Volkswagen-Krise
Ein Problem fürs Sport-Sponsoring?

Der Autokonzern VW steckt in einer tiefen Krise, die Schließung von drei Werken steht im Raum und in allen Bereichen soll gespart werden. Welche Konsequenzen hat die Krise auf das Sponsoring des Sports? Kann sich der Konzern seine Werksmannschaften und das Sponsoring des DFB und andere Engagements noch leisten?

Von Jessica Sturmberg |
Alexandra Popp, Spielerin des VfL Wolfsburg  am 20. Oktober 2024 im Stadion an der Hafenstraße, Essen. Endstand 0:2 vor 3.217 Zuschauern *** Svenja Huth Google Pixel Women Bundesliga SGS Essen.
VW steht wie kein zweiter Sponsor für Engagement im Frauenfußball. (IMAGO / frontalvision.com / IMAGO / Marcel Rotzoll)
Das Stadion des VfL Wolfsburg – die Volkswagen-Arena – war diese Woche Schauplatz zweier gegensätzlicher Ereignisse. Am Dienstagabend wurde noch der Pokalsieg über Borussia Dortmund gefeiert, am nächsten Tag an selber Stelle verhandelt. Die Konzernleitung und die Gewerkschaften saßen in einer der Logen zusammen, um dort über ganz existenzielle Fragen zu sprechen. Werden Werke geschlossen? Verlieren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Jobs? Wie viel müssen sie in Zukunft an Gehalt verzichten?
Existenzielle Fragen, während gleichzeitig eine Werkself mehr schlecht als Recht in der Bundesliga spielt und VW viele Millionen für Sponsoring im Sport in die Hand nimmt.
„Es geht ans Eingemachte bei diesem Unternehmen und das wird sehr viele Einzelschicksale hervorrufen und da ist der Moment gekommen, wo draußen eine Erwartungshaltung da ist, alles auf Herz und Nieren zu prüfen.“
Erklärt auch die Medienwissenschaftlerin Jana Wiske von der Hochschule Ansbach gerade mit Blick auf das Image des Profi-Männer-Fußballs.

Mögliche Reduzierungen noch offen

Betriebswirtschaftlich betrachtet, ist die Frage: Welchen Nutzen hat der Konzern zu welchen Kosten? Als Sponsor beim DFB und den deutschen Nationalmannschaften oder über die Tochter Audi auch bei Rekordmeister Bayern München. Ob es im Fall des DFB-Engagements zu einer Reduzierung kommt, dazu haben sich weder der Konzern, noch der DFB geäußert.
Der VfL Wolfsburg dagegen ist hundertprozentige Konzerntochter. Erzielt der Klub Gewinne, wie beispielsweise durch den über 70 Millionen Euro teuren Verkauf von Kevin de Bruyne, fließt das Geld an den Konzern, sonst läuft es umgekehrt. Aktuell sollen es rund 80 Millionen Euro im Jahr sein, die sich VW den Klub kosten lässt. Damit gehört der Verein zur oberen Hälfte, was die Etats angeht. Und auch wenn einzelne Spieler hohe Gehälter beziehen, spielen die Kosten des Sportsponsorings in der Gesamtkonzernbilanz keine bedeutende Rolle, betont Marco Klewenhagen, Geschäftsführer der Sportbusiness-Plattform und gleichnamigen Konferenz Spobis:
„Wenn man alle Aktivitäten und alle Sponsorings in Deutschland von der Marke Volkswagen nimmt, inklusive Mitarbeiter und Aktivierung, dann kommt man vielleicht auf rund 200 Millionen Euro im Jahr. Das ist viel Geld, da wo Sie und ich herkommen, natürlich aber auf den Gesamtkonzern bezogen, wenn man bedenkt, der Konzern macht über 300 Milliarden Umsatz, ist das natürlich, ich befürchte eine Rundungsstelle in einer Excel-Tabelle.“
Nahaufnahme des VW-Logos auf dem Trikot des VfL Wolfsburg.
VW: Ein Trikot-Sponsor in der Krise. (dpa / picture alliance / Peter Steffen)
Der Nutzen wiederum ist abhängig davon, wie das Sponsoring gerade wirkt. Zahlt es weiter auf die Marke ein? Hier kommt es darauf an, ob die Botschaft beim Sponsoring zu dem passt, wofür das Unternehmen steht, erklärt Jana Wiske:
„Ich kann natürlich viel wollen, wenn ich es selber nicht lebe, dann wird es problematisch. Das heißt, ich muss natürlich dahinterstehen. Ich muss selber in meiner DNA so etwas verankert haben und darf das nicht nur für diesen Schein nach außen hinwollen.“

VW mit intensivem Engagement im Frauenfußball

Die zentrale Markenbotschaft von Diversität und Vielfältigkeit wird da ganz besonders über den Frauenfußball transportiert, in den VW schon sehr früh investiert hat, sagt Sportmarketingexperte Marco Klewenhagen:
„Wenn VW jetzt beispielsweise sagen würde, wir steigen jetzt aus unserem Engagement im Frauenfußball aus, wo sie wirklich toll und seit Jahren Pionierarbeit machen. Und jetzt würde man sich vorstellen, dass man sagt da steigen wir jetzt aus, dann fangen wir da an zu sparen, wo man sagt, da haben wir uns über Jahre etwas aufgebaut in einer für uns nicht nur wichtigen Zielgruppe, sondern dafür steht unser Konzern. Ich würde davon abraten.“

Aussteigen aus Sponsoringverträgen laut Sportmarketingexperte "imageschädlich"

Es geht bei der Betrachtung der Sportsponsoringaktivitäten auch um die langfristige Botschaft. VW ist zwar in der Krise, aber nicht in der Abwicklung. Vielmehr geht es um eine Neuaufstellung des Konzerns, um weiterhin im Weltmarkt ein bedeutender Player zu sein. Abgesehen davon, dass VW nicht einfach aus Sponsoringverträgen aussteigen kann, wäre das davon ausgehende Signal aus Kosten-Nutzen-Betrachtung eher schädlich, urteilt Klewenhagen:
„Sie müssen vor allem zum Ausdruck bringen, dass man morgen absolut wieder mit ihnen rechnen kann. Und dass sie jetzt nicht so angeschlagen sind, dass man sagt, jetzt geht gar nichts mehr. Und ich finde, wenn man da an der falschen Stelle Maßnahmen zum Ausdruck bringt, die fast verzweifelt wirken würden, wäre mein Eindruck, das könnte eher imageschädlich sein.“
Der Vfl Wolfsburg bejubelt ein Tor gegen Köln - das Foto zeigt Ewa Pajor, 9, Marina Hegering, 31, Alexandra Popp, 11, Sveindis Jonsdottir, 23, alle in grünen Trikots.
VW zeigt seit Jahren Engagement im Frauenfußball (IMAGO / Tobias Jenatschek / IMAGO / Tobias Jenatschek)
Für den Konzern ist es derzeit eine schwierige Gratwanderung, mit den Sponsoringaktivitäten in der Krise die richtige Botschaft zu senden. Wichtig dabei ist es, alle Personen mitzunehmen, betont Jana Wiske.
„Ich muss die ganzen Mitarbeiter, ich muss den ganzen VfL Wolfsburg, alle Spieler sensibilisieren für diese schwierige Situation. Und eben auch darauf drängen, dass die Kommunikation und das Außenbild jetzt eben ein demütiges ist, dass man weiß, in welcher Situation man sich befindet und dann nicht irgendwelche Posts auf Social Media hat, die dann zeigen, was sie für eine Golduhr haben.“