Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone auf dem niedrigsten Stand seit drei Jahren - der Januar-Wert von 11,2 Prozent ist dennoch eine irreführende Quote. Ebenso der Wert von 9,8 Prozent für die gesamte EU. Denn er bedeutet übersetzt: 23,8 Mio. Menschen sind in Europa ohne Job. Und rückläufige Preise - die Inflationsrate lag im Januar bei minus 0,3 Prozent - sind auch kein Trost, weiß EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker:
"So kann das nicht bleiben. Europa, die Europäische Union befindet sich in einem Investitionsloch - und aus diesem Loch müssen wir in gemeinsamer Anstrengung uns hinaus bewegen, weil wer nicht investiert, der begibt sich der Chance auf Dauer Wachstum und Beschäftigung in Europa herbeiführen zu können."
Größenordnung jenseits der 500 Milliarden Euro
Dramatisch hinkt Europa anderen dynamischer wachsenden Ländern und auch seinen selbst gesteckten Zielen hinterher. Beispiel Forschung und Entwicklung. Drei Prozent der Wirtschaftsleistung soll eigentlich hier hinein gesteckt werden; dieser 15 Jahre alte Zielwert wird immer noch nicht erreicht, die Investitionslücke allein hier: 130 Milliarden Euro - und das pro Jahr. Weitere hundert Milliarden Euro müssten in die Energieversorgung, 50 Milliarden in die Verkehrswege oder 55 Milliarden in die digitalen Netze gesteckt werden, rechnet Werner Hoyer, der Präsident der Europäischen Investitionsbank EIB, schonungslos vor. Und das sind nur die größeren Posten.
"Wenn man das alles aufaddiert, welchen Nachholbedarf es in den Bereichen Bildung, Innovation und Infrastruktur gibt, kommt man auf eine Größenordnung von jenseits der 500 Milliarden Euro - pro Jahr."
Europa, das durch die Eurokrise zusätzlich zurückgeworfen wurde, müsse den Krisenmodus hinter sich lassen, müsse endlich wieder intelligent investieren und das über alle Zukunftsprodukte und -märkte hinweg:
"Es wird nicht reichen, zu glauben, Europa könne sich angesichts solcher Herausforderungen auf Nischenmärkte zurückziehen und es reiche, dort eine Spitzenstellung einzunehmen. Eine solche Rechnung könnte sich als der Anfang vom Ende herausstellen. Das Gegenteil ist der Fall. Wir müssen in puncto Innovation wieder ein Vollsortimenter werden",
fordert EIB-Präsident Hoyer, über dessen Förderbank EU-Kommissionspräsident Juncker sein Investitionsprogramm für Europa laufen lassen will. 21 Milliarden Euro unter anderem aus dem EU-Haushalt bilden den finanziellen Kern des Juncker-Programms. Das 15-fache - 315 Milliarden Euro - soll an privaten Investitionen damit angestoßen werden.
Echte Neuigkeit von Kanzlerin Merkel
"Machen Sie mit, sonst wird das alles nichts",
fordert Juncker denn auch die europäischen Unternehmer auf, der ansonsten wie Kanzlerin Merkel davor warnt, solche Programm zu überschätzen.
"All das, was wir in Richtung Wachstum unternehmen wollen wird aber erfolglos bleiben, wenn die Wettbewerbsfähigkeit der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht hoch genug ist",
mahnt Angela Merkel. An Junckers Investitionsplan beteiligt sich Deutschland bislang nicht mit Geld aus dem Bundeshaushalt, sondern nur über ein Kreditprogramm der staatlichen Förderbank KfW. Sollte das Programm gut laufen, dann kann sich Merkel - und das ist eine echte Neuigkeit - sogar eine kleine Aufstockung vorstellen..
"Die Kfw hat sich bereit erklärt, sich mit bis zu acht Milliarden Euro an der Finanzierung von Investitionsplattformen und konkreten Projekten zu beteiligen. Lassen Sie uns das alles jetzt auf den Weg bringen, und wenn wir dann sehen, dass das Geld sehr schnell abfließt, dann wird man immer wieder weiter schauen können."