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Vorwürfe gegen Wachdienst
Kritiker fordern stärkere Kontrolle von Sicherheitsdiensten

In Köln werfen Bewohner einer Notaufnahmeeinrichtung Wachleuten sexuelle Belästigung vor. Schleswig-Holstein kündigte jüngst einem Sicherheitsdienst fristlos. Private Wachdienste machen immer wieder negative Schlagzeilen. Kritiker fordern eine stärkere Überwachung. Der Branchenverband verweist im Deutschlandfunk auf gute Ausbildungsziele, verlangt aber auch strengere Vorgaben durch die Politik.

    Eine Sicherheitskraft vor einem Flüchtlingsheim
    BDSW: Für den Einsatz in sensiblen Bereichen wie Flüchtlingsunterkünften sind nicht alle geeignet (picture alliance/dpa/Marijan Murat)
    Frauen seien beim Duschen und Stillen fotografiert und gefilmt worden, Wachleute würden ihnen auflauern und versuchen, sie zum Geschlechtsverkehr zu überreden. Die Vorwürfe wiegen schwer. Sie richten sich an die Mitarbeiter von Adlerwache. Der Kölner Sicherheitsservice selbst geht davon aus, "dass sie völlig haltlos sind". Die Polizei erklärt, sie untersuche die Angelegenheit, habe aber bislang weder Zeugen oder Opfer ermittelt.
    Übergriffe wie jene, die in Köln gemeldet wurden, seien kein Einzelfall, sagte der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, dem ARD-Portal tagesschau24. Sexuelle Grenzverletzungen fänden sich wohl in "allen Flüchtlingsunterkünften in Deutschland". Dringend erforderlich sei deshalb ein Verbot für Wachleute in Unterkünften, dort lebende Menschen zu fotografieren.
    Vorbestrafte im Sicherheitsdienst
    Von "bekannten Problemen" in der Sicherheitsbranche sprach jüngst Bernd Mesovic, der stellvertretende Geschäftsführer von Pro Asyl: "Überforderung, mangelnde Qualifikation und Überprüfung, Zahlung von Dumpinglöhnen und die undurchsichtige Weitervergabe von Aufträgen an Subunternehmen." Mesovic äußerte sich anlässlich der ersten Ermittlungsergebnisse im Fall des Handgranatenwurfs an einer Flüchtlingsunterkunft in Baden-Württemberg. Der Anschlag in Villingen-Schwenningen geht wohl auf einen Konkurrenzkampf von Sicherheitsfirmen zurück. Eine Kontrolle durch die öffentliche Hand finde nicht ausreichend statt, sagte Mesovic, Wachdienste beschäftigten "möglicherweise mutmaßliche Straftäter".
    Kurz zuvor hatte das Land Schleswig-Holstein einem in die Schlagzeilen geratenen Sicherheitsdienst fristlos gekündigt. Anfang November vergangenen Jahres war bekanntgeworden, dass das private Unternehmen straffällig gewordene Mitarbeiter in Erstaufnahmen für Flüchtlinge in Schleswig-Holstein eingesetzt hatte. Auch in Villingen-Schwennigen beendete gerade das Regierungspräsidium Freiburg die Zusammenarbeit mit der beteiligten Sicherheitsfirma.
    Branchenverband sieht beste Prävention in guter Ausbildung
    Rund 900 Sicherheitsfirmen in Deutschland gehören dem Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) an. Diese deckten 85 Prozent des deutschen Marktes ab, erklärt BDSW-Sprecherin Silke Wollmann im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Die übrigen 15 Prozent teilten gut 3.1000 weitere Anbieter unter sich auf. Die beste Prävention sei eine gute Ausbildung für die Mitarbeiter: Schulungen etwa in Deeskalation, interkultureller und sozialer Kompetenz. So könnten Prügeleien mit dem Sicherheitsdienst oder Überreaktionen durch eine gezielte Qualifikation vermieden oder zumindest Risiken verringert werden.
    "Man sieht Bewerbern Hang zu sexuellen Übergriffen nicht an"
    Notwendig aber seien strengere Vorgaben seitens des Gesetzgebers, betont die BDSW-Sprecherin. Und für Tätigkeiten in sensiblen Bereichen wie Flüchtlingsunterkünften notwendig seien besondere Regeln und Zusatzqualifikationen wie etwa das Beherrschen von Fremdsprachen. Bislang müsse das Personal vor seinem Einsatz nur einen allgemeinen 40-stündigen Kurs bei der Industrie- und Handelskammer durchlaufen. Zusätzlich werde noch die Zuverlässigkeit durch das Ordnungsamt geprüft. Was aber sexuelle Übergriffe angehe, so Wollman weiter, "da können die Arbeitgeber wenig ausrichten, das sieht man den Leuten beim Einstellungsgespräch ja auch nicht an."
    Problematisches Bieterverfahren in Ausschreibungen
    Ein weiteres Problem bei Flüchtlingsunterkünften seien die Ausschreibungen der Kommunen: In der Regel erhalte der günstigste Anbieter den Zuschlag. "Da können sie sich an der Hand abzählen, wer das überhaupt machen kann." Dass nun ausgerechnet Adlerwache derart versagt haben soll, bedauere sie, so die Branchensprecherin. Die Kölner gehörten zu den Unternehmen, die freiwillig ihre Mitarbeiter weiterbildeten. Doch wer meine, stillende Frauen fotografieren zu müssen, sei charakterlich schwach. "Da hilft auch keine dreijährige Ausbildung."