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Wackelnder Erdkörper
Die Erde und ihr "Chandler-Eiern"

Vor 170 Jahren kam in Boston Seth Carlo Chandler zur Welt. Der Astronom war zunächst am Harvard College Observatory tätig, später in der Längenabteilung der US-Marine, in der er sich mit präziser Himmelsvermessung beschäftigte.

Von Hermann-Michael Hahn |
    Alte Schwarz-Weiß Fotographie von Seth Carlo Chandler mit Schäuzer, Halbglatze und kleiner, rundlicher Brille.
    Seth Carlo Chandler (NAP)
    Seth Chandler erkannte, dass das himmlische Koordinatensystem minimal schwankte. Der von ihm durch äußerst genaue Positionsbestimmungen von Sternen entdeckte Effekt resultiert aus einem Wackeln des Erdkörpers.
    Die Erdachse eiert mit einer Periode von einem Jahr und gut zwei Monaten. Das Schwanken verrät sich am Himmel mit einer Veränderung der Positionen um 0,17 Bogensekunden.
    Auf die Erdoberfläche übertragen heißt das, dass die Ausrichtung des Planeten Erde mit einer Periode von 435 Tagen um gerade einmal fünf Meter schwankt.
    Die rotierende Erde eiert ein wenig.
    Die rotierende Erde eiert ein wenig. (NASA)
    Dies mag man zunächst für unbeobachtbar halten – doch Seth Chandler hat dieses winzig kleine Schwanken bereits vor fast anderthalb Jahrhunderten entdeckt. Der Effekt heißt ihm zu Ehren inzwischen "Chandler-Wobble" oder Chandler-Eiern.
    Es entsteht dadurch, dass die Hauptträgheitsachse der Erde nicht mit der Rotationsachse zusammenfällt. Warum das so ist, ist allerdings rätselhaft. Vermutlich liegt dies an Massenbewegungen in der Atmosphäre und in den Ozeanen.
    Seth Chandler, der mit äußerst genauen Himmelsbeobachtungen viel über die Erde in Erfahrung gebracht hat, ist 1913 im Alter von 67 Jahren verstorben. Der "Chandler-Wobble" unseres Planeten wird noch lange an ihn erinnern.