Archiv

Vulkane
Blitze in der Aschewolke

Blitze entstehen nicht nur in Gewitterwolken, auch Ascheteilchen in den Rauchwolken von Vulkanen können sich elektrisch aufladen. Münchner Forscher wollen aus der Blitztätigkeit Rückschlüsse über die Ausbreitung der Asche ziehen. Am Ende könnte dabei ein Warnsystem für den Flugverkehr herauskommen.

Von Dagmar Röhrlich |
    Rauchwolke über dem Vulkan Sakurajima nahe der japanischen Stadt Kagoshima nach einem Ausbruch am 18.8.2013. Der 1117 Meter hohe Vulkan spie seine Asche dabei bis in 5000 Meter Höhe.
    Der japanische Sakurajima-Vulkan explodiert mehrmals am Tag und ist berühmt für seine spektakulären Blitze. (picture alliance / dpa / Japan Meteorological Agency)
    Ein Strahl schwarzer Asche schießt aus einer drei Zentimeter weiten Düse. Darin zucken haarfeine Blitze auf. Genau die interessieren den Mineralogen Corrado Cimarelli von der Ludwig-Maximilian-Universität in München:
    "Zwar sind die Blitze, die in vulkanischen Aschewolken entstehen, weniger bekannt als Gewitterblitze, aber im Grunde steckt derselbe Prozess dahinter - nämlich eine elektrische Entladung. Nur dass bei einem vulkanischen Blitz die Asche entscheidend ist."
    Vulkanische Asche entsteht, wenn sich im aufsteigenden Magma Gase ausdehnen, das flüssige Gestein zerfetzen und als Aschepartikel herausschleudern. Dabei wird die Asche unter anderem elektrostatisch aufgeladen, so Cimarelli:
    "Die geladenen Partikel steigen in der Aschewolke auf und werden durch Turbulenzen innerhalb dieser Wolken getrennt. Das elektrische Potenzial wird schließlich so groß, dass es sich in einem Blitz entlädt."
    Smartphone-Fotos belegen Häufigkeit der Vulkanblitze
    Vor wenigen Jahren glaubten Vulkanologen noch, dass es sich bei vulkanischen Blitzen um ein bizarres und vor allem seltenes Phänomen handelt. Dank der zahllosen ins Netz gestellten Smartphone-Aufnahmen von Ausbrüchen ist inzwischen jedoch klar, dass sie bei rund 60 Prozent aller Eruptionen auftreten, erklärt Cimarelli:
    "Bei einem Vulkanausbruch gibt es jedoch zu viele Variablen, die wir nicht kontrollieren können, also untersuchen wir dieses Phänomen im Labor. Wir füllen Asche, die von einem Ausbruch des Popocatepetl in Mexiko stammt, in versiegelte Stahldruckbehälter. Die Asche wird elektrisch aufgeladen. Dann pressen wir Gas in den Behälter, bis schließlich - wie bei einem echten Ausbruch - Drücke von mehreren hundert Bar herrschen. Anschließend wird die Versiegelung durchstoßen, Gas und Asche schießen heraus. Das beobachten wir mit nicht nur mit Hochgeschwindigkeitskameras, sondern auch mit Kupferantennen, die selbst die Blitze registrieren, die für die Kameras unsichtbar sind."
    Bei ihren Experimenten veränderten die Mineralogen unter anderem systematisch die Größe der Aschepartikel. Sie wollten sehen, ob und wenn ja, wie feinere oder gröbere Asche den Aufbau der elektrischen Ladung beeinflusst. Das Ergebnis: Es entstehen umso mehr Blitze, je feiner die Asche ist:
    "Mithilfe dieser Erkenntnisse können wir Rückschlüsse auf das dynamische Geschehen in echten Aschewolken ableiten. Und diese Erkenntnisse könnten wichtig sein für die Luftfahrt: Wenn bei einem Vulkanausbruch mehr Blitze auftreten, kann das also bedeuten, dass große Mengen an feiner Asche ausgestoßen werden. Feine Partikel halten sich länger in der Atmosphäre und werden vom Wind über große Distanzen verfrachtet. Wir hoffen, dass wir durch das Überwachen der Blitztätigkeit vorhersagen zu können, wie großräumig dieser Ausbruch für Flugzeuge zum Problem werden könnte."
    Und so werden nun am japanischen Sakurajima-Vulkan die Ergebnisse überprüft. Der explodiert mehrmals am Tag: Dabei fördert er sehr feine Asche, und er ist geradezu berühmt für seine spektakulären Blitze. Ideale Voraussetzungen also, um die Idee abzuklopfen, ob vulkanische Blitze als Frühwarnsystem für die Luftfahrt taugen.