechtsextreme Marine Le Pen aber helfe nur Realpolitik. Und er, Valls, habe nun zur Genüge gezeigt, dass er das könne.
"Ich bin ein Kämpfer, ich liebe die Debatten und die klare Ansage, und ich werde bis zum Ende kämpfen", rief er in den Saal, seinen Getreuen zu, die schon ein paar Monate weiter dachten: "Manuel Président”.
Trotz aller kämpferischen Einstellung aber dürfte es schwer werden für Valls, die Stichwahl am kommenden Wochenende zu gewinnen. Denn Arnaud Montebourg, der Dritte im Bunde, der mit knapp 18 Prozent aus dem Rennen ausschied, erklärte noch am Wahlabend:
"Nächsten Sonntag werde ich für Benoît Hamon stimmen, und ich lade euch ein, es mir nachzutun, für die Linke und für Frankreich"
Hamon liegt in Umfragen vorn
Das Momentum liegt derzeit eher bei Hamon denn bei Valls. In den Umfragen lag der ehemalige Erziehungsminister im Valls-Kabinett lange Zeit an dritter Stelle, nun führt er, und mit Montebourg im Rücken könnte es tatsächlich reichen – für den Neuanfang, wie er ihn verspricht:
"Wir müssen die alten Zöpfe abschneiden, mit den alten Ideen aufhören, die nicht mehr funktionieren. Wir brauchen unbedingt und an vorderster Stelle ein neues grünes Entwicklungs-Modell auch in der Wirtschaft, damit unsere Kinder nicht in einer Zukunft aufwachsen, die nicht mehr lebenswert ist"
So oder so: Sowohl Hamon als auch Valls haben noch einen langen Weg vor sich. Nach heutigem Stand käme der Sieger der sozialistischen Vorwahlen bei den Präsidentschaftswahlen auf Platz fünf, weit abgeschlagen hinter dem konservativen Francois Fillon, der extrem-rechten Marine Le Pen und zwei weiteren linken Kandidaten: dem extrem-linken Jean-Luc Mélenchon sowie Shooting-Star Emmanuel Macron mit seiner En-Marche-Bewegung.
Von diesen Umfragen will sich Manuel Valls nicht beirren lassen. Er ist der Meinung: alles ist möglich, auch am kommenden Sonntag: "Rien est écrit"
Hollande stimmte nicht mit
Den amtierenden Präsidenten Hollande haben die Vorwahlen seiner Sozialisten im übrigen kalt gelassen. Er hat den Wahlabend in Chile verbracht. In der menschenleeren Acatama-Wüste. Von dort ließ er ausrichten, er habe die Wahl im Blick. Mitgestimmt hat er nicht.