Corona-Impfstoff
Vorwürfe gegen von der Leyen wegen Pfizer-Deal lösen Eklat im EU-Parlament aus - AfD-Politikerin Wort entzogen

Vorwürfe gegen EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen wegen eines Corona-Impfstoffvertrags der EU mit dem US-Pharmakonzern Pfizer 2021 waren Thema im Europaparlament. Bei einer Wortmeldung der deutschen AfD-Politikerin Anderson, Mitglied der rechtspopulistischen ID-Fraktion im Europäischen Parlament, kam es zu einem Eklat.

    Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, spricht bei einer Pressekonferenz im Europäischen Parlament. Hinter ihr das Logo des Europäischen Parlaments mit dem stilisierten Plenarsaal und daneben die EU-Flagge.
    Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen (CDU) (picture alliance / dpa / Jessica Lichetzki)
    Anderson erhob nach eigener Darstellung während einer Sitzung massive Korruptionsanschuldigungen gegen von der Leyen. Nach knapp einer Minute wurde ihr daraufhin vom Parlamentspräsidium das Mikrophon abgeschaltet. Von der Szene verbreitete Anderson jetzt einen entsprechenden Mitschnitt auf X und sprach von einem "ungeheuerlichen Vorgang".
    Dem Mitschnitt zufolge hatte sie von der Leyen zunächst Vetternwirtschaft vorgeworfen, weil die deutsche CDU-Politikerin während der Corona-Pandemie mit Pfizer-Chef Albert Bourla 2021 "per SMS" einen Vertrag über 35 Milliarden ausgehandelt habe. Anderson führte aus, von der Leyen weigere sich, alle Dokumente offenzulegen und einer Einladung in den Covid-Ausschuss zu folgen. Zudem ignoriere sie Anfragen der Ombudsfrau beharrlich und lächele selbst die Rüge des Europäischen Rechnungshofs ignorant weg. Das EU-Parlament müsse ihr daher spätestens jetzt, wo die Staatsanwaltschaft gegen sie ermittele, die "Rote Karte" zeigen.
    Als sie die Kommissionspräsidentin dann direkt als korrupt bezeichnete, wurde ihr das Wort entzogen. Wörtlich sagte sie laut dem Videomitschnitt: "Es ist schlimm genug, dass die Kommissionspräsidentin korrupt ist. Ein Parlament aber, dass diese Korruption deckt ist es ebenso und beraubt...". - Hintergrund der Wortmeldung von Anderson war ein Antrag zur Änderung der Tagesordnung, um das Impfstoff-Geschäft zu thematisieren. Der Antrag wurde anschließend von den anderen Abgeordneten mehrheitlich abgelehnt.

    Europäische Staatsanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

    Bislang sind keine Hinweise auf ein konkretes Fehlverhalten von der Leyens öffentlich bekannt. Die Anschuldigungen gegen sie werden vor allem in den Sozialen Medien seit mehreren Jahren erhoben. Das Magazin "Politico" berichtete Anfang April, dass die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) die Ermittlungen zu den Vorwürfen eines strafrechtlichen Fehlverhaltens im Zusammenhang mit den Impfstoffverhandlungen zwischen von der Leyen und Bourla von der belgischen Staatsanwaltschaft in Lüttich übernommen habe. Die Belgier hatten Anfang des vergangenen Jahres Untersuchungen dazu eingeleitet.
    Nach Angaben der Neuen Zürcher Zeitung erklärte eine Sprecherin der EU-Kommission: "Uns liegen keine spezifischen Informationen vor, was die EPPO untersuchen könnte". Mehr habe es "in der bemerkenswerten Angelegenheit", dass erstmals direkt gegen von der Leyen wegen möglicherweise strafbaren Fehlverhaltens ermittelt werde, von offizieller Seite nicht zu sagen gegeben, führte das Blatt aus.

    Bundesregierung hat offenbar keine Kenntnis von etwaigen Rechtshilfeersuchen

    Die Bundesregierung bestätigte laut der Berliner Zeitung zwar, dass es Ermittlungen gibt. Allerdings seien ihr "Rechtshilfeersuchen oder anderweitige Kontakte der Europäischen Staatsanwaltschaft mit deutschen Behörden im Zusammenhang mit Ermittlungen zu den Covid-19-Impfstoffverträgen der Europäischen Kommission mit der Firma Pfizer nicht bekannt", schreibt das Blatt unter Berufung auf deren Antwort auf eine Kleine Anfrage des BSW-Bundestagsabgeordneten Leye.
    Es sei zu hoffen, dass die Ermittler keinen Stein auf dem anderen ließen und deutsche Behörden – sofern erforderlich – vollumfänglich kooperierten, sagte Leye. Eine "deutsche EU-Kommissionspräsidentin, die Milliarden-Impfstoffverträge per SMS vereinbart und dann dem Europäischen Parlament die Herausgabe der SMS verweigert, tritt den Rechtsstaat mit Füßen und ist peinlich für Deutschland". Kritik an von der Leyen äußerte auch Leyes Parteikollege de Masi.
    Diese Nachricht wurde am 23.04.2024 im Programm Deutschlandfunk gesendet.