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VW-Skandal
Wie viel wusste Bosch?

Bosch ist offenbar stärker in den VW-Abgasskandal verwickelt als bisher gedacht. Das Unternehmen soll jahrelang die Betrugssoftware für VW entwickelt haben und genau gewusst haben, dass diese illegal war. Das geht aus einer Klageschrift des Verfahrens gegen VW in den USA hervor - die setzt auch Bosch-Chef Volkmar Denner unter Druck.

    Der Schatten des Vorsitzenden von Bosch, Volkmar Denner, auf einer weißen Wand mit Bosch-Logo.
    Was wusste Bosch-Chef Volkmar Denner über die Abgasmanipulation bei VW? (dpa/picture alliance/Marijan Murat)
    Die belastenden Dokumente wurden am vergangenen Freitag zu einer Schadensersatzklage von VW-Autobesitzern gegen Bosch bei einem Bezirksgericht in San Francisco eingereicht. VW musste sie im Zuge des Rechtsstreits mit Kunden über Schadensersatz für Hunderttausende manipulierte Dieselautos zugänglich machen. Die wesentlichen Stellen zu Bosch waren bisher geschwärzt gewesen.
    Darin zitieren die Klägeranwälte eine E-Mail von Bosch an VW aus dem Juni 2008, in der das Unternehmen einen Haftungsausschluss von jeglichen rechtlichen Ansprüchen fordert, die aus der Arbeit an dem "defeat device" (Betrugssoftware) entstehen könnten. Bosch wies demzufolge in dem Schreiben ausdrücklich darauf hin, dass die Verwendung einer Abschaltfunktion bei Abgastests in den USA verboten sei. Zudem warne der Zulieferer, dass die damit ausgestatteten Fahrzeuge durch die Software ihre Betriebserlaubnis verlieren könnten. In den Dokumenten heißt es außerdem, Bosch habe sein Wissen über die illegale Abschaltsoftware gegenüber den US-Behörden zurückgehalten. Auch Bosch-Chef Volkmar Denner wird in der Klageschrift explizit erwähnt: Er soll bei einem Treffen mit dem damaligen VW-Chef Martin Winterkorn im Mai 2014 über die Nutzung einer Betrugssoftware im Bilde gewesen sein.
    Bosch arbeitet an Klageerwiderung
    Bosch hatte bisher zurückgewiesen, an der Manipulation der von ihr entwickelten Software beteiligt gewesen zu sein. Kurz nach Bekanntwerden des Skandals hatte der Autozulieferer erklärt, für den Einbau der von ihm gelieferten Komponenten sei VW alleine zuständig gewesen.
    Bosch erklärte nun, man nehme die Vorwürfe der Manipulation von Dieselsoftware sehr ernst und kooperiere mit den Behörden. Die Vorwürfe seien Gegenstand strafrechtlicher Ermittlungsverfahren und Zivilgerichtsverfahren, zu deren Details sich das Unternehmen nicht äußern wolle. "Wir arbeiten derzeit an einer Klageerwiderung," sagte ein Sprecher.
    650 Millionen Euro Rechtskosten zurückgelegt
    Die von Bosch entwickelte Software wurde nur in Autos in den USA eingebaut. Bei den von der Abgas-Manipulation betroffenen Autos in Europa kam Software von Continental zum Einsatz. Auch Continental bestreitet, an der Umprogrammierung seiner Software beteiligt gewesen zu sein.
    Neben den Privatklagen in den USA ermitteln auch die Staatsanwaltschaften in den USA und Stuttgart wegen einer Beteiligung an dem mutmaßlichen Betrug gegen Bosch. Der Konzern legte im vergangenen Jahr 650 Millionen Euro für Rechtskosten durch den Dieselskandal zurück. Damit ist auch für eine Geldbuße in einem noch laufenden EU-Kartellverfahren gegen Zulieferer vorgesorgt.
    (cvo/am)