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Wählen mit Chip

Informatik. - In Berlin begann am Mittwoch die Messe "Omnicard 2002", der bedeutendste Kongress Deutschlands zum Thema Chipkarten. Während in einer umfangreichen Ausstellung die Branche ihre Innovationen präsentiert, erörtern Experten auf Podiumsdiskussionen und in einem Vortragsforum mögliche Einsatzzwecke und Sicherheitsfragen von Chipkarten. Neben dem Gebrauch im Handel und im Verkehr sollen Chipkarten künftig auch bei Wahlen verwendet werden.

    Hatte der Veranstalter während der ersten Omnicard-Kongresse noch Telefonkarten verteilt, so ist es in diesem Jahr die so genannte Voting Card, eine Chipkarte für Umfragen und Wahlen. Diese Chipkarte besitzt kryptographische Funktionen, ist also mit einer Verschlüsselung gegen Hackerangriffe geschützt, was der Essener TÜV-IT mit seinem Zertifikat bestätigt. Umfragen beantworten oder wählen können die Besitzer der Voting Card an einem besonderen Terminal. Es ähnelt einem Parkscheinautomaten mit Bildschirm: Man schiebt die Chipkarte hinein und tastet auf dem berührungsempfindlichen Bildschirm das gewünschte Feld an. Entwickler Harms Becker von der Leverkusener iVL GmbH versichert, dass es unmöglich ist, Stimmabgabe und den Abstimmenden nachträglich einander zuzuordnen. Das Wahlgeheimnis sei gesichert, weil Karten- und Wahl-Information an zwei unterschiedliche Server-Computer zur Auswertung geschickt werden. "Das System ist vergleichbar mit der Briefwahl", erläutert Becker. "Im ersten Schritt melden Sie sich beim Wahlamtsserver an. Er prüft, ob Sie schon gewählt haben. Wenn nicht, bekommen Sie einen elektronischen Stimmzettel, der von Ihnen ausgefüllt wird. Der Stimmzettel wird verschlüsselt. An den Wahlamtsserver wird nur die Information geschickt, dass Sie jetzt gewählt haben, während der Stimmzettel an einen Urnen-Server geschickt wird."

    Abgegebene Stimmen werden mit dem öffentlichen elektronischen Schlüssel des Wahlleiters verschlüsselt. Das bedeutet, nur der Wahlleiter kann mit seinem passenden geheimen Schlüssel die Stimmen lesen. Dieser Schlüssel befindet sich auf einer Signatur-Chipkarte, die zum Beispiel bei Bundestagswahlen bis 18:00 Uhr in einem Tresor liegen könnte. Im April wird im Brandenburger Landesbetrieb für Datenverarbeitung und Statistik die Personalratswahl erstmals mit dem elektronischen Verfahren abgewickelt, hier organisiert von Jörg Glücks. Er nennt offene Standardisierungsfragen als einen Hauptgrund für die fehlende Akzeptanz von Chipkarten außerhalb des Bankenwesens: "Es gibt eine mangelnde Interoperabilität der Karten. Hinzu kommt, dass die Beschaffung einer solchen Karte derzeit noch schwierig ist. Die Kosten, die damit verbunden sind, sind äußerst hoch. Last but not least: Der Mehrwert, der sich für den Bürger oder den Mitarbeiter mit dem Einsatz einer solchen Karte darstellt, ist vielfach noch unklar."

    [Quelle: Wolfgang Noelke]