Vulkanausbrüche können ins Klima eingreifen, wenn sie große Mengen an Schwefelaerosolen in die Stratosphäre befördern, denn die schirmen die Sonneinstrahlung ab. So folgte auf den Ausbruch des Tambora 1815 das "Jahr ohne Sommer", das in Eurasien und Amerika Hunger und Tod brachte.
Seit Längerem gibt es die Hypothese, dass Vulkane auch hinter einigen Krisen in der Übergangszeit zwischen Spätantike und Mittelalter stecken könnten.
Hinweise gibt es. So schrieb der byzantinische Chronist Prokopius, dass im Jahr 536 eine mysteriöse Wolke das Sonnenlicht dämpfte, erzählt Matthew Toohey vom Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel Geomar:
"Die Zeit wird als eine Periode des sozialen Niedergangs und der Klimaverschlechterung beschrieben. In weiten Bereichen Europas und Mittelamerikas ging die Bevölkerung zurück, Siedlungen wurden aufgegeben. Pollenanalysen verraten Umstellungen in der Landwirtschaft, und es wird vermutet, dass die Klimaverschlechterung die erste Ausbreitung der Pest in Europa beeinflusst hat."
Nun gibt es auch Beweise für die Theorie. Forscher haben in Eisbohrkernen aus Grönland und der Antarktis Schwefelanomalien gefunden, die von zwei großen Eruptionen Mitte des sechsten Jahrhunderts stammen.
"Im Jahr 536 zum Beispiel sieht man eine sehr großes Sulfatsignal. Das größte innerhalb von Grönland in den gesamten 2000 Jahre.", erklärt Michael Sigl vom Paul Scherrer Institut im Kanton Aargau.
Da das Signal von 536 nur in Grönland auftaucht und nicht in der Antarktis, muss - aufgrund der Windströmungen in der Stratosphäre - ein Vulkan in Alaska oder Kanada ausgebrochen sein.
"Nur vier Jahre nach dem großen Ausbruch der Nordhemisphäre, dem 536er-Ausbruch, hat ein weiterer Vulkanausbruch stattgefunden, und diesmal sind wir sicher, dass er in den Tropen ist, weil wir sehen Sulfatsignale in Grönland und in der Antarktis zur gleichen Zeit."
Die Forscher berechneten aus den Sulfatkonzentrationen im Eis die Größe der Aerosolwolken beider Ausbrüche und schätzten ihre Wirkung ab.
"Unseren Modellrechnungen zufolge sank die durchschnittliche Sommertemperatur auf der Nordhemisphäre nach jeder der Eruptionen um mehr als 2°C. Das stimmt sehr gut mit den Ergebnissen der Baumringanalysen überein."
Jede dieser beiden Eruptionen war stärker als alle anderen Ausbrüche der vergangenen 2000 Jahre. Nach der ersten setzte eine starke Abkühlung ein. Die war noch noch nicht ganz abgeklungen, als die zweite Eruption das Klima erneut auf Talfahrt schickte.
"Diese Temperaturanomalien hatten sehr große Folgen für die Gesellschaften im Norden, wo das Getreide nur nach einem warmen Sommer reift. Aber auch der Mittelmeerraum war betroffen, wenn auch nicht so stark."
Wenn sich zwei große Ausbrüche innerhalb weniger Jahre ereignen, erholt sich das Klima nur sehr langsam. Die Ursache dafür sind Rückkopplungseffekte. Das war auch vor 1500 Jahren so: Durch die Kältewellen hatte sich im Bereich der Barentsee sehr viel Meereis gebildet. Das kühlte den Kontinent noch weiter, als die Aerosole bereits aus der Stratosphäre ausgewaschen waren und das hat zu einer zehn Jahre langen Abkühlung beigetragen.
Der zweite Ausbruch, der des Vulkans in den Tropen aus dem Jahr 540, verlängerte jedoch nicht nur die Hungerzeit in Europa. Er könnte auch die Ursache für die erste große Krise in der Maya-Kultur sein, erklärt Kees Nooren (Nuure) von der Universität Utrecht.
"Wir schlagen das nicht als erste vor. Auch amerikanische Kollegen glauben, dass es einen Zusammenhang mit einem Vulkanausbruch gibt. Aber sie sind der Ansicht, dass es ein Ausbruch des Ilopango in El Salvador war. Wir werten Sedimentkerne in einem See und einem Delta in Mexiko aus, und wir finden darin keine Hinweise auf einen Ausbruch dieses Vulkans. Statt dessen finden wir Aschelagen eines Vulkans im Süden Mexikos - des El Chichon.
Der El Chichon verrät sich in den Aschen durch seinen chemischen Fingerabdruck. Und die Datierung ergab, dass dieser Ausbruch mit rund 540 Jahren vom Alter her passt. Und zwar sowohl zu der Krise in der Maya-Kultur, als auch zu den Sulfatanomalien in den antarktischen und grönländischen Eisbohrkernen. Die beiden Vulkanausbrüche zusammen könnten also rund um die Welt für Hunger gesorgt haben und für soziale Unruhen