Ein ganzer Datenträger voll von internen Emails, Dokumenten und Aktennotizen liegt offenbar dem ZDF vor. Und dieser Berg von Informationen lässt eigentlich nur eine Schlussfolgerung zu: Das stinkt. So sieht das auch der Vorsitzende des Bundestagsuntersuchungsausschusses zum VW-Dieselskandal, Herbert Behrens von den Linken:
"Ja, in der Tat, es stinkt gewaltig."
Da wäre zum Beispiel die interne E-Mail eines VW-Mitarbeiters aus dem April 2016 an Kollegen, in der er mit den Worten "Halleluja – Danke, ich gebe einen aus!" die Tatsache feiert, dass das Kraftfahrtbundesamt (KBA) ein Softwareupdates freigegeben hat, obwohl Messdaten eindeutig zeigen, dass die Stickoxidgrenzwerte nur im Testbetrieb, nicht jedoch auf der Straße eingehalten werden. Ein Unding – immerhin habe VW immer wieder betont, durch ein simples Softwareupdate alle Probleme lösen zu können, meint Herbert Behrens.
"Ich halte es für einfach kaum noch zu überbieten, wenn jetzt herauskommen sollte, dass VW in Absprache mit dem KBA eine vermeintliche Nachrüstung der Autos vorgenommen hat, ohne dass es zu einer wirklichen Veränderung des NOX-Ausstoßes kommt."
Womöglich Deal mit dem KBA?
Das KBA hatte bereits Anfang April 2016 für verschiedene Modelle des VW-Konzerns bestätigt, dass nach dem Softwareupdate der Motorsteuerung die ursprünglich vorhandene illegale Abschalteinrichtung nicht mehr vorhanden sei – und dass neue Abschalteinrichtungen zulässig seien. Ein Jahr zuvor hatte VW selbst Zielwerte für den Stickoxid-Ausstoß bestimmter Fahrzeugmodelle formuliert, die weiterhin eine Überschreitung der Stickoxid-Grenzwerte um den Faktor drei bis fünf im Straßenbetrieb zulassen.
"Das deutet daraufhin, dass offenbar ein Deal mit dem KBA abgeschlossen worden ist, und eine Zusage kam, wenn diese Zielwerte eingehalten werden, dann ist das alles in Ordnung. Wenn es diese Kumpanei gegeben hat, dann ist in der Tat noch ein weiterer Skandal in dem ohnehin schon vielfältigen Skandal da."
VW weist immer wieder darauf hin, dass die fraglichen Motoren nach dem Softwareupdate alle gesetzlichen Bestimmungen vollständig erfüllen, meint damit allerdings die für den Rollentestbetrieb gültigen Bestimmungen. In der ZDF-Sendung "Zoom" hält der Umweltrechtler Martin Führ von der Uni Darmstadt dagegen. Aus seiner Sicht ist dieses Vorgehen von VW unzulässig.
"Eine solche Strategie, konsequent das Recht zu missachten, ist mir in dieser Deutlichkeit noch nie begegnet."
Ganz klar, so der Experte weiter:
"Juristisch ist das eine Auslegung, die keinen Bestand hat."
Diese Argumentation greift auch Marion Jungbluth vom Verbraucherzentrale Bundesverband auf. Offenbar sei die ganze Umrüstaktion von VW aus Verbrauchersicht eine reine Farce, kritisiert sie.
"Es ist auch unglaublich, dass den Verweigerern der Umrüstung, die für sich beschlossen haben, der nicht nachzukommen, dass denen die Betriebsuntersagung für ihre Fahrzeuge droht, obwohl bekannt ist, dass die Maßnahme nicht dazu führt, dass die Autos tatsächlich sauberer auf der Straße unterwegs werden."
Zu Recht müsse sich jeder betroffene VW-Kunde fragen:
"Wieso muss ich mich dieser Anordnung unterwerfen, wenn mir keiner erklären kann, wozu ich das zu machen habe. Und da ist der Bundesverkehrsminister in der Pflicht, genau diese Notwendigkeit oder diese Sinnhaftigkeit mal der Öffentlichkeit zu erklären."
Womöglich Stoff für weiteren Untersuchungsausschuss
Immer mehr Fragen. Dabei hatte VW doch eine vollständige Lösung der Dieselproblematik mit geringem Aufwand versprochen. Irgendwie habe er das Gefühl, dass auch die Arbeit im Bundestagsuntersuchungsausschuss zum Dieselskandal eigentlich noch nicht abgeschlossen sei, meint Herbert Behrens. Formal endet die Ausschussarbeit mit dem Ende der Legislaturperiode. Der Dieselskandal sei aber vor allem mit Blick auf mögliche Deals des VW-Konzerns mit dem KBA bei Weitem noch nicht aufgeklärt.
"Das alles macht nach meinem Dafürhalten es nötig, dass in der neuen Wahlperiode sich noch mal ein Untersuchungsausschuss mit dieser Frage auseinandersetzt."
Es könnte also sein, dass die Präsentation des Abschlussberichts des Ausschusses am 28. Juni im Bundestag nur eine Zwischenstation ist.