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Wachstumstrend bei Klimagasen

Klimaforschung. - Ende des Jahres findet in Montreal die inzwischen 11. Klimaschutzkonferenz im Rahmen des Kyoto-Protokolls statt. Im Vorfeld warnt das UN-Klimasekretariat vor einer krassen Verfehlung der 1997 in der japanischen Kaiserstadt formulierten Reduktionsziele für Treibhausgase. Statt einer Verringerung der Emissionen bis 2012 steht eine kräftige Erhöhung an.

Von Volker Mrasek |
    41 Industriestaaten und Länder des früheren Ostblocks - sie alle müssen ihre Karten jedes Jahr aufs Neue offenlegen und dem Bonner Klimasekretariat berichten, wie viel Treibhausgase sie ausstoßen. Die UN-Kontrolleure legen jetzt erstmals eine umfassende Sammlung dieser Daten vor - für den Zeitraum von 1990 bis 2003. Da gibt es gute und schlechte Nachrichten. Die gute zuerst. Sie kommt von Sergey Kononov, einem der Experten des Klima-Sekretariates:

    "Die gute Nachricht ist, daß die Emissionen der entwickelten Länder, wenn man sie zusammen nimmt, um sechs Prozent gesunken sind zwischen 1990 und 2003."

    Schaut man sich die Daten allerdings näher an, dann stellt man fest: Dieser Rückgang hat nicht sonderlich viel mit aktiver Klimaschutzpolitik zu tun. Kononov:

    "Dieser Erfolg rührt zum größten Teil noch aus den frühen 90er Jahren, als die Wirtschaft in den früheren Ostblockstaaten zusammenbrach. Dadurch gingen die Treibhausgas-Emissionen stark zurück. Inzwischen wächst die Wirtschaft in diesen Ländern aber wieder. Seit dem Jahr 2000 etwa kehrt sich der Trend bei den Emissionen deshalb um."

    Um so stärker schlägt nun eine andere Entwicklung durch, die der neue UN-Bericht klar aufzeigt: In den westlichen Industrieländern geht der Klimagas-Ausstoß seit jeher kräftig nach oben. Ihre Emissionen stiegen zwischen 1990 und 2003 um rund neun Prozent. Und dieser Trend könnte sich in den nächsten Jahren noch verstärken. Das ist die schlechte Nachricht, die UN-Kontrolleur Sergey Kononov bereithält:

    "Die schlechte Nachricht ist, daß die bisherigen Klimaschutzanstrengungen noch lange nicht ausreichen. Nach dem gegenwärtigen Stand dürften die Emissionen der Industrieländer und der früheren Ostblockstaaten bis zum Jahr 2010 um insgesamt elf Prozent zunehmen."

    Plus elf statt minus fünf Prozent, wie es das Kyoto-Protokoll bis 2010 vorsieht - zwischen Anspruch und Wirklichkeit in der Klimapolitik klafft offenkundig eine riesige Lücke. Nicht nur erklärte Kyoto-Verweigerer wie die USA und Australien belasten das Klima dabei immer stärker, sondern auch EU-Staaten wie Spanien, Portugal, Finnland und Österreich. Ihre Treibhausgas-Emissionen stiegen bis 2003 um 17 bis 42 Prozent. Das sind enorme Zuwächse. Länder wie Großbritannien und Deutschland schafften es auf der anderen Seite, immer weniger Klimagase zu produzieren. Die Briten senkten ihren Treibhausgas-Ausstoß seit 1990 um 13 Prozent, Deutschland sogar um 18. Warum diese krassen Unterschiede? Warum ist Großbritannien so erfolgreich? Und warum legt ein Land wie Kanada bei den Emissionen zur selben Zeit um fast 25 Prozent zu? Noch einmal Sergey Kononov:

    "Großbritannien hat so beachtliche Erfolge, weil es sich bemüht, Kohle in der Energieerzeugung so weit wie möglich durch Gas zu ersetzen. Und Erdgas verursacht nun einmal geringere Treibhausgas-Emissionen. Nehmen wir Kanada, dann denkt man zunächst an die großflächige Nutzung von Wasserkraft dort und wundert sich erst einmal über den Anstieg der Emissionen. Aber auch diese Form der klimaschonenden Energieerzeugung stößt an ihre Grenzen. Sie kann nicht Schritt halten mit dem starken Bevölkerungszuwachs, den das Land erlebt. Deshalb setzt Kanada wieder stärker auf Erdöl. Und zwar wird es in der Provinz Alberta inzwischen in großem Stil aus Ölsanden gewonnen und für die Energieerzeugung genutzt."

    Reduktionsverpflichtungen gemäß dem Kyoto-Protokoll sind beide Länder eingegangen. Nur dürfte Kanada sie weit verfehlen, während Großbritannien sie heute schon erreicht hat. Zusammen genommen steigen die Emissionen der Industrieländer jedenfalls weiter kräftig an. Und alle Zahlen, die den UN-Kontrolleuren heute vorliegen, zeigen: Wenn die entwickelten Länder nicht weitere einschneidende Maßnahmen treffen, wird sich die Erdatmosphäre immer weiter mit Treibhausgasen aufladen. Und die Chance, eine kritische Klimaerwärmung noch zu vermeiden, wird immer kleiner ...